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Lenauplatz in Neuehrenfeld„Lieber einmal zu viel die Polizei rufen“

Lesezeit 4 Minuten

Tagsüber ist der Lenauplatz fest in Familienhand. Sogar verstecken geht unter den vergnügten Blicken von Max und Moritz bestens. 

Neuerhrenfeld – Ball spielende Kinder, Eltern, die sich unterhalten oder picknicken, Zeitung lesende Senioren auf den Bänken: An einem milden Frühlingsabend wie diesem fällt es schwer, im Lenauplatz den von betrunkenen, aggressiven Jugendlichen bevölkerten urbanen Angstraum zu sehen, als der er nach zwei wüsten Schlägereien vor gut zwei Wochen in Teilen der Öffentlichkeit im Gespräch war. „Der Platz ist jedenfalls sehr viel belebter als noch vor der Umgestaltung vor einigen Jahren“, meint etwa Silvia Glasmacher (53). „Das soll ja auch so sein. Tagsüber sind die Familien da, abends ab 22 Uhr kommen die Jugendlichen.“

Als bedrohlich empfinde sie das aber nicht, spätabends gehe sie ohnehin nicht über den Platz. Die Lautstärke könne aber in der Tat stören: „An den Wochenenden hört man sie bis 24 Uhr, manchmal sogar bis 3 Uhr nachts.“

Der Supermarkt verkauft nach 22 Uhr keine alkoholischen Getränke mehr.

Ihre Freundin Bettina Ohm (50), die ebenfalls in einer Nebenstraße ganz in der Nähe wohnt, bringt Verständnis für die jungen Leute auf: „Es gibt keine Jugendeinrichtung hier oder einen Ort, wo sie sich hinsetzen könnten, ohne dass es gleich teuer wird.“ Und Helga Russler hat auch gute Erfahrungen gemacht: „Ich habe zwar Doppelverglasung, aber im Sommer, wenn es warm ist, mache ich schon mal die Fenster auf. Wenn es mir unten zu laut ist, gehe ich auch mal runter“, erzählt die ältere Dame, die seit ihrem siebten Lebensjahr direkt am Platz lebt und „seine Höhen und Tiefen“ miterlebt hat. „Wenn man vernünftig mit ihnen redet, verstehen sie das auch.“

Die beiden Fälle von Körperverletzung (die Rundschau berichtete) seien bedauerliche Ausnahmen, meint auch Polizei-Sprecher Benedikt Kleimann: „Der Lenauplatz ist insgesamt nicht auffällig. Natürlich kommt es in der wärmeren Jahreszeit verstärkt zu Anwohnerbeschwerden. Das ist aber an allen öffentlichen Plätzen so.“

Polizei-Einsätze gesunken

Im Gegenteil: Während Polizei und Ordnungsdienst noch im Jahre 2016 – hauptsächlich wegen Ruhestörung – 190-mal zu Einsätzen auf dem Lenauplatz gerufen wurden, sei die Zahl im folgenden Jahr auf 149 Einsätze gesunken. Auch der großes Aufsehen erregende Zwischenfall im Jahre 2016, als Jugendliche Polizeibeamte angegriffen hatten, sei untypisch gewesen: „Normalerweise haben unsere Beamten und Mitarbeiter dort keine Probleme. Die Jugendlichen verlassen den Platz, wenn sie dazu aufgefordert werden.“

Schlägereien wie zuletzt, als einer der Beteiligten einen Kieferbruch erlitten hatte, seien selbstverständlich eine ernste Angelegenheit. „Aber nach unseren Erkenntnissen ist es zu einem Streit zwischen zwei Gruppen gekommen, die sich zufällig auf dem Lenauplatz getroffen haben. Das hätte auch anderswo passieren können“, so Kleimann.

Auch von Seiten der Stadt seien keine Auffälligkeiten zu beobachten, erklärt Stadtsprecher Lars Hering: „Das Ordnungsamt sieht keine extreme Häufung von ordnungswidrigem Verhalten.“ Am Lenauplatz werde „definitiv kein erhöhtes Störerverhalten“ beobachtet. 2018 hätten die Mitarbeiter des Amts den Platz bislang 20-mal kontrolliert, in 90 Prozent der Fälle habe es „keine negativen Feststellungen“ gegeben. Sobald sich die Beschwerden häuften, würden die Kontrollen erweitert.

Kein „neuer Brüsseler Platz“

Auch für andere Plätze wie den Neptunplatz oder das Barthonia-Forum, die im Ausgehviertel Ehrenfeld immer mal wieder in den Ruf geraten, der „neue Brüsseler Platz“ zu werden, gibt man bei der Stadt Entwarnung. 2018 seien bislang nur in einem Fall Jugendliche aufgefordert worden, den Neptunplatz zu verlassen, um eine eventuelle Störung der Nachtruhe zu vermeiden. Und das Barthonia-Forum stehe aktuell gar nicht auf der Liste der Örtlichkeiten, die routinemäßig kontrolliert werden müssen.

Der Kiosk macht um 22 Uhr die Schotten dicht. Nachschub für feiernde Jugendliche ist hier nicht zu holen.

Doch auch für den Lenauplatz sei der Vergleich mit dem Brüsseler Platz völlig unangebracht, da rede man über ganz andere Größenordnungen: „Am Brüsseler Platz sind zu Spitzenzeiten bis zu 2500 Personen, während am Lenauplatz maximal 25 Personen anzutreffen sind.“

Das alles heiße aber nicht, dass sich Bürger mit ruhestörendem Verhalten einfach abfinden sollten. Weder auf dem Lenauplatz noch anderswo, wie Benedikt Kleimann betont: „Sie sollten dann die Polizei anrufen. Lieber einmal zu viel als einmal zu wenig“, rät er. Das sei auf jeden Fall besser, als sich persönlich mit einer Gruppe alkoholisierter Jugendlicher herumzustreiten. „Solche Probleme sind Sache der Polizei. Dafür sind wir da.“