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Leichenfund in KölnDie Tragödie vom Kölnberg

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Vom Balkon der 9. Etage dieses Hochhauses sollen Drogenabhängige den 36-Jährigen in die Tiefe geworfen haben.

Köln – Er wollte in Deutschland ein besseres Leben haben, eine Familie gründen und seine Angehörigen in Litauen mit seinem verdienten Geld unterstützten. Mit diesen Worten beschreibt ein enger Familienangehöriger die Pläne des 36-Jährigen, der in der vergangenen Woche tot und verwest aus einem Hochhaus am Kölnberg geworfen wurde. Nun stehe die Ehefrau vor dem Nichts. „Ihr geht es sehr schlecht. Sie steht unter Schock. Es ist ein Riesenverlust“, sagte der Angehörige im Gespräch mit der Rundschau. Am Abend des Verschwindens, dem 31. Mai, hätte sich der 36-Jährige von seiner Frau mit den Worten verabschiedet: „Ich gehe noch schnell Zigaretten holen. Gleich bin ich wieder da.“ Doch die Ehefrau hörte erst wieder am vergangenen Freitag von ihrem Mann – als die Polizei ihr von dem Fund der verwesten Leiche berichtete.

Am 3. Juni wurde der Mann von den Angehörigen auf der Wache in Porz mündlich als vermisst gemeldet. Offiziell wurde ein Vermisstenantrag am 10. Juni gestellt, teilte die Polizei mit. Wie die Rundschau weiter erfuhr, reiste der Vater des Toten aus Litauen nach Köln und half der Ehefrau bei der Suche, auch Bilder des Mannes wurden verteilt – ohne Ergebnis.

Wie die Polizei ermittelte, war der 36-Jährige vor rund einem Jahr nach Köln gekommen und zog mit seiner Ehefrau nach Porz. „Er arbeitete als Lastwagenfahrer. Sein Chef war mit ihm zufrieden“, sagte der Angehörige. Warum sich der 36-Jährige am Kölnberg aufhielt, kann sich die Familie nur damit erklären, dass der Mann dort Menschen aus Litauen kennengelernt hat. Offenbar ist der 36-Jährige dort mit Drogenkonsumenten in Kontakt gekommen. Nach den Recherchen der Mordkommission soll sich der Mann eine Überdosis gespritzt haben. Dies berichteten Drogenabhängige und Zeugen der Polizei am Kölnberg. Statt den Notarzt zu rufen, sollen Junkies den Mann auf dem Boden liegen gelassen und sich nicht um den 36-Jährigen gekümmert haben.

„Es wird wegen unterlassener Hilfeleistung ermittelt“, sagte Polizeisprecher Christoph Gilles. Die Ermittlungen würden sich gegen Unbekannt richten. Denn wer die Person ist, der die Leiche über den Balkon warf, ist noch unklar. „Dazu wollte sich keiner äußern“, hieß es. Möglicherweise werde auch wegen der Störung der Totenruhe ermittelt.

„Ich weiß nichts über die Drogenprobleme“, sagte der Angehörige der Rundschau. Doch auch schon in Litauen soll der Mann eine Drogenvergangenheit gehabt haben, berichtet Polizeisprecher Gilles. Nun soll der 36-Jährige schnell beerdigt werden, sobald der Leichnam durch die Behörden freigegeben wird. „Seine Ehefrau wird wahrscheinlich in Deutschland bleiben. Allerdings hat sie im Moment keine Arbeit“, teilte die Familie mit.

Eine Untersuchung des Blutes des Leichnams soll Aufschluss über den Drogenkonsum geben. Die Staatsanwaltschaft hatte eine chemisch-toxikologische Analyse in Auftrag gegeben. Von einem Verbrechen geht die Polizei derzeit nicht mehr aus. Die Mordkommission wurde aufgelöst. „Der Fall wird nun als Todesermittlungsverfahren bearbeitet“, sagte Gilles weiter.