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Spezielle FührungenDas Thema Tod wird immer noch tabuisiert

Lesezeit 2 Minuten

Gräber erzählen auch Bibelgeschichte: Führer Markus Thulin zeigt den jungen Besuchern eine Gruft, auf der Jesu Gebetskampf im Garten Gethsemane abgebildet ist.  

Köln – „Hallo, ich bin Markus. Heute führe ich Euch über den Melaten-Friedhof. Und ich verspreche Euch, dass Ihr nachher Eichhörnchen aus nächster Nähe sehen werdet“. Klar, dass so ein Versprechen zieht. Um die Tierchen anzulocken, bekommen die Kinder von Markus Thulin ein paar Erdnüsse. Die Zweitklässlerinnen Thelma und Alina, die mit ihren Eltern gekommen sind, verstauen die Nüsse rasch in den Manteltaschen.

Auf der „Millionärsallee“, wie die Kölner die Mittelachse des Friedhofs nennen, beginnt Thulin seine Führung. Tod und Kinder – das ist keine unpassende Kombination, findet er: „Das Thema Tod wird noch immer tabuisiert, obwohl es gerade bei Kindern viele Fragen aufwirft“. Markus Thulin hat selbst eine sechsjährige Tochter. Sie hat schon alle seine Touren mitgemacht. Seine jungen Zuhörer bindet er in die Führung ein, indem er immer wieder Fragen stellt. Zufrieden ist Markus Thulin dann, wenn die Kinder mitmachen. Heute hat er Glück. Thelma, die Zweitklässlerin beeindruckt ihn sogar: Sie kann die Bibelstelle um Jesu Gebetskampf in Gethsemane, die auf einer Gruft dargestellt ist, perfekt nacherzählen.

Jedes der 56 000 Gräber auf Melaten erzählt eine eigene Geschichte. Und jährlich kommen 400 neue Grabstätten hinzu. Die letzte Ruhestätte eines nationalsozialistischen Bürgermeisters von Köln wurde erst vor kurzem entdeckt. Weil man die Vergangenheit vergessen wollte, ließ man es von Bäumen und Sträuchern überwuchern. Doch auch Nationalsozialismus ist Teil der Geschichte und so sei das Grab wieder freigelegt worden, erklärt Thulin.

Die kleine Thelma hat heute gut aufgepasst und viel gelernt: „Wenn auf einem Grab eine Fackel nach unten zeigt“, sagt sie, sei das ein Zeichen dafür, „dass der Mensch im Grab langsam, zum Beispiel an einer Krankheit, gestorben ist.“ Das Lebensfeuer erlösche erst nach einiger Zeit, erklärt die Achtjährige.

Ihre Freundin Alina weiß nun, wie das Zeichen für einen schnellen Tod aussieht: „Abgehackt“. Vor Jahrzehnten sei ein Kölner Opernsänger während eines Auftritts in der Philharmonie verunglückt. Er sollte mit einem Seil auf die Bühne schwingen, das nicht vernünftig befestigt war. Wegen seines Berufs hat sein Grabstein die Form einer Stimmgabel. Die ist asymmetrisch; der rechte Metallstab sieht wie abgeschnitten aus. Sein Tod kam also plötzlich.

Die nächste Kindertour startet am 14. April um 14 Uhr am Eingang zur Aachener Straße, gegenüber von Haus Nummer 249. Die Teilnahme kostet 6,50 Euro.

www.insidecologne.de.