Frisch operiert - und aus dem Krankenhaus zurück auf die Straße? Damit sich obdachlose Menschen auskurieren können, gibt es in Köln Krankenwohnungen.
KrankenwohnungHier können Obdachlose in Köln nach einer OP genesen

Die Essecke in der Krankenwohnung.
Copyright: Meike Böschemeyer
Fünf frische Birnen und eine angebrochene Packung Löffelbiskuit liegen auf einem Glasteller. Platzdeckchen aus Plastik mit munteren Sprüchen. Ein Drachenbaum auf dem Boden. Ordentlich, sauber und ein bisschen heimelig wirkt die lichtdurchflutete Essecke mit dem hellen Holztisch und den weißen Stühlen.
Zwei Stockwerke weiter unten rollt der Verkehr über den Salierring. Die Krankenwohnung, die das Diakonische Werk Köln und Region für Obdachlose Ecke Salierring/Am Duffesbach, betreibt, liegt mittendrin in der Stadt. Vom Leben, das die Menschen, die hier hinkommen, geführt haben, scheint sie meilenweit entfernt. Hier erholen sich Menschen, die keine Wohnung haben, in der sie nach einem Eingriff im Krankenhaus genesen können.

Sozialarbeiterin Imke Domas arbeitet in der Krankenwohnung.
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„Manche leben seit Jahren auf der Straße oder in Kellern, andere hatten eine Menge Pech und sind wegen Mietschulden zwangsgeräumt worden“, erzählt Imke Domas, „Für viele ist das hier super wichtig. Die wären sonst verloren.“ Die Sozialarbeiterin teilt sich mit einer Kollegin die Arbeit in der Krankenwohnung.
60er-Jahre-Wohnung mit kleinen Räumen
Sechs Menschen können in der 60er-Jahre-Wohnung mit langem Flur und kleinen Zimmern unterkommen. In der Regel sind nur fünf da, das Zehn-Quadratmeter-Zimmer mit den zwei Betten ist arg klein. Gerade wohnt Eva (Name geändert) dort. Vor ein paar Tagen ist sie aus dem Krankenhaus entlassen worden. „Nach einem Sturz brauchte ich ein neues Schultergelenk“, erzählt sie. Den rechten Arm kann sie noch nicht wieder nutzen.

Blick in einen der Räume der Krankenwohnung.
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„Ich gucke morgen mal wegen Physio“, sagt Domas zu Eva. Um Behandlungen, Anträge und auch darum, wie es nach dem Aufenthalt in der Krankenwohnung weitergehen soll, kümmern sich die Sozialarbeiterinnen. Für einige Bewohner, die oft zwischen 50 und 70 Jahren sind, finden sie einen Platz in einem Seniorenheim. „Die Leute hier entscheiden selber, was sie wollen“, sagt Domas.
Eva möchte einen Neustart
„Ich will auf keinen Fall wieder in ein Hotel“, Eva hat Panik in der Stimme, „Hotel ist für mich Trauma. Da hab ich sehr gelitten.“ Für wohnungslose Menschen hat die Stadt Hotels angemietet. „Da ist es sehr laut, es wird viel konsumiert. Alkohol und Drogen“, erklärt Eva. Neben ihrer frischen OP plagen sie psychische Probleme. Sie hat sich jetzt entschieden, dass sie eine gesetzliche Betreuung möchte. Die kann ihr bei Anträgen helfen. Eva, die ihr Alter nicht nennen möchte, wünscht sich „einen neuen Start“.

Gespräch mit Sozialarbeiterin Imke Domas.
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Die Zeit in der Krankenwohnung kann genutzt werden, um sich neu zu orientieren. „Ankommen, entspannen. Wir machen keinen Druck“, sagt Domas. Vier Wochen soll der Aufenthalt maximal sein. Über den sozialen Dienst der Krankenhäuser kommen die Menschen hierher. Viel mehr Anfragen als Plätze gibt es. „Wer aufgenommen wird, muss sich selbstständig ohne Rollator oder Rolli bewegen können“, unterstreicht Domas. Die kleine Wannendusche ist nicht barrierefrei, ein Rollstuhl würde nicht durch die WC-Türe passen. „Wir haben auch keine 24/7-Pflege.“ Ein ambulanter Pflegedienst kommt, versorgt frische Wunden oder verabreicht Medikamente. Zwei Mal wöchentlich sind Mediziner des mobilen medizinischen Dienstes vor Ort.
Kein Alkohol in der Wohnung
Während der Woche kocht eine Haushaltskraft für die Bewohner. Am Wochenende müssen sie sich selbst Fertiggerichte machen oder Vorgekochtes aufwärmen. Alkohol ist in der Wohnung verboten. Domas und ihre Kollegin achten darauf, dass die Regel eingehalten wird. Eva sagt: „Es ist gut hier.“

Am Salierring: Das Haus, in dem das Diakonische Werk Köln und Region seine Angebote für Wohnungslose macht.
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Weitere Krankenwohnung ist in der Planung
2 Krankenwohnungen für obdachlose genesende Menschen, finanziert über das Sozialamt, gibt es in Köln. Neben dem Diakonischen Werk betreibt der Spiritaner Orden eine Krankenwohnung mit dem Schwerpunkt auf Suchterkrankungen.
In Planung ist zurzeit eine weitere Krankenwohnung in der Trägerschaft der Diakonie Michaelshoven in Michaelshoven.
Sozialdezernent Harald Rau sagt: „Da die Verweildauern in Krankenhäusern in den vergangenen Jahren stetig abgenommen haben, sind diese Wohnungen vor allem auch für Menschen wichtig, die einen höheren Betreuungsbedarf nach einem stationären Klinikaufenthalt haben.“