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Wiederverwendbare AlternativenFür Mehrwegverpackungen in Köln ist noch Luft nach oben

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Eine Frau in einem Restaurant zeigt eine Schüssel des Kölner Mehrweg-Anbieters Vytal.

Winter Kapitene von Wooza Bowls zeigt eine Schüssel des Kölner Mehrweg-Anbieters Vytal.

Wer Speisen oder Getränke zum Mitnehmen anbietet, muss seit Jahresbeginn mehr auf Nachhaltigkeit achten. Neben Einwegverpackungen aus Kunststoff muss es eine Mehrweg-Alternative geben. Kommt das Angebot an?

Seit dem 1. Januar darf es Speisen oder Getränke zum Mitnehmen nicht mehr nur allein in Einwegkunststoffverpackungen geben. Wer sie anbietet, muss eine wiederverwendbare Alternative parat haben. Dass es ein solches Angebot gibt, darauf müssen Betreiber mit einem deutlich sichtbaren Informationsaushang hinweisen. Ausgenommen sind Betriebe mit einer Verkaufsfläche von weniger als 80 Quadratmetern und nur bis zu fünf Mitarbeitern. Die Regel gilt nicht nur für Restaurants und Imbisse, sondern auch für Metzgereien mit Imbissangebot, Bäckereien und Konditoreien. Wer seine Speisen in Aluminium- oder Papp-Einweg anbietet, muss keine Mehrweg-Lösung finden. Die To-Go-Pizza kann es also in Zukunft weiterhin im altbekannten Karton geben.

Mitarbeitende fragen gezielt nach

Im Café Coffee Lounge in der Apostelnstraße hat die neue Zeit schon Einzug gehalten. Pünktlich zum 1. Januar führten die Betreiber für Ihren Kaffee die Mehrwegbecher der Firma Recup ein. Inhaber Pascal Dröge erhofft sich davon, umweltfreundlicher zu werden, aber auch Geld zu sparen. Allerdings: Die Nachfrage nach den Mehrwegbechern ist bislang gering: „Wir fragen sogar aktiv nach, ob die Kunden Recup benutzen wollen. Aber für viele ist es immer noch ein stylischer Aspekt mit dem Einwegbecher durch die Stadt zu laufen“, sagt Dröge. Da der Laden das Essen nicht To-Go, also zum Mitnehmen, verkauft, braucht die Coffee Lounge kein Mehrwegsystem für die Speisen.

Für Gastronomien, die auch Essen zum Mitnehmen verkaufen, ist der Umstieg auf Mehrwegsysteme aufwendiger. Die Patisserie „Törtchen Törtchen“ rüstet aktuell um. Für den Kaffee benutzt der Laden ebenfalls Recup, für das Essen gibt es in Kürze eine Zusammenarbeit mit einem Mehrweganbieter. Das Hauptproblem dabei: Die Mehrweggefäße verbrauchen viel Platz und der ist in der Konditorei rar. Außerdem muss der Mehrweganbieter die Gefäße deutschlandweit zurücknehmen. „Da viele unserer Kunden das Essen mit zum Hauptbahnhof und in die Bahn nehmen, bringt es nichts, wenn man die Boxen nur in Köln zurückbringen kann“, sagt Verkäuferin Lerissa Cavina.

Einer der ersten Läden in Köln, die ein Mehrwegsystem angeboten haben, ist Wooza Bowls in der Breite Straße. Seit Sommer 2021 gibt es dort die Gefäße vom Kölner Startup Vytal.

Über eine halbe Million Verpackungen eingespart

Verkäuferin Winter Kapitene erinnert sich noch an die Einführung: „Für uns war das fast kein zusätzlicher Aufwand.“ Aber auch hier hält sich die Nachfrage bislang in Grenzen. „Am Anfang hat es fast niemand benutzt, jetzt wird es aber langsam mehr“, sagt Kapitene. Vor allem Stammkunden nutzen das Angebot.

Zusammen mit Vytal konnten Gastronomen – nach Angaben des Anbieters – allein in Köln bereits mehr als 590 000 Verpackungen einsparen. Bei einem Rundgang durch die Stadt bekommt man den Eindruck, dass sich die meisten Speisen- und Getränkeanbieter in Köln für diesen Anbieter entschieden haben.

Auch große Systemgastronomien setzen bereits auf nachhaltige Verpackungen. Burger King bietet seit Jahresbeginn etwa Getränke, Milchshakes und Eis in den Mehrwegbechern des Anbieters Recup an. Konkurrent McDonalds nutzt ab sofort Becher des Anbieters Havi, in denen die Kunden ihre Getränke gegen ein Pfand wahlweise ausgeschenkt bekommen.

Dehoga kritisiert den Mehraufwand

Wie genau die Mehrweggefäße aussehen müssen, ist nicht geregelt. Gastronomen können eigene Lösungen anbieten oder sich an einem Mehrweg-Poolsystem eines Dienstleisters beteiligen. Die meisten Anbieter der Pool-Systeme bieten Behälter aus Kunststoff an, einige wenige Behälter bestehen aus Glas oder Edelstahl. Die einen sind mit einer App fürs Smartphone verknüpft, für einige muss der Gastronom eine monatliche Pauschale zahlen, für andere einen einmaligen Einstiegsbetrag. Eine Auflage besteht allerdings dabei: Die Mehrwegvariante darf nicht teurer sein als die Ware in der Einwegverpackung.

Alles in allem ein organisatorischer und finanzieller Aufwand, der nicht kritiklos hingenommen wird: „Dass Restaurants, Caterer, Imbisse und Cafés ihren Gästen ab 2023 bei der Verwendung von sogenannten Einwegkunststofflebensmittelverpackungen oder Einweggetränkebechern alternativ eine Mehrwegvariante anbieten müssen, ist für unsere Branche mit viel Aufwand und Kosten verbunden“, heißt es vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). In einer Übersicht listet der Verband elf Anbieter für Mehrweg-Poolsysteme auf. Wichtig sei vor allem, dass die Kunden die neuen Angebote annehmen. Nur dann lohne sich die Einführung auch wirtschaftlich.

Einfach wegducken kann teuer werden: Wer sich nicht an die neue Pflicht hält, dem droht ein Bußgeld von bis zu 10 000 Euro. Gezielte Kontrollen habe es bisher noch nicht gegeben, teilt die Stadt auf Anfrage mit. Die zuständige Untere Abfallbehörde sei derzeit mit anderen städtischen Dienststellen im Gespräch, um Vor-Ort-Kontrollen zu organisieren.

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