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Tunnelüberwachung24 Stunden am Tag in die Röhre schauen

Lesezeit 4 Minuten

Vorbild: Die 2006 eröffnete Tunnelleitzentrale Duisburg erfüllt die Standards – in Köln ist das nicht so.

Köln – Grün sieht Hans-Gerd Roelofs am liebsten. Grün heißt, alles läuft reibungslos. Auf seinem Bildschirm sind fast alle Felder grün, nur hier und da leuchten ein paar rote Quadrate. „Das sind Störungen, die wir bereits abarbeiten“, sagt Roelofs (58). Er ist Teamkoordinator der Tunnelleitzentrale (TLZ) Duisburg, in der 23 Tunnel an Autobahnen und Bundesstraßen in NRW rund um die Uhr überwacht werden – vom Ruhrschnellweg A40 über die Lärmschutzeinhausung an der A1 in Köln-Lövenich bis zur B42 in Königswinter.

Die Einhausung Lövenich ist für die Duisburger das bislang aufwendigste Projekt. Allein aus diesem Tunnel laufen Tausende Datenpunkte in der Zentrale in Duisburg-Kaiserberg auf. Sie liefern Livebilder von rund 100 Videokameras sowie Statusmeldungen von Brandmeldekabeln, Kohlenmonoxid-Sensoren und Sichttrübungsmessungen. Kommt es im Tunnel zum Brand, werden Feuerwehr und Polizei automatisch alarmiert, und der Tunnel wird automatisch gesperrt mittels roter Ampeln, Schranken und vorgeschalteter Temporeduzierung. „Aber auch wenn dort irgendwo ein Feuerlöscher fehlt oder eine Notrufsäule defekt ist, zeigt unsere Software das sofort an, und ein Mitarbeiter leitet unverzüglich die Reparatur ein“, erklärt Roelofs.

In umfangreichen Testreihen werden zurzeit alle Verbindungen zwischen Lövenich und Duisburg überprüft. In einigen Tagen könnte der Tunnel dafür erneut gesperrt werden, bis zum Sommer soll alles fertig sein. In Duisburg sorgen 12 Operatoren im Dreischichtbetrieb 24 Stunden am Tag für Sicherheit, stets sind mindestens zwei Leute im Einsatz. Außerdem unterhält der Landesbetrieb Straßen.NRW eine zweite Wache in Hamm, die weitere 20 Tunnel in NRW kontrolliert. Beide Standorte sind mit allen 43 Tunneln vernetzt, bei Bedarf kann einer die Aufgaben des anderen mit übernehmen.

Maßgeschneiderte Software

Neben der maßgeschneiderten Software für die Beobachtung, Einsatzleitung und Protokollierung von Vorfällen steht den Operatoren eine Monitorwand zur Verfügung, auf der sie Bilder aus allen Tunneln sehen können. „Die Sichtkontrolle durch die Mitarbeiter erfolgt aber nur zusätzlich zur eigentlichen Kontrolle über die Software“, erläutert Roelofs.

An der provisorischen Tunnelwache in Köln-Kalk ist das ganz anders. Neben der Zufahrt zum Stadtautobahntunnel an der Solinger Straße sitzt Wachmann Dieter Kagels (57) in einem Baustellencontainer. Er schaut auf einen Monitor, der zeigt, was fünf Kameras in beiden Tunnelröhren erfassen. Einen automatisierten Alarm gibt es nicht, nur die Sichtkontrolle. Es liegt allein an Kagels und seinen Kollegen von einer privaten Sicherheitsfirma, die hier zu zweit in Zwölfstunden-Schichten arbeiten, ob im Notfall Feuerwehr und Polizei rasch alarmiert werden und der Tunnel gesperrt wird.

An der Wand hängt ein großer Alarmplan, der vorgibt, was sie zu tun haben. Bei einem Brand müssen sie sofort zwei rote Alarmknöpfe drücken, dann schalten die Ampeln am Tunnel auf Rot. Außerdem müssen die Wachleute Feuerwehr und Polizei anrufen und über Lautsprecher durchsagen, dass alle den Tunnel verlassen müssen. Auch für Unfälle, Pannen und Störungen gibt es exakte Anweisungen.

Wache ist ein Provisorium

Die Wache ist ein Provisorium, das im Sommer 2012 eilends geschaffen wurde, nachdem der Tunnel-Sicherheitsbeauftragte, René Reissig-Hochweller von der Berufsfeuerwehr Köln, schwere Brandschutzmängel festgestellt hatte. Um die gültige Norm RABT 2006 zu erfüllen (siehe unten), muss der Kalker Tunnel nicht nur mit neuen Brandmeldeanlagen, Lüftern, Lautsprechern, Videokameras und einem Fluchttreppenhaus ausgestattet werden. Die Stadt Köln muss auch eine Tunnelleitzentrale einrichten, in der der Kalker und die zehn anderen betroffenen Tunnel permanent überwacht werden und alle Informationen zusammenlaufen.

Im Februar haben sich Vertreter der Stadt in Duisburg umgesehen, auch andere Leitzentralen wurden besichtigt. Die Zeit drängt: Andere Städte sind längst weiter. „Parallel zur Fertigstellung des Kalker Tunnels im Jahr 2015 sollte möglichst auch die neue Tunnelleitzentrale Köln in Betrieb gehen“, sagt Reissig-Hochweller.

„Angesichts der komplexen Aufgabe ist das ein sehr ambitioniertes Ziel“, meint Gerd Neweling, Leiter des Amtes für Brücken und Stadtbahnbau. Er lässt bereits verschiedene Varianten durchspielen, über die die Politik entscheiden soll.

Denkbar wäre, die Tunnelleitzentrale im Stadthaus in Deutz oder bei der Feuerwehr anzusiedeln oder sie in einem eigenen Gebäude unterzubringen. Die Stadt könnte ihre Tunnel auch extern überwachen lassen, etwa in Duisburg. Er plädiere für eine eigene Zentrale der Kommune, „damit alles in einer Hand bleibt und wir nicht von anderen abhängig sind“, sagt Reissig-Hochweller. Neweling gibt zu bedenken, dass bei einer externen Überwachung unter anderem erhebliche Leitungsgebühren anfallen könnten.

So oder so wird es eine teure Angelegenheit. Die Leitzentrale in Duisburg hat drei Millionen Euro gekostet, auch in Köln ist mit einer siebenstelligen Investitionssumme zu rechnen. Ein Problem sei die Datenverkabelung, so Neweling. In den meisten Tunneln seien keine entsprechenden Anschlüsse ans städtische Glasfasernetz vorhanden.