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Mord in ChorweilerLea Sofie drei Monate gequält

Lesezeit 3 Minuten

Auf der Anklagebank : Der 23-Jährige soll die zweijährige Lea-Sofie in Chorweiler ermordet haben.

Köln – Das Leiden der ermordeten Lea Sofie aus Chorweiler hat weitaus länger gedauert als bisher bekannt war. Beim dritten Prozesstag wurde erschreckend deutlich, dass das Mädchen über drei Monate von dem angeklagten 23-Jährigen gequält wurde. „Dem Kind wurde ständig Gewalt angetan“, sagte ein Kripobeamter (60), der am Freitag als Zeuge vernommen wurde. Dies gehe aus dem Verhör der Mutter (20) von Lea Sofie hervor. Der Freund der Mutter wohnte drei Monate bei der 20-Jährigen, nachdem er bei seiner Ex-Freundin aus der Wohnung geflogen war.

Der 60-jährige Beamte der Vermisstenstelle war im Dezember 2011 einer der ersten Ermittler, der die 20-Jährige befragt hatte. An die Vernehmung und das spätere Verhör konnte sich der Mann noch sehr genau erinnern. „Sie war ungerührt, weinte keine Träne und zeigte kein Mitgefühl. Sie fühlte sich nicht verantwortlich und hatte einen großen Abstand zu der Sache. Das hat mich sehr gewundert“, sagte der Polizist. Der Ermittler hatte in dem Vernehmungszimmer eine eher schockierte und in Tränen aufgelöste Frau erwartet, die um ihr Kind bangte. Doch die 20-Jährige habe „gebetsmühlenartig und sehr stoisch“ erzählt, wie Lea Sofie vom Spielplatz verschwunden sei.

Widersprüchliche Aussagen

Während der Vernehmung waren damals zeitgleich mehrere Teams der Polizei in Chorweiler vor Ort gewesen und hatten die Angaben der Frau und ihres Freundes überprüft. Dabei hatten sich gravierende Widersprüche herausgestellt. Zum Beispiel: Die Mutter sagte, sie sei mit dem Kinderwagen auf dem Spielplatz gewesen. Doch auf dem Kiesweg, wo das Kind angeblich verschwunden war, gab es keine Spuren des Kinderwagens. Und: Vor dem Verschwinden sei das Mädchen noch gewickelt worden. Doch Windeln fanden die Ermittler auch nicht. Nach einer zweistündigen Befragung sei die 20-Jährige schließlich als „Beschuldigte“ verhört worden. „Als wir ihr dies gesagt haben, weinte sie ein wenig. Für uns hatte sich die Hoffnung zerschlagen, das Kind lebend zu finden“, erinnerte sich nun der Polizist. Er habe auch den Eindruck gehabt, dass die 20-Jährige erleichtert gewesen sei, nicht mehr mit dem Angeklagten zusammen sein zu müssen.

Dominanter Partner

Gegenüber der Polizei sagte Lea Sofies Mutter weiter, dass ihr Partner dominant gewesen sei und sie oft eingeschüchtert habe. Häufig habe der 23-Jährige gesagt, dass sie Lea Sofie mit mehr Härte erziehen müsse. In einem Fall, so die Mutter, wurde sie von dem 23-Jährigen bedroht, weil sie das Kind nicht stark genug geschlagen habe. Und ein weiteres schreckliches Detail wurde bekannt: Wie aus den Akten hervorgeht, soll der Angeklagte dem Mädchen ausgespucktes Essen wieder in den Mund gesteckt haben. Der Kripobeamte sagte, dass das Kind wohl auch Erbrochenes wieder essen musste.

Eine enge Bezugsperson der Mutter nannte die 20-Jährige eine „im Umgang mit einem Kind unbeholfene Frau“. Nach Ratschlägen der Altenpflegerin (52) aus Bornheim habe sich das Verhalten der 20-Jährigen deutlich gebessert. Bei der Pflegekraft handelt es sich um die Mutter eines Ex-Freundes der 20-Jährigen. Sechs Monate hatte die junge Frau mit Lea Sofie bei ihm in Bornheim gelebt. „Sie hat mich Mama genannt“, sagte die 52-Jährige am Freitag, die sich heute immer wieder fragt, warum sich die junge Frau in ihrer Not nicht an sie gewandt habe.

Eine Antwort gab es am Freitag nicht. Genauso wenig wie auf die Frage, ob die 20-Jährige mit dem Kind zum Arzt gegangen war, als sich die Frauen einmal auf der Straße getroffen hatten und Lea Sofie blaue Flecken im Gesicht gehabt hatte. Die 52-Jährige hatte Lea Sofies Mutter damals dringend zu einem Arztbesuch geraten.