Serie „Imgrund im Gespräch“„95 Prozent kann man mit Reden regeln“

95 Prozent aller Probleme lassen sich mit Reden lösen, weiß Türsteher und Sänger Ramon Ademes.
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- Ramon Ademes ist gelernter Metzger-Meister, Türsteher und hat eine Securityfirma.
- Wenn er nicht gerade den Einlass am Wiener Steffie koordiniert oder Stars betreut, ist er als „Die kölsche Kraat“ auf Bühnen unterwegs.
- Wir treffen ihn nach einer Woche „Malle“ zum Gespräch über seine verschiedenen Berufe, Bruce Willis und Jürgen Drews – und natürlich über Köln.
Köln – Im Vorbereitungsgespräch sagte Ramon Ademes, er müsse nun zunächst für eine Woche nach „Malle“, dort stünden ein paar Auftritte als „Die Kölsche Kraat“ an. So ergibt sich die erste Frage von selbst.
Wie war’s auf Malle?
Anstrengend. (lacht) Der ganze Alkohol, die Feierleute, lange Nächte.
Waren Ihre Gigs gut besucht?
Der Bierkönig war rappelvoll. Im Krümels Stadl am anderen Tag war weniger los, aber ich kam trotzdem gut an da.
Wie kommt man an solche Auftritte?
Durch Vitamin B: Ich kenne jemanden, der die Betreiber gut kennt. Ich singe immer live, die Musik ist Playback. Ich kann von mir sagen, dass ich jedes Publikum kriege, auch wenn meine Lieder nicht unter die Gürtellinie gehen. Als Türsteher will ich das vermeiden.
Türsteher sind die, die entscheiden, welcher Dealer reindarf.
Das sagen Sie! Das mag es woanders geben, will ich nicht abstreiten. Aber in unseren Läden, nehmen wir die Wiener Steffie in der Altstadt, ist das kein Thema.
Wie würden Sie diesen Laden einem Auswärtigen beschreiben?
Partylokal Nummer 1 in Köln. Da kann man gut feiern und trinken, und der Stress hält sich in Grenzen. Egal ob bei den Weihnachtsfeiern, Vereinsfesten oder Junggesellenabschieden.
Welche Einstellung haben Sie als Türsteher?
Als ich jung war, war ich anders drauf. Da dachte ich: entweder der oder ich. Heute weiß ich, dass man 95 Prozent mit Reden regeln kann. Wenn man jung ist, will man sich halt profilieren, ist doch klar.
Haben Sie selbst was auf dem Kerbholz?
Ich bin jedenfalls nicht vorbestraft. Für Körperverletzung habe ich schon mal eine kleine Geldstrafe bekommen. Die ist dann an ein Behindertenheim gegangen.
Sie sind groß, kräftig und durchtrainiert. Auch mal an einen Stärkeren geraten?
Einmal war ich Türsteher bei einer türkischen Party im Palladium. Ein paar Wochen vorher hatte ich wohl irgend einen von denen nicht reingelassen, obwohl der sich auf wen berufen hatte. Und dann haben die mir eine Falle gestellt und mich mit dreißig Mann zusammengeschlagen.
Wie ging das für Sie aus?
Na ja, wenn dreißig Leute schlagen, trifft keiner richtig. Aber dann bin ich leider hingefallen und einer hat mir eine volle Flasche Wodka über den Kopf gezogen.
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Das Resultat: Meine Hände waren aufgeschnitten und ich hatte ein Loch im Kopf.
Was empfindet man, wenn man dann im Krankenhaus wieder aufwacht?
Hass! (lacht) Ich wollte das eigentlich regeln mit demjenigen, um den es da ging. Aber das wollte man dann nicht, wenn Sie verstehen, was ich meine. Also gab es stattdessen ein Treffen, wo die richtigen Leute dabeisaßen. Da wurde dann „Politik“ gemacht, man hat sich die Hand gegeben, und die Sache war gegessen.
Käme ich, 55 Jahre, normale Klamotten, in die Wiener Steffie?
Klar, warum nicht. Eigentlich lassen wir da fast jeden rein, wenn er nicht gerade in Badeschlappen und kurzer Hose aufläuft. Und die Mädels warnen wir immer, wenn sie ihre flachen Ballerinas tragen. Weil da halt doch mal das ein oder andere Glas kaputtgeht.
Die Hippies der 1980er haben gern auf Socken oder barfuß getanzt.
Aber nicht in der Wiener Steffie! (lacht)
Wiener Steffie und der Bierkönig auf Mallorca: Was ist der Unterschied?
Vom Feiern her ist das ähnlich. Aber mit dem Saufen übertreiben sie es auf Malle total. Ich verstehe inzwischen, dass die Spanier sauer sind. Die Gröhlerei, oberkörperfrei oder im Borat-Kostüm, die Vermüllung, grundlose Schlägereien ohne Ende . . ., das ist in Köln doch anders.
Vor einigen Wochen habe ich in dieser Reihe Thomas Rath interviewt, den Modedesigner. Wie Sie entstammt er einer Metzgerfamilie und hat ein Haus auf Mallorca.
Der lag letztens hinter mir am Strand. Ich schwöre Ihnen, der hat drei Stunden nonstop gelabert. Meine Frau meinte irgendwann, komm, lass uns woanders hinlegen. (lacht)
Sie singen auf Mallorca, aber Ihre ersten Auftritte hatten Sie mit dem Kirchenchor.
Erst war ich im Chor von St. Maternus in der Südstadt, wo ich auch Messdiener war. Meine Eltern machten sich dann selbstständig und hatten nicht mehr soviel Zeit für mich. Deshalb bin ich in den Domchor gewechselt. Da konnte man essen und Hausaufgaben machen.
Ihre Eltern hatten eine Metzgerei in der Mainzer Straße. Wie war so eine Kindheit in der Südstadt der 1970er?
Anders als heute. Wir sind gelaufen und geklettert, zum Beispiel im Hindenburgpark, der heute Friedenspark heißt. Heutzutage spielen die Kinder ja nicht mehr richtig, nur noch mit ihren Handys und so.
Gab es Kloppereien mit anderen Straßen?
Eher mit anderen Vierteln und mit anderen Stilrichtungen. Es gab die Punks und die Popper, ich selbst war früher Ted. Wir waren viel im Luxor und im Shell an der Luxemburger Straße.
Sie nennen sich auf der Bühne die „Kölsche Kraat“. Was ist für Sie eine Kraat?
Zunächst war das der Name meines Klamottenlabels. Wörtlich übersetzt ist das eine Kröte, klar. Aber man benutzt das in Köln auch für böse Jungs und für Originale. So einer bin ich, ein kölsches Original, deshalb heiße ich jetzt auch als Sänger so.
Komponieren und texten Sie selbst?
Manchmal sitze ich mit ein paar Jungs von mir zusammen. Wir überlegen uns einen Text und ich übersetze den dann auf Kölsch. Aber ich habe auch einen guten Mann an der Hand, den Fred Zingsheim, ehemaliger Sänger von den Krageknöpp.
Denken Sie beim Texten schon an die Bühne auf Mallorca?
Mein letztes Lied verdanke ich zum Beispiel einem Song von Ikke Hüftgold. Der hieß: Ihr könnt euch alle mal ficken. Aber ich fand die Melodie super und habe ihn gefragt, ob ich da einen kölschen Text drauflegen könnte. Er war einverstanden, und sein Produzent auch.
Wie setzen Sie sich stilmäßig von Kollegen wie Ikke Hüftgold, Mickie Krause oder Tim Toupet ab?
Ikke Hüftgold ist ein Fall für sich, das geht schon in die Asi-Schiene. Das sind eben reine Ballermann-Sänger, und bei mir kommt noch das Kölsche dazu. Tim Toupet hat es auch mal mit einem kölschen Song versucht, der kommt ja aus Pulheim. Aber der kann gar nicht richtig Kölsch, und das kam auch beim Publikum überhaupt nicht an.
Ist Jürgen Drews für Sie ein Held?
Jedenfalls hat er was erreicht, wo jeder von träumt. Auf Malle ist der, zusammen mit Mickie Krause, ganz oben. Und das ist ein ganz netter, lockerer Typ. Ich kenne ihn ja auch, weil ich oft die Security für ihn mache.
Haben Sie nicht auch mal auf Bruce Willis aufgepasst?
Ja, der ist einen Kopf kleiner als ich und viel schmaler, als er im Fernsehen aussieht. Bei Paris Hilton habe ich die Nachtschicht gemacht, damals war die mit diesem griechischen Reedereisohn zusammen.
Zur Person
Ramon Ademes alias „Die Kölsche Kraat“ oder „Der singende Türsteher“ wurde 1974 in Köln geboren. er wuchs in der Südstadt auf, wo seine Eltern eine Metzgerei führen. Nach dem Hauptschulabschluss machte er eine Metzgerlehre und brachte es zum Meister. Parallel begann er, als Türsteher zu arbeiten – in der Wiener Steffie, in Ringdiscos und Konzerthallen. Seit 1991 ist er Chef einer Securityfirma, die unter anderem schon Stars wie Paris Hilton und Bruce Willis betreute.
Im Jahr 2009 nahm Ademes mit Eco Fresh den Song „Echt kölsche Kraat“ auf, der sehr erfolgreich wurde. Seitdem singt er auf Straßenfesten genauso wie auf Mallorca, und parallel entdeckt man ihn für das Fernsehen. Nach dem Start bei „Achtung Kontrolle“ auf Kabel 1 spielt er seit nunmehr sechs Jahren den Koch Roger Schmitz bei der RTL-Soap „Unter Uns“. Er betreibt ein Klamottenlabel namens Kölsche Kraat, und 2015 gründete er den Verein Kölsche Kraat hilft e.V., der sich um sozial benachteiligte Kinder kümmert.
Ramon Ademes, zweifacher Vater, wohnt in Immendorf.
Der ganze Hotelflur hat nach Haschisch gestunken und die hat sich die ganze Nacht am Telefon mit dem gestritten. Die Telefonrechnung muss übel gewesen sein.
Wären Sie bereit, für Ihre Klienten zu sterben?
(überlegt) Schwierige Frage, auf jeden Fall müsste das Geld stimmen.
Tja, da hätten Sie ja dann nichts mehr von.
Ich sag mal so: Natürlich hält man seinen Kopf hin. Aber wenn jetzt jemand mit einer 45er vor mir steht, würde ich wohl auch die Hände heben. Da kann sich auch kein anderer in der Branche von freisprechen.
Hören Sie, allein zuhause, auch den ganzen Tag Partysongs?
Im Gegenteil, da hör ich am liebsten richtige Chill-Out-Musik, Café del Mar und sowas. Auf der Terrasse beim Entspannen oder Grillen passt das prima.
Wie soll es weitergehen mit Ihrer Sängerkarriere?
Ich würde gern mal einen Nummer-1-Hit landen. Und es damit dann all den Leuten heimzahlen, die mir Steine in den Weg gelegt und ihre Versprechen nicht eingehalten haben. Das wäre eine schöne Genugtuung für mich.