Projekt in KölnBahn-Azubis bauen einrollbare Wohnboxen für Obdachlose

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Hand anlegen für die gute Sachen: Bahn-Azubis schrauben eine einfaltbare Wohnbox für Odachlose zusammen.

Hand anlegen für die gute Sachen: Bahn-Azubis schrauben eine einfaltbare Wohnbox für Odachlose zusammen.

Köln – „Ich glaube, dass der eine oder andere heute zum ersten Mal einen Akkuschrauber in der Hand hat“, sagt DB-Ausbildungskoordinator Michael Schumann augenzwinkernd. Seine sieben Azubis wollen eigentlich Lokführer im Fernverkehr werden. Doch gerade schrauben sie im ICE-Werk in Nippes ein einerollbare Wohnbox zusammen. Eine obdachlose Frau – nennen wir sie Greta (62) – soll an diesem Abend zum ersten Mal darin schlafen. Es sind bloß vier Europaletten, mit Fußboden, Wänden, Dach, Tür, Fenster und Matratze. Doch die 3,2 Quadratmeter gehören ihr. 20 Jahre hatte die Kölnerin kein eigenes Dach mehr über dem Kopf.

Das Projekt ist Teil des jährlichen Wettbewerbs „Bahn-Azubis gegen Hass und Gewalt“. Allein aus NRW kommen 22 Beiträge. Die jungen Männer in Köln sind stolz auf ihre Idee. „Wenn das Haus steht, haben wir eigentlich schon gewonnen“, sagt Serhat Deniz (25). Mit seinen Kollegen sammelte er im Hauptbahnhof und im Blutspendezentrum der Uniklinik die Baukosten von 1300 Euro.

86 Häuser in 10 Städten

Für Sven Lüdecke (42) ist der Tag einer von vielen. Sein Verein Little Home Köln baut seit Ende 2016 solche Wohnboxen. Manchmal macht er Projekte mit Großunternehmen wie Google, der Telekom oder eben der Bahn. Teambildung gegen Baukosten. Die Häuschen stehen auf Privatgrundstücken, etwa von Firmen oder der Kirche. Lüdecke rechnet vor: 86 Häuser in zehn Städten gebaut, 54 Menschen in echten Wohnraum verholfen , 23 davon in Jobs. Bald sollen Sozialarbeiter eingestellt werden, um diese Quote zu erhöhen. 80 Mitglieder zahlen dafür bereits fünf Euro im Monat.

Ein Musterbeispiel ist Patrick Jensen (38). Nach 14 Jahren „auf Platte“ lebte er drei Monate im Little Home. Jetzt hat er eine Wohnung und einen Vollzeitjob im Elektrobereich – und ist im Verein aktiv. „Wer hochkommen will, der kommt hoch“, sagt er heute. Das Little Home holte ihn vom kalten Boden, gab ihm Privatsphäre und einen Lagerplatz für Hab und Gut. Er hat es mittlerweile weitergegeben.

Während Greta bei den Bauarbeiten zusieht, versteckt sie ihre Tränen. „Bei dieser Witterung draußen zu schlafen ist nicht angenehm“, sagt sie bloß. Und dass sie dankbar sei. Sie wird die Box nicht nahe ihrem alten Schlafplatz aufstellen. In der Szene gebe es auch Neid, erklärt sie. Das Little Home könnte ihr Weg weg von der Straße sein. Den ersten Schritt dazu kann sie jetzt machen.

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