Martin Hermanns, Ernst Schneider, Theo Hegel, Helmut Schmidt und Henni Wienert treffen sich alle sechs bis acht Wochen zum Doppelkopf spielen.
Freundschaft ist TrumpfKölner treffen sich seit 60 Jahren zum Doppelkopf

Theo Hegel (v.l.), Helmut Schmidt, Henni Wienert, Martin Hermanns und Ernst Schneider treffen sich alle sechs bis acht Wochen zum Doppelkopf spielen.
Copyright: Rika Kulschewski
In konzentrierter Stille sitzen sie um den Tisch. Nur das aufprallen der Hand, wenn eine Karte mit Kraft abgeworfen wird, ist zu hören. Dann ein kurzer Moment der Aufregung. „Ohhh, ganz großer Sport“, ruft Henni Wienert aufgeregt und klopft seinem Spielpartner Helmut Schmidt auf die Schulter. Sie haben einen wichtigen Stich gewonnen.
Den nächsten Stich machen Martin Hermanns und Theo Hegel. Unaufgeregt, ohne aufzugucken sagt Hegel: „Ja ja, große Töne spucken, aber nichts dahinter“. Er legt direkt die nächste Karte. Währenddessen schaut Ernst Schneider, der fünfte der Runde, aufmerksam zu, er setzt diese Partie aus, hat die Karten gegeben.
Als das Spiel vorbei ist, notiert Schneider die Punkte akkurat in einem Din A5-Buch. Alle diskutieren das letzte Spiel, vor allem Wienert analysiert jeden Schritt, sagt, was hätte anders laufen können. Schon währenddessen mischt Hegel die Karten, teilt aus, dann sagt er, er würde mal was essen und verschwindet in der Küche. Dort hat Hermanns ein Buffet aufgetischt. Er ist an diesem Abend der Gastgeber in Köln-Höhenhaus, das nächste Mal ist ein anderer dran.
Köln-Höhenhaus: Martin Hermanns ist dieses Mal Gastgeber der Doppelkopfrunde
Regelmäßig treffen die fünf Freunde sich zum Doppelkopf spielen. Und das seit gut 60 Jahren – vielleicht sogar länger, denn wann und wie sie angefangen haben und wer wem die Spielregeln beibrachte, das können sie nicht mehr rekapitulieren. Klar ist: Hermanns, Schneider, Hegel und Wienert gingen auf das Görres-Gymnasium in Düsseldorf und spielten dort mit noch mehr Mitschülern in den Pausen Doppelkopf.
„Dann hat uns der Klassenlehrer die Karten weggenommen“, erinnert sich Wienert, „also haben wir nach der Schule an den sogenannten Kö-Stühlchen am Kögraben weitergespielt“. Auch in den Elternhäusern wurden dann Runden gespielt – ähnlich wie heute mit bereitgestellter Verpflegung.

Theo Hegel (v.l.), Ernst Schneider, Martin Hermanns, Helmut Schmidt und Henni Wienert, Martin Hermanns 2012 im gemeinsamen Urlaub auf Spiekeroog
Copyright: Martin Hermanns
„Die absolute Hochzeit der Doppelkopfrunden war in Holland“, erzählt Schneider. Drei Wochen sei ein Lehrer mit Görres-Schülern in den Ferien in die Niederlande gefahren. 1968 bis 1970 kamen die vier damaligen Oberstufenschüler als Helfer mit. Sobald die Kinder im Bett waren, spielten sie bis in die Morgenstunden Doppelkopf.
Früher haben sie bis in die Morgenstunden Doppelkopf gespielt
Auch im Alltag trafen sie sich weiterhin immer wieder zur Doppelkopfrunde. 1971 wurde das besonders leicht, als alle im Studentenheim Papst-Johannes-Burse auf der Berrenrather Straße 123 in Sülz wohnten. Dort kam dann auch Schmidt dazu, den Wienert übers Tennisspielen kannte .
Im Studium machten sie dann erste gemeinsame Reisen – zunächst vor allem Skiurlaube. Während sie tagüber alles mögliche unternahmen, spielten sie Abends wieder Doppelkopf bis in die Nacht. Noch heute fahren die fünf Rentner einmal im Jahr für sechs Tage nach Spiekeroog.
Und sie treffen sich trotz unterschiedlicher Wohnorte eben weiterhin zu Doppelkopfabenden. Sie seien etwas ruhiger über die Jahre geworden, ansonsten habe sich aber nicht viel verändert. „Die Kontinuität ist charakteristisch“, erzählt Schneider, „das sind seit Jahren gepflegte Gewohnheiten“.

Ernst Schneider führt penibel Buch und eine Allzeit-Statistik.
Copyright: Rika Kulschewski
Und so führt Schneider penibel Buch. Mehrere volle Notizbücher habe er bereits, in denen jedes Spiel dokumentiert ist. So gibt es jedes Jahr einen Gewinner und auch einen All-Time-Führenden. „Wer schreibt, der bleibt“, witzelt Hermanns, denn Schneider ist weit vor den anderen. Hegel und Schmidt hingegen sind abgehängt hinten, immerhin bräuchte es auch letzte Plätze. „Es ist auch eine hohe Kunst der Frustration“, sagt Schmidt. Zumal sie immer mit kleinem Einsatz spielen.
Die langjährigen Freunde haben ein eigenes Regelwerk
Über die Jahre haben sie auch Sonderregeln und ein Regelwerk eingeführt. „Es gab immer wieder Streitigkeiten, die haben wir dann gemeinsam gelöst und als Regeln für die nächsten Spiele festgelegt“, erzählt Hegel. Die Regeln haben sie alle im Kopf, erzählen sie, und deshalb komme es auch weiterhin manchmal zu Streitigkeiten.
„Die einen haben dann die Regeln wieder vergessen, oder tun so als hätten sie sie vergessen“, sagt Hermanns. Die fünf necken sich immer wieder, dass sie eine tiefe Freundschaft über die Doppelkopfrunde hinaus verbindet wird nicht nur dadurch klar. Es wird viel gelacht und über alte Zeiten geredet.
Es ist offensichtlich wie gut sie sich gegenseitig einschätzen können und kennen. Eine wertvolle Sache, sind sie sich alle einig. „Das Schönste ist, finde ich, dass wir uns zwar nur alle paar Wochen oder Monate sehen, aber wenn ich Hilfe brauche, egal bei was, weiß ich, dass sie immer für mich da sind“, sagt Schmidt lächelnd.