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Neuehrenfeld„Mein Leben liegt in Trümmern“

Lesezeit 3 Minuten

„Hauptsache, ein Dach über dem Kopf“: Marlene Spoden  und ihre Tochter Julia  vor ihrer zerstörten Wohnung.

Neuehrenfeld – Mehr als der Blick hinauf zur offen stehenden Balkontür ist nicht gestattet. Marlene Spoden (50) steht am Montag mit ihrer Tochter Julia (20) auf der Wiese vor ihrem Haus an der Lansstraße in Ehrenfeld und starrt traurig nach oben. „Mein ganzes Leben liegt dort oben in den Trümmern“, sagt die Mutter. Kinderfotos und andere Erinnerungsstücke. Doch der Zutritt ist nicht gestattet, denn sechs Häuser sind nach dem verheerenden Feuer am Freitag immer noch wegen Einsturzgefahr gesperrt.

Einen großen Teil ihres Lebens hat Marlene Spoden in der Lansstraße verbracht. „Aber ich möchte nicht mehr zurück, auch nicht nach der Sanierung. Ich könnte dort nicht mehr ruhig schlafen“, sagt sie. Ihre Tochter hatte sie am Freitag geweckt und vor den Flammen gewarnt. „Sie war meine Rettung“, erzählt sie. Insgesamt 29 Menschen hatten durch den Brand ihre Wohnung verloren.

Die gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft „Die Ehrenfelder“ hat bereits für alle Betroffenen neue Wohnungen gefunden. „Vorbesichtigungen haben schon stattgefunden. Bis zum Wochenende wollen wir die ersten Wohnungen zur Verfügung stellen“, sagt Vorstand Werner Nußbaum. Handwerker legen teilweise noch Böden oder streichen die Wände.

Familie Spoden ist am Sonntag vorübergehend in eine möblierte „Gästewohnung“ der Genossenschaft gezogen. „In drei Wochen soll unsere neue Wohnung in der Iltisstraße bezugsfertig sein“, sagt Marlene Spoden. Nur wenige Stunden nach dem Feuer hatte die Genossenschaft vielen Opfern 500 Euro Soforthilfe gezahlt. Am Samstag ist Marlene Spoden von dem Geld einkaufen gegangen. „Zahnbürste, Kleidung, Lebensmittel. Ich hatte ja nichts mehr“, erzählt sie. Am Freitag durfte sie in Begleitung der Feuerwehr den Laptop aus dem Haus holen. Viel mehr habe sie nicht gefunden. „Eine Minute, mehr hatte ich nicht. Alle Papiere waren völlig durchnässt“, berichtet sie. Das Wochenende hatte sie im Elternhaus der Universitätsklinik verbracht, denn ihre jüngste Tochter (15) ist gerade nach einer Krebserkrankung operiert worden.

Die Hilfsbereitschaft in der Siedlung ist groß. „Wir bekommen Möbel und Kleider angeboten“, sagt Tanja Blum, die mit ihrem Sohn (7) nun vorübergehend bei ihren Eltern eingezogen ist. Schon nächste Woche soll sie in ihre neue Wohnung ziehen können. Auch Marlene Spoden ist erleichtert: „Wir sind froh, ein Dach über dem Kopf zu haben. Die schnelle Hilfe der Genossenschaft ist fantastisch“.

Die denkmalgeschützte Häuserzeile in der Lansstraße will die Genossenschaft wieder aufbauen lassen. „Es sieht so aus, als könnten die Außenmauern stehen bleiben“, sagt Nußbaum. Die Häuser könnten erst wieder betreten werden, wenn die Trümmer in den Dachgeschossen beseitigt seien.

„Die Lasten sind nicht kalkulierbar“, so Nußbaum. Ein Statiker muss anschließend entscheiden, ob die hölzernen Zwischendecken abgebrochen werden müssen oder nicht. Denn das Lehmgemisch in den Decken hat das Löschwasser aufgesogen. Tanja Blum durfte am Montag kurz in ihre zerstörte Wohnung. „Ich wollte einige Sachen holen, aber es hat im Gebälk geknackt. Nachdem ich das Feuer überlebt habe, möchte ich nicht von einem Dachziegel erschlagen werden“, sagt sie.

Am Montag haben Experten der Polizei die Suche nach der Brandursache aufgenommen. Bereits am Freitag war von einer „fahrlässigen Handlung“ ausgegangen worden. Wie die Rundschau erfuhr, sollen heruntergebrannte Kerzen als Ursache in Betracht kommen.