Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Küsse auf der BühneEltern irritiert über Tanzprojekt an Kölner Grundschule

Lesezeit 4 Minuten
Improvisation zum Thema „Kiss – Nähe und Distanz“ war das Thema an der Grundschule.

Improvisation zum Thema „Kiss – Nähe und Distanz“ war das Thema an der Grundschule. 

Ein Tanzprojekt sorgt für Wirbel an einer Grundschule in Mülheim. Die dort auf der Bühne von zwei Tänzern gezeigten Berührungen seien für Kinder nicht angemessen, kritisierten einige Eltern. 

Ein umstrittenes Tanzprojekt, bei dem sich Tänzer auf der Bühne mit ihren Zungenspitzen berührten, sorgt für Wirbel an der Montessori-Grundschule Ferdinandstraße in Mülheim.

Dort hätten sich zwei Männer bei mehreren Aufführungen im April vor 6 bis 10 Jahre alten Schülerinnen und Schülern geküsst und mit ihren Zungen verschiedene Körperteile des anderen berührt, darunter nackte Füße und Finger, schilderten besorgte Eltern der Rundschau. Die Darbietung im Musikraum habe einige der Kinder sehr verstört. Zu Hause sei es ihnen teils schwergefallen, über das Erlebte zu sprechen. „Was hier gezeigt wurde, ist doch für Kinder im Grundschulalter nicht angemessen. Mein Sohn hat sich geschämt“, berichtete eine irritierte Mutter.

Mehrere Eltern beschwerten sich bei der Schulleitung, fühlten sich dort mit ihrer Kritik und ihren Sorgen aber nicht ernst genommen. Die Schule habe versucht, das Thema herunterzuspielen, sagte ein Vater. Hier stehe der Vorwurf der Sexualisierung von Kindern oder Schlimmeres im Raum.

Zwei Familien kontaktierten die Polizei, es wurde aber keine Anzeige erstattet. Die Beamten hätten die Aussagen der Eltern protokolliert und der Staatsanwaltschaft übergeben, erklärte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Köln. „Wir prüfen, ob der Sachverhalt eine strafrechtliche Relevanz hat.“

Bezirksregierung nimmt Stellung zu der Aufführung

Die Rundschau fragte bei der Schule und der Bezirksregierung Köln als Schulaufsicht des Landes nach. Daraufhin forderte die Bezirksregierung eine Stellungnahme der Schulleitung an.

Wie ein Sprecher der Bezirksregierung mitteilte, gab es vom 17. bis 21. April für einige Klassen der Schule Tanzaufführungen im Rahmen eines längerfristigen Projekts, das vom Land NRW gefördert wird. Die Montessori-Grundschule sei eine von zwei Projektschulen des betreffenden Tanzensembles. Dabei handelt es sich um die Tanzkompanie Alfredo Zinola Productions.

Die Kooperation mit dem Ensemble habe die Schule allen Eltern im November 2022 vorgestellt. Der erste Teil des Projekts, „Other World“, „wurde im Dezember aufgeführt und erhielt sehr positive Rückmeldungen“, erklärte der Sprecher. „Der zweite Teil des Projekts war als Improvisation zum Thema ,Kiss – Nähe und Distanz’ angelegt.“ Dabei hätten die Kinder Gelegenheit gehabt, mit den Tänzern ins Gespräch zu kommen.

Berührungen mit der Zungenspitze

Auf Nachfrage beschrieb der Sprecher die Handlungen genauer: „Die Tänzer haben sich punktuell mit der Zungenspitze auf den Arm, auf die Wange oder in die Haare getippt; es wurde fortwährend mit dem Thema Nähe und Distanz gearbeitet. Die Tänzer haben sich zum Beispiel aneinander angenähert, die Hände auf dem Rücken verschränkt, sich gegenseitig die Zunge rausgestreckt, ruckartig die Zunge des anderen berührt und sind dann ,auseinander gestoben’. Bei einer anderen Situation lag ein Tänzer auf dem Rücken und hat Hände und Fußsohle tänzerisch nach oben gestreckt, der zweite Tänzer hat sich vorsichtig angenähert, von oben auf die Fußsohle geschaut und dann mit der Zungenspitze berührt, bevor er sich wieder wegbewegt hat.“

In einer weiteren Szene habe einer der Tänzer mit gespitzten Lippen die Nähe des anderen gesucht, der sich wegdrehte.  „Alle Lehrkräfte bestätigen, dass die Tänzer sich nicht abgeleckt haben. Während der Berührungen mit der Zunge gab es keine Umarmung oder Ähnliches, was auf eine sexuelle Konnotation schließen lässt“, betonte der Sprecher der Bezirksregierung. Alle anwesenden Lehrkräfte hätten das Stück positiv bewertet, es sei von den Kindern „auch mit viel Gelächter begleitet“ worden. Kein Kind sei gezwungen worden, im Raum zu bleiben.

Keine Infos an die Eltern vorab

Er räumte jedoch ein: „Von Schulseite ist es in den einzelnen Klassen leider versäumt worden, die Eltern vorab zu informieren, damit diese ins Gespräch mit ihren Kindern kommen können. Durch fehlende Informationen sind bei einigen Eltern zum Teil große Sorgen entstanden, dass die Schule durch das Tanzprojekt eine Sexualisierung der Kinder vorantreibt. Dies war mit diesem Projekt zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt.“

Angesichts der Beschwerden informierte die Schulleitung vorige Woche erst die Elternvertreter in einem Gespräch und dann am Wochenende alle Eltern per Brief (liegt der Rundschau vor). Darin bietet die Schulleiterin einen konstruktiven Dialog darüber an, „ob der gewählte Weg für die Schülerschaft sinnvoll und angemessen ist“. Es habe positive wie negative Reaktionen gegeben, Schulpflegschaftsvertreter seien dafür, das Projekt fortzuführen. Nicht akzeptabel sei, „dass Mitarbeitende der Schule verbal am Telefon angegangen werden und dass Mitgliedern des Tanzensembles mit physischer Gewalt gedroht wird.“ Das Tanzensemble wollte sich auf Anfrage nicht zu inhaltlichen Fragen äußern.