SC Germania OssendorfDie Schießbude der Kreisliga A

Manchmal will man als Torwart des SC Germania Ossendorf einfach nur noch die Augen zumachen und liegen bleiben. Denn der Ball zappelt mal wieder im Netz - 0:18, 0:25, am Ende steht es 0:31.
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Köln – "Ich hab langsam die Schnauze voll", flucht der Mittelstürmer in Richtung seiner Mitspieler. Die Köpfe hängen nach unten, einige Spieler machen bereits Witze, andere fluchen zurück. Just, Mitte der zweiten Halbzeit, ist das 0:18 durch den Neubrücker Shefik Sabani gefallen, der an diesem Tag allein 14 Tore erzielt. Am Ende des Auswärtsspiels des SC Germania Ossendorf bei der SV Rot-Schwarz Neubrück steht eine in der Höhe rekordverdächtige Niederlage von 0:31. In der Fußballsprache würde man sagen: eine richtige "Klatsche". "Debakel" wäre vielleicht der noch treffendere Ausdruck. Für die Kölner Mannschaft aus der Kreisliga A ist das in dieser Saison Alltag: Bei null Punkten und einer Tordifferenz von 11:200 nach nur 13 Spieltagen macht das gut 15 Gegentore im Schnitt pro Spiel.
Fast die komplette Mannschaft weggelaufen
Wie konnte es so weit kommen? Warum dieser krasse Leistungsverlust eines Vereins, der in den 80er Jahren seine beste Zeit hatte, 1986 in die Bezirksliga aufstieg und 1983 sogar mal im DFB-Pokal die letzte Runde vor der Hauptrunde erreichte und erst gegen die FC-Amateure ausgeschieden war? Hanno Thumm, eigentlich schon längst Alt-Herren-Spieler und nun, aus der Not heraus, wieder reaktiviert, nennt einen Hauptgrund für die aktuelle Misere: "Uns ist Anfang der Saison fast die komplette Mannschaft weggelaufen. Acht Spieler, plus Trainer, sind zum Türkischen FC Köln gewechselt. Was willst du da machen?" Hanno hat die Rückennummer "52" gewählt - sein Alter! Er und vier weitere Spieler der Mannschaft, die gegen die SV Rot-Schwarz Neubrück so deutlich verloren, sind bereits jenseits der 40. "Wir bekommen einfach die Leute nicht mehr zusammen. Gerade die jungen Spieler sind nicht zuverlässig. Nach zwei Niederlagen kommen die einfach nicht mehr", erzählt der aktuelle Aushilfstrainer Thomas, genannt "Knigge", Hubrecht. Er ist schon der dritte Teambetreuer in dieser noch recht jungen Saison. Vor ihm war ein Trainer-Team zusammen mit sechs Spielern vom SV Heimersdorf gekommen, um dem SC aus der misslichen Lage zu verhelfen. Doch nach knapp zwei Monaten sind alle wieder gegangen. "Knigge" übernahm das "sinkende Schiff" und ist jetzt Spielertrainer der gebeutelten Mannschaft aus dem Kölner Nordwesten.
Die "gute Seele" des Kölner Traditionsvereins, der in diesem Jahr sein 120-jähriges Bestehen feiert, ist die langjährige Vorsitzende Rosemarie "Rös" Vahrenholt. Sie ist aktuell erkrankt und in Kur und kann somit ihrem Verein bis Ende November kaum helfen. Dennoch meldet sie sich in dieser für den SC sehr brenzligen Situation zu Wort: "Aktuell ist die Lage katastrophal. Jeden Spieltag haben wir eine andere Mannschaft. Wenn ich aus der Kur zurück bin, werde ich versuchen, neue Spieler und einen neuen Trainer zu bekommen. Bis dahin müssen wir einfach durchhalten."
SC will durchhalten bis zum Saisonende
Wie geht es also weiter beim SC? Eine Abmeldung vom Spielbetrieb würde den direkten Abstieg in die Kreisliga B bedeuten. "Wir wollen es daher durchziehen bis Saisonende und versuchen, was noch geht", sagt Übergangstrainer "Knigge". Die Mannschaft wisse das und habe das jetzt auch akzeptiert, beschreibt Hubrecht die Stimmungslage. Hoffnung für die aktuell laufende Saison gebe es noch, bestätigt "Knigge" seine Vorsitzende: "Meistens wechseln einige Spieler im Winter, die in ihren Mannschaften unzufrieden sind. Da hoffen wir drauf." Und wenn es für den SC sehr gut läuft und er mit den neuen Spielern auch wieder Spiele gewinnt, "dann kommen auch die Spieler wieder zum Training und zu den Spielen, die aktuell keine Lust mehr haben", so "Knigges" Vision.
Aktuell jedoch freuen sich allein die Gegner, dass der SC als "Schießbude" weiter am Spielbetrieb teilnimmt - ganz einfach um Tore im Minutentakt zu schießen und Selbstvertrauen zu sammeln. So ist Fußball - in der Kölner Kreisliga A.