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Likör aus Köln-NippesDer Runkewitz wird neu aufgelegt

Lesezeit 3 Minuten
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Thomas Linden hat den "Runkewitz"-Likör von 1879 neu aufgelegt.

  • Selbstgebranntes liegt wieder im Trend, findet Thomas Linden.
  • Der Nachkomme der Kleefisch-Familie vertreibt nun den Runkewitz.
  • Das Rezept für den Likör aus Nippes wurde in Tüftelarbeit rekonstruiert.

Nippes – Mit dem „Runkewitz“-Kräuterlikör, der mehr als 140 Jahre in Köln getrunken wurde und seit ganz kurzer Zeit wieder erhältlich ist, verbindet Thomas Linden auch Kindheitserinnerungen an seine Zeit in Nippes. „Ich selbst bin mit dem Duft der Gewürze und Kräuter aufgewachsen, denn im Keller der Weinhandlung Kleefisch wurde der Runkewitz bis um die Jahrtausendwende produziert“, erzählt er.

Rezept von Onkel Julius

Der Journalist und Kurator ist mit der Kleefischfamilie verwandt: Julius Kleefisch, der den Weinladen bis 2016 führte und dann an den heutigen Inhaber René Zweiacker übergab, ist sein Onkel mütterlicherseits. Julius' Vater Anton wiederum, der in der Marzellenstraße am Dom eine Gaststätte betrieb, hatte den Laden 1954 von der Familie Bolder übernommen. Von seinem Onkel hat Linden auch das Rezept des Magenbitters. „Er wurde in ganz Nippes und Köln getrunken; es gab sogar Fans in Australien und Kanada, die sich den Likör bestellten“, erinnert sich Linden, der in der Nordstraße aufgewachsen ist und regelmäßig im Laden seines Opas Anton, und später seines Onkels Julius, vorbeischaute. „Auch beim Golde Kappes und in weiteren Wirtschaften konnte man ihn bestellen.“

Nach rund zweijähriger Vorbereitung hat er nun den Likör wieder aufleben lassen. Voraus ging eine lange Tüftelei. „Wir hatten noch zwei Flaschen aus dem Altbestand meines Onkels. Mit einer auf Aromen spezialisierten Firma aus Darmstadt machten wir uns daran, die genaue Rezeptur des Runkewitz zu entschlüsseln. Wenn man alle Bestandteile hat, muss man doch noch das gesamte Bouquet wiederherstellen“, erläutert der 62-jährige Linden.

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Das Schwierige dabei sei, dass es keinen alles-dominierenden Bestandteil der Rezeptur gebe, sondern sich die Ingredienzen zu einem neuen Ganzen zusammensetzten. „Es gibt sogar Zutaten, die man nicht direkt herausschmecken kann, aber ohne die der Geschmack nicht zustande käme.“

Chinesischer Rhabarber und Piment

Der Runkewitz besteht aus Kräutern, Gewürzen und Früchten, wie chinesischem Rhabarber, Piment oder speziellen Apfelsorten; er kommt komplett ohne Farbstoffe aus und ist gut bekömmlich. Auch das Design der Flasche ist originalgetreu gehalten: Das Etikett hat Linden nur ganz leicht entstaubt und die alte grafische Handarbeit übernommen; auf dem Signet-Bild sieht man den Rhein mit dem damaligen Baukran des Doms kurz vor seiner Fertigstellung im Jahr 1880. „Wir konnten aus alten Flaschen-Aufschriften rekonstruieren, dass der Runkewitz seit mindestens 1879 verkauft wurde. Zu dieser Zeit gehörten die Kräne an der Dombaustelle zum Altstadt- und Rheinpanorama dazu, so wie heute der fertige Dom mit seinen markanten Spitzen.“

Jüngere mögen Runkewitz

Neben den bereits erhältlichen 0,7-Liter-Flaschen sind kleinere Ausgaben zum Verschenken geplant. Bei Verkostungen erlebt Linden Erstaunliches: „Interessant ist, dass der Likör bei weitem nicht nur eine Sache der Älteren ist. Gerade die Gruppe der 30- bis 45-Jährigen ist interessiert. Allgemein ist schließlich Selbstgebrautes und -gebranntes wieder stark im Kommen.“ Wenn der „neue“ Runkewitz auch nicht mehr in Köln angesetzt wird, so bleibt er doch aufgrund seiner Geschichte ein echtes Nippeser Original. Erhältlich ist der Kräuterlikör sowohl bei Kleefisch als auch im Weinhaus Süd.

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