Schüsse am Großmarkt in KölnAnwalt wirft SEK-Beamten Falschaussage vor

Von Schüssen durchsiebt: 38 Einschüsse zählten die Ermittler allein an dem Audi des Gastronomen. (Archivfoto)
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Köln – Im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen ein Spezialeinsatzkommando (SEK) der Polizei wirft der Anwalt des Kölner Gemüsehändlers einem Polizisten Falschaussage vor. Dieser habe nach dem Schusswechsel 2011 ausgesagt, ein Kollegen von ihm hätte geborgen werden müssen. Dies sei falsch, wie nun auf Videobildern zu sehen sei. Bei der Festnahme von Karim P. am Großmarkt waren über 100 Schüsse gefallen. Die Staatsanwaltschaft Aachen ermittelt inzwischen gegen die Polizisten. Für seinen Mandanten fordert der Anwalt 400 000 Euro Schadenersatz.
Für Gottfried Reims ist klar: „Der Mann ist durch.“ Bis heute leide sein Mandant an den körperlichen und psychischen Folgen des Schusswechsels auf dem Großmarktgelände im Juni 2011. Der 51 Jahre alte Gemüsehändler hatte von einem Spezialeinsatzkommando (SEK) festgenommen werden sollen. Doch der Einsatz lief offenbar aus dem Ruder. Es fielen über 100 Schüsse. Karim P. erlitt Durchschüsse an Arm und Bein, seine Nase wurde förmlich zerfetzt. „Er hätte nie gedacht, dass er da lebend rauskommt“, sagt Reims, der den Mann seit zwei Jahren vertritt.
Inzwischen hat P. Strafanzeige gegen die Polizisten des SEK gestellt. Die Staatsanwaltschaft Aachen ermittelt wegen versuchten Totschlags (die Rundschau berichtete). Für Reims geht es darum, „dass die Wahrheit ans Licht“ kommt, aber auch um zivilrechtliche Ansprüche. 400 000 Euro Schmerzensgeld will er für seinen Mandant erstreiten. „Er hatte ein traumatisches Erlebnis.“ Überdies hätten ihm die Banken nach den Ereignissen den Geldhahn zugedreht. „Er hat heute keine geregelte Beschäftigung mehr.“
Reims: Video belastet SEK
Der Händler, der auf dem Großmarkt mehrere Räume angemietet hatte, soll der getrennt von ihm lebenden Ehefrau im Juni 2011 gedroht haben, sie umzubringen. Dass er Waffen besaß, war bekannt. Seine Frau war im Jahr vor der Festnahme zweimal mit den Tageseinnahmen auf dem Weg zur Bank überfallen worden. Einen Waffenschein besaß er nicht, dies räumt Reims ein. Vorbestraft war sein Mandant nicht.
Nach dem Kugelhagel vom 19. Juni 2011 stand P. unter Verdacht. Es wurde Anklage wegen versuchten Totschlags gegen ihn erhoben, zum Prozess ist es bislang nicht gekommen. Ein Video beweist nach der Ansicht von Gottfried Reims, dass sein Mandant nicht den ersten Schuss auf die Polizei abgeben hat, sondern das SEK von vorne seinen Audi R8 beschoss.
Er beschuldigt einen Beamten zudem der Falschaussage. In der nun bekannt gewordenen Filmsequenz einer Überwachungskamera ist zu sehen, dass ein Polizist stolpert, fällt und sofort wieder aufsteht. Danach eröffnen seine Kollegen das Dauerfeuer. „Ein Beamter hat ausgesagt, der betreffende Polizist hätte geborgen werden müssen. „Diesen Sachverhalt gab es nicht“, sagt Reims, „der stand sofort wieder.“
Weiterer Vorwurf: Ein SEK sei verpflichtet in schwarzer Uniform aufzutreten, die sie als Polizeieinheit„ kenntlich macht. In dem Video ist zu sehen, dass die Polizisten Jeans tragen. Reims: „Die liefen da in Freizeitkleidung rum“. Sein Mandant habe an einen Überfall geglaubt. „Wenn er die Männer als SEK erkannt hätte, hätte er sich sofort ergeben. Der ist doch nicht wahnsinnig.“