Coronavirus in Senioren- und PflegeheimenHilft ein Aufnahmestopp?

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Betroffen: das Seniorenzentrum in Rodenkirchen.

  • Bewohner von Alten- und Seniorenheimen gehören zu den Risikopatienten, wenn es um den Coronavirus geht.
  • Einige Stimmen fordern: Stoppt die Aufnahme von neuen Patienten.
  • Doch hilft das wirklich?

Köln – Sie gehen unter die Haut. Die Nachrichten von den Todesfällen in Zusammenhang mit einer Coronavirus-Infektion in Pflegeheimen. Alle fünf kürzlich Verstorbenen waren Heimbewohner. Eine besonders anfällige Gruppe. Der Krisenstab der Stadt hat die Problematik im Blick. Eine Task Force mit Experten ist eingerichtet. Sie wird von den Heimen angefordert, wenn sie Beratung brauchen, sie ist da, wenn es Infektionen gibt. Und sie führt Tests vor Ort durch.

Die Zusammenarbeit sei gut und fruchtbar, hieß es aus dem Maternus-Seniorenzentrum in Rodenkirchen. Es gehört (wie berichtet), neben dem Clarenbachstift und einem weiteren Kölner Seniorenheim zu den Einrichtungen, die besonders stark von Infektionen betroffen sind. Im Clarenbachstift werden derzeit keine neuen Bewohner aufgenommen. Die Stadt hatte am Mittwoch einen Aufnahmestopp in Seniorenpflegeheimen als Notmaßnahme in Erwägung gezogen. Eine Entscheidung darüber ist noch nicht gefallen.

Der Bedarf an Plätzen ist groß

Im Sinne vieler Betreiber ist ein Stopp nicht. Denn: Der Bedarf an Plätzen ist groß. Alleine im Clarenbachstift gehen pro Monat zwischen 100 und 150 Anfragen ein. „Die Zahl der Anfragen ist auch durch Covid-19 nicht geringer geworden“, bestätigt die Geschäftsführerin der Seniorenhaushaus GmbH der Cellitinnen zur hl. Maria, Stephanie Kirsch. Dort werden Neuaufnahmen (wie berichtet) in einem abgeschlossen Wohnbereich einer Einrichtung zwei Wochen isoliert. Wenn sie dann symptomfrei sind, können sie in das Haus ihrer Wahl umziehen. Auch Michael Isfort vom Deutschen Institut für angewandte Pflegeforschung (siehe Interview) hält nichts von einem Aufnahmestopp. „Zum Osterfest fahren viele der Pflegekräfte, die sich um die Menschen zu Hause kümmern, in ihre Heimat, beispielsweise nach Polen oder Rumänien. Und der Nachschub an solchen Kräften stockt gerade erheblich. Dann muss es möglich sein, pflegebedürftige Menschen in die Heime bringen zu können. Ein kompletter Aufnahmestopp wäre eine Überreaktion, in ganz vielen Einrichtungen liegen aktuell keine Probleme vor“, sagt Isfort.

Silvers gegen einen Aufnahmestopp

Auch Detlev Silvers, Leiter Geschäftsfeld Alter und Pflege bei der Caritas, spricht sich dafür aus, weiter neue Bewohner aufzunehmen. Pflegebedürftige würden zurzeit früher aus den Krankenhäusern entlassen, damit dort Kapazitäten für Corona-Kranke frei würden. Für die sechs Caritas-Einrichtungen in Köln gilt die Maßgabe, neue Bewohner nur aufzunehmen, wenn sie zweimal negativ auf Corona getestet wurden. „Dann kann man sie unter Umständen noch übergangsweise in der Einrichtung isolieren. Haben sie dann nach einer Woche im Zimmer immer noch nichts, dürfen sie sich auch normal bewegen.“ Anders sei es natürlich, wenn in einer Einrichtung auf einmal viele Infektionen auftreten würden. Dann müsste man für dieses Heim einen Aufnahmestopp verhängen.

In Caritas-Heimen gelang es bisher, Infektionen zu begrenzen: In einem Heim gab es zwei Infizierte über 80 Jahren mit Vorerkrankungen, die beide gestorben sind. Doch weder das Personal noch weitere Bewohner haben sich angesteckt. In einem weiteren Heim hat sich eine Bewohnerin über 80 infiziert, erfreut sich aber, so Silvers, „bester Gesundheit“.

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Isolation in den Heimen ist laut Gerhard Wiesmüller vom Gesundheitsamt gut zu bewerkstelligen. Und auch Irina Helmert, die das Clarenbachstift leitet, in dem derzeit 20 infizierte Bewohner sind, ist gefasst. „Meine Mitarbeiter sind hoch motiviert und verzichten auf ihre freien Tage, um für die erkrankten und gesunden Bewohner zu versorgen.“ Von Bewohnern und Angehörigen erfahre sie derzeit viel Verständnis und Zuspruch.

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