Prozess24-Jähriger starb nach Disco-Besuch

Tatort: Auf dem Parkplatz wurde ein 24-Jähriger mit einem Auto angefahren; drei Tage später starb der junge Mann.
Copyright: Jasmin Lizenz
Köln – War der Tod eines 24-jährigen Gastes der Diskothek „Electrum“ in Poll im März dieses Jahres ein Unfall oder Totschlag? Diese Frage muss seit gestern vor einer Schwurgerichtskammer des Landgerichts geklärt werden. Die Kölner Staatsanwaltschaft geht von Vorsatz aus.
Auf der Anklagebank sitzen drei 23, 25 und 26 Jahre alte Brüder; der Jüngste gilt als Hauptangeklagter. Denn laut Anklage soll er den später verstorbenen Nachtschwärmer zu nächtlicher Stunde mit dem BMW 530 d seines Bruders vorsätzlich vor der Diskothek in der Rolshover Straße angefahren und dabei so schwer verletzt haben, dass er drei Tage später im Klinikum Merheim an multiplem Organversagen starb.
Hintergrund des Tatgeschehens ist laut Staatsanwaltschaft ein Streit zwischen den Brüdern aus Polen und einer größeren Gruppe aus Russland. Laut dem Hauptangeklagten entstand der Streit zwischen den Gruppen aus einer absoluten Nichtigkeit. Auf der Toilette habe er einen der Gäste gebeten, auch eines der Waschbecken mitbenutzen zu dürfen. Der habe darauf völlig überreagiert, ihn zunächst aggressiv angegangen und beleidigt. Dann habe er noch die Tür hinter ihm zugeknallt, als er rausgegangen sei.
Danach sei buchstäblich alles Schlag auf Schlag gegangen. Von hinten sei er brutal getreten und geschlagen worden, ohne dass er sehen konnte von wem. Dabei habe er den Satz gehört: „Diese Nacht überlebt ihr nicht.“ Er bemerkte eine starke Blutung an seinem Kopf. Dann traf er auf einen seiner Brüder, ebenfalls stark blutend. „Euch kriegen wir“, will er gehört haben, als die Auseinandersetzung sich vor die Diskothek verlagerte. Dort habe sich das Brüdertrio in einem Gebüsch versteckt, sagte der Hauptbeschuldigte. Dann habe einer seiner Brüder den BMW geholt und ihm die Autoschlüssel gegeben. In Panik sei er zum Auto gelaufen und eingestiegen, um zu flüchten.
„Wir gehen jeglichen Auseinandersetzungen immer aus dem Weg“, sagte der Beschuldigte, der damals stark betrunken war. Wie in einem Reflex, ohne zu wissen, was er tat, will er gehandelt haben. Zunächst sei der BMW nach hinten geschossen, weil er die Automatik falsch geschaltet habe. Dann sei er nach vorne losgefahren, ohne etwas zu sehen. Zu benebelt sei er vom Alkohol gewesen, zusätzlich zu seiner Todesangst vor den Angreifern. „Fahr, fahr“, habe ein Bruder gerufen.
„Ich wollte nur abhauen“, sagte der Fahrer. Dann habe er einen dumpfen Knall gehört und sei mit den Brüdern geflüchtet. Dabei sei er fast auf eine Verkehrsinsel gefahren. „Du bist zu besoffen. Ich fahre jetzt“, habe später einer der Brüder gesagt und das Steuer übernommen.
Für den aufwendigen Indizienprozess sind bisher zehn Verhandlungstage vorgesehen, nach der vorläufigen Planung ist ein Urteil am 10. Dezember zu erwarten.