Prozessbeginn in KölnAngeklagter entschuldigt sich für Mord im „Pizza-Hut“

Nach der schrecklichen Bluttat im Pizza Hut am Kölner Hauptbahnhof war die gesperrte Filiale zu einem Ort der Trauer geworden.
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Köln – Mario F. ist nervös. Der 27-Jährige weiß auf der Anklagebank nicht wohin, mit seinen Händen. Er knibbelt an den Fingernägeln, schaut häufig mit einem verlegenen Lächeln zu Bekannten im Zuschauerraum. Wie sich der Angeklagten wirklich fühlte, als am Dienstag die Kameras minutenlang auf ihn gerichtet waren, wird der 27-Jährigen nur selbst wissen. Ihm droht eine lebenslange Haftstrafe.
Es ist der Beginn des Prozesses um den so genannten „Pizza-Mord“ im November 2014 im Kölner Hauptbahnhof. Die brutale Tat schockte die Stadt, tagelang nahmen Menschen vor dem Tatort, dem Lokal „Pizza-Hut“, Abschied von dem erstochenen Mitarbeiter (27). Wegen eines Streits um eine Pizza soll Mario F. den Beschäftigten mit einem Messer ermordet haben. Der 27 Jahre alte Tatverdächtige ließ am Dienstag vor dem Landgericht über seinen Anwalt erklären, er habe sich bedroht gefühlt. An Details der Tat könne er sich nicht mehr erinnern. Bei den Angehörigen des Opfers entschuldigte er sich: „Es tut mir unglaublich leid“. Dass ein Mensch ums Leben gekommen sei, habe er nicht gewollt. In der Untersuchungshaft könne er nur schwer schlafen.
Laut Anklage beschwerte sich der gebürtige Trierer in der Pizzeria lautstark über den Käsebelag am Rand der Pizza, nachdem er diese großenteils gegessen hatte. Es kam zu einer Diskussion mit einem der Beschäftigten. Schließlich warf dieser die Tasche des Gastes nach draußen und beförderte ihn dann auch selbst hinaus. Kurz danach kehrte der Mann jedoch zurück und griff den Beschäftigten mit einem Klappmesser an. Er habe ihm die Waffe zweimal tief in den Oberkörper gestoßen. Der Opfer verblutete noch am Tatort.
Der Angeklagte war an diesem Freitag auf der Durchreise nach Celle und wollte am Hauptbahnhof etwas essen. Mit seiner Freundin, die er auf dem Oktoberfest kennengelernt hatte, wollte er sich ein neues Leben aufbauen. Mario F. stammt aus Familienverhältnissen, die als zerrüttet beschrieben werden können: Seinen Vater hat er nicht kennengelernt, aufgewachsen ist der klein gewachsene Angeklagte bei seinem Stiefvater. Häufiger Drogenkonsum räumte der Dachdeckerlehrling über seinen Anwalt überraschend offen ein: „Ich habe die Sau rausgelassen“. Außerdem saß der 27-Jährige bereits wegen anderen Delikten in der Justizvollzugsanstalt. Den Mordvorwurf bestritt der Anwalt des Angeklagten. Sein Mandant habe aus einer „notwehrähnlichen Situation“ heraus gehandelt.
Zweiter Verlust in sieben Jahren
Angehörige des Opfers brachen während der Gerichtsverhandlung in Tränen aus. Durch die Tat sei der Witwe Leid angetan worden, dass nicht zu ermessen sei, sagte der Anwalt der Nebenklage, Marc Donay. „Die Witwe ist weiter nicht im Alltagsleben angekommen“, sagte Donay weiter. Beim Prozessauftakt wollte sie unbedingt für die Verarbeitung des tragischen Geschehens dabei sein. Sie hätte zum zweiten Mal innerhalb von sieben Jahren erleiden müssen, dass ein naher Angehörige ums Leben gekommen ist. Denn ihre Schwester, damals 33 Jahre alt, verschwand 2007 spurlos. Deren Ehemann wurde 2013 in Köln im Prozess um den „Mord ohne Leiche“ in zweiter Instanz zu lebenslanger Haft verurteilt. Für die Aufsehen erregende Verhandlung sind zwölf Verhandlungstage bis Ende August angesetzt.