95 Jahre Bolder ArzneimittelKölner Traditions-Unternehmen will in Marsdorf erweitern

Das Unternehmen ist rumgekommen in Köln: Die historische Aufnahme entstand an der Wilhelmstraße in Nippes.
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Köln-Marsdorf – Die Produkte von Bolder Arzneimittel sind buchstäblich in aller Munde. Trotzdem hält sich die Bekanntheit des Kölner Traditionsunternehmens in Grenzen. Das hat seinen Grund: Der Marktführer für die Entwicklung und Herstellung pharmazeutischer Lutsch- und Kaupastillen produziert im Auftrag von Pharmaunternehmen. Deshalb sucht man den Namen Bolder auf Packungen vergeblich.
In diesen Tagen gibt es einen Grund zum Feiern. Bolder Arzneimittel wird 95 Jahre alt. In Nippes gründete der Apotheker Paul Bolder am 1. April 1924 das Unternehmen, das seit 2012 an der Rheinischen Allee im Gewerbegebiet Marsdorf nach dem Umzug aus Bayenthal angesiedelt ist. Genauso alt wie das Unternehmen ist übrigens Dr. Hermann-Josef Bolder, der 1954 in den väterlichen Betrieb eintrat und heute noch im Unternehmensbeirat aktiv ist.
Der Standort Marsdorf soll erweitert werden
„Wir stellen hier Produkte für über 60 Länder her“, sagt Geschäftsführer Andreas Dittrich. Jährlich verlassen weit mehr als eine Milliarde Pastillen das Werk. Und die Zeichen stehen auf Expansion. Hat man bisher schon 30 Millionen Euro in den neuen Standort investiert, plant man für die nächsten Jahre die Erweiterung des Standortes. Einen zweistelligen Millionenbetrag will man für neue Gebäude einsetzen. Als Familienunternehmen agiere man so unabhängig wie möglich von Banken. Deshalb werden Investitionen in Betriebserweiterung etappenweise umgesetzt, erklärt Dittrich.

Bis zu 100 Arbeitsplätze können hier entstehenen: Der Ausbau des Bolder-Standortes in Marsdorf.
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Weitere Flächen für die Produktion, das Lager und die Verpackung sollen entstehen. „Wir werden im Mai den Bauantrag stellen. Dann liegt der Ball nicht mehr in unserem Spielfeld“, verweist Dittrich auf die Stadtverwaltung, die dann am Zug ist. Wenn es nach ihm geht, könnte man noch in diesem Jahr mit den Bauarbeiten beginnen und 2021 fertig sein.
Mehr Platz für innovative Technologien
Die Verantwortlichen wollen die Produktionsmöglichkeiten erweitern, aber auch strategisch die Weichen für die Zukunft des Unternehmens stellen. Dr. Franz-Josef Kohlenberg, als Geschäftsführer verantwortlich für den pharmazeutischen Bereich, wirft einen Blick in die Zukunft. „Die moderne Architektur schafft großzügig Platz für innovative Technologien. Die Reinraumtechnik erfüllt höchste Qualitäts- und Hygienevorgaben.“
Regelmäßig wird Bolder von Behördenvertretern aus aller Welt besucht und als Unternehmen für die Herstellung von pharmazeutischen Produkten zertifiziert. Unerlässlich, um beispielsweise nach Brasilien, in die USA oder nach Russland exportieren zu dürfen. Die Erweiterung des Unternehmens ist möglich, weil Bolder ein Nachbargrundstück von der Stadt gekauft hat. DHL hatte auch Interesse an dem Areal, ist letztlich an dieser Stelle nicht zum Zuge gekommen. Die Stadtverwaltung hat dem Unternehmen den Zuschlag gegeben, „das natürlich in Köln seine Gewerbesteuer zahlt“, wie Dittrich betont.
Bis zu 100 neue Arbeitsplätze könnten entstehen
Das wäre bei dem Bonner Unternehmen DHL, das gemeinsam mit einem Bauunternehmer aus dem Ruhrgebiet an den Start gehen wollte, wohl nicht der Fall gewesen. „Wir sind sehr bewusst ein Kölner Unternehmen. In unserer Belegschaft muss niemand Angst haben, dass wir Arbeitsplätze ins Ausland verlagern“, fährt Dittrich fort. Im Gegenteil: Seit dem Umzug nach Marsdorf sind bei Bolder 40 neue Arbeitsplätze entstanden.

Blicken positiv in die Zukunft: Die Geschäftsführer Andreas Dittrich und Dr. Franz-Josef Kohlenberg.
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Dabei soll es nicht bleiben. Nach der Erweiterung will man in den Jahren danach 100 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellen. „Wir suchen auch jetzt Fachkräfte. Ingenieure, Apotheker, Biologen und Chemiker sind gefragt“, sagt Dr. Kohlenberg. Sein Kollege Dittrich betont, dass auch viele angelernte Kräfte bei Bolder arbeiten. Im übrigens sei man anerkannter Ausbildungsbetrieb der Industrie- und Handelskammer. Ausgebildet werden zum Beispiel Industriekaufleute.
Kohlenberg weist darauf hin, dass sich der Erfolg des Unternehmens nicht zuletzt darauf gründe, dass man den Markt ständig beobachte. „Das Verhalten der Kunden hat sich verändert. Die Leute wollen lutschen und kauen statt schlucken “, beschreibt er den neuen Trend zum Erlebnis im Mund abseits von festen Konsistenzen.
Mehr zur Unternehmensgeschichte
Nach dem Ersten Weltkrieg: Erste Aktivität in der Weinhandlung von Hans Bolder, Wilhelmstraße 53 in Nippes
1924: Gründung als Paul Bolder Arzneimittelfabrik durch Apotheker Paul Bolder am Hansaring 21 bei Heinrich Bolder. Später Umzug in eigene Räumlichkeiten an der Herwarthstraße 20 im Belgischen Viertel.
1932: Bezug von Räumlichkeiten an der Gereonsmühlengasse gemeinsam mit Klosterfrau.
1945: Wiederaufnahme der Arzneimittelherstellung, soweit Rohstoffe verfügbar waren.
1954: Kauf einer eigenen Produktionsstätte an der Koblenzer Straße 65 in Bayenthal. Eintritt von Dr. Hermann-Josef Bolder in den väterlichen Betrieb.
1956: Auf Initiative von Dr. Hermann-Josef Bolder startet die eigene Produktion von Pastillen. Das Präparat „Ephepect Pastillen“ boomt. Eigener Außendienst für Ärztebesuche.
1983: Die Gesundheitsreform bringt die Negativliste für Arzneimittel. Unter anderem fallen Hustenpastillen aus der Erstattungspflicht der Krankenkassen. Bolder-Arzneimittel verlagert das Geschäftsmodell auf die Auftragsherstellung.
Seit 1990: Ausschließliche Spezialisierung auf die Entwicklung und Herstellung pharmazeutischer Pastillen. Alle anderen bisherigen Darreichungsformen - Saft, Tabletten, Salben - wurden eingestellt.
2012: Inbetriebnahme des neuen Werkes in Marsdorf mit sukzessiver Produktionsverlagerung von Bayenthal. Endgültige Aufgabe des Standortes Bayenthal im Dezember 2012.