Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Letzte RestarbeitenMitarbeiter ziehen zurück ins sanierte TÜV-Hochhaus in Poll

4 min

Nahezu strahlend weiß präsentiert sich das Hochhaus aktuell.

Köln – Wenn ein Schiff sinkt, geht der Kapitän als Letzter von Bord. Alte Seefahrerweisheit. Der TÜV Rheinland kehrt dieses Prinzip um: Als Letzter geht bei der Prüfbehörde nicht der Chef, hier kommt er als Letzter – zumindest im sanierten Hochhaus in Poll, dem höchsten Gebäude im Rechtsrheinischen, 114 Meter hoch.

Weitblick: Den TÜV-Angestellten in den höheren Etagen des 22-geschossigen Hochhauses liegt Köln zu Füßen.

Im April 2015 hatte der TÜV mit der Sanierung begonnen, quartierte rund 400 Mitarbeiter vorübergehend um. Vorbei. Am 3. April bezogen die Angestellten ihre aufgehübschten Büros wieder – bis auf die fünf Vorstände um den Vorsitzenden Michael Fübi.

Die Führungsriege muss noch warten, belegt ihre Büros in den nächsten beiden Monaten, und zwar rund 100 Meter über der Erde auf den Etagen 20, 21 und 22. Danach kommt nur noch eine Techniketage, darüber das Dach. In den drei Etagen bauen die Arbeiter aktuell noch, es sind die letzten Ausläufer der Sanierung. Ende Juni soll endgültig Schluss sein, dann wird alles knapp 40 Millionen Euro gekostet haben. Neue Fassade, neue Haustechnik sowie Klimatechnik und Beleuchtung sind das Ergebnis.

Ein Ziel: den Energieverbrauch runterfahren, schließlich stammt das Hochhaus aus dem Jahr 1974. Lange her. „Vor der Sanierung haben wir Unmengen an Energie verbraucht“, sagt Engelbert Gregoire bei einem Rundgang. Er arbeitet im Immobilienmanagement, sein Schlüsselbund ebnet Wege, nicht nur im Hochhaus, sondern auch im benachbarten Hochhaus 2 und dem Bürokomplex namens „Seehaus“. Das Gebäude-Trio bildet mit der Akademie und dem Haus für die Produktsicherheit den Campus, rund 2000 Menschen arbeiten dort. Das siebengeschossige „Seehaus“, benannt nach einem nahe gelegenen Weiher, hatte der TÜV 2015 eingeweiht und 18 Millionen Euro in das Projekt gesteckt. Aktuell sitzt dort noch der Vorstand – übergangsweise, bis die oberen Etagen des Hochhauses fertiggestellt sind. Im nächsten Jahr etwa sollen die Vorstände im Tagungsraum „Cologne Sky“ im 18. Obergeschoss wieder die Bilanzen verkünden, noch stehen dort Baugerüste, Kabel hängen von der Decke. Von Bilanzpressekonferenz keine Spur.

Im Inneren wird auch an den Decken teils noch gearbeitet.

Auch im „Cologne Sky“ hatte der TÜV Asbest entdeckt, das typische Schicksal eines 70er-Jahre-Baus. Gregoire sagt: „Es war aber nur geringfügig.“ Eigene Experten hatten sich das Hochhaus vorher angeschaut, gerade in den Fugen das gesundheitsgefährdende Material ausgemacht. „Wir sind der TÜV, wir können alles prüfen“, sagt Gregoire, dabei lächelt er. Baupfusch beim TÜV, also der Organisation, deren Abkürzung für Technischer Überwachungsverein steht? Keine gute Idee, deshalb schickte der TÜV im Vorfeld zwei Experten zur Asbest-Suche los, einer davon hört auf den Spitznamen „Trüffelschwein“, erzählt Gregoire. Seine Botschaft: Das „Trüffelschwein“ findet alles.

Im Erdgeschoss beseitigen Arbeiter momentan noch letzte Asbest-Reste im laufenden Betrieb, über eine Schleuse entsorgen sie das belastete Material – direkt neben den sechs Aufzügen. Deren Kabinengestaltung ist nun ebenfalls in der Gegenwart angekommen. Und: Über ein elektronisches Tastenfeld wählen die Menschen schon außerhalb der Aufzüge ihr gewünschtes Stockwerk aus, der Computer schickt den Aufzug, der die kürzeste Strecke zurückzulegen hat. Bis zu 30 Prozent Energie spart der TÜV so.

Im Inneren wird auch an den Decken teils noch gearbeitet.

Die Beschäftigten haben in ihren Büros nun auch die Chance auf Frischluft, können die Fenster öffnen, allerdings nur rund ein Drittel der möglichen Öffnung. Doch vor den Fenstern sitzt noch eine Prallschutz-Scheibe, die nach oben und unten einen kleinen Spalt für Frischluft lässt. „Sonst dürften sie die Fenster bei dieser Höhe gar nicht öffnen“, sagt Gregoire. Vorher ging das nicht, eine Klimaanlage sorgte für das Klima.

Vor allem der Baukran hatte während der Arbeiten Aufmerksamkeit erregt, war viele Kilometer weit zu sehen, mit rund 130 Metern Hakenhöhe seinerzeit der höchste in Deutschland. Vier Tage dauerte der Aufbau, 1350 Tonnen wog das nötige Fundament. Anfang des Jahres zog er ab, nachdem die letzten Arbeiten an der Fassade erledigt waren. Drei Monate später zogen die ersten Angestellten ein. Jetzt fehlen nur noch die Chefs.