Urban Mining Award für Kölner ArchitektinEin Gespräch über nachhaltige Gebäude mit Annette Hillebrandt

Das „Metallwerkstück“, ein Firmensitz in Bad Laasphe, haben die Architekten Annette Hillebrandt und Martin Schneider (Büro ms ah) mit einer recyclingfähigen Fassade versehen und nachwachsende Rohstoffe für den Innenausbau verwendet.
Copyright: Christian Richters Lizenz
Frau Hillebrandt, lassen Sie uns gedanklich doch einmal ein Haus in Köln abreißen. Was könnte von dem Bau wiederverwendet werden?
(lacht) Bei den Nachkriegshäusern relativ wenig, fürchte ich. Die Mauerwerksziegel der Vorkriegszeit, die noch nicht mit Hochleistungsmörteln verklebt sind, kann man aus dem Verband lösen und wieder verwenden. Von einem echten stofflichen Recycling kann man fast nur bei Metallen sprechen. Der Rest ist eine Art Downcycling, gerade die Betonmassen, die derzeit gerne verbaut werden, können nur abgewertet rezykliert werden.
Ihre Forschung zielt also darauf ab, Neubauten so zu errichten, dass die Materialien in Jahrzehnten wirklich wiederverwertet werden können?
Richtig, oder dass man den Bestand bis auf das Rohbauskelett zurückschält, den Rohbau weiterverwendet und dann den neuen Ausbau recyclingfähig macht.
Sie haben eine Vielzahl an Architekturpreisen erhalten. Über den „Urban Mining Award“ freuen Sie sich nach eigener Aussage besonders. Warum?
Zunächst ist die Relevanz des Umweltschutzes beim Bauen für mich persönlich sehr hoch angesiedelt. Das ist mein Lebensthema. Der Preis ist mir auch deshalb besonders wichtig, weil er nicht nur für mich, sondern für alle Planer, in die Zukunft schaut. Bislang ging es darum, zufällig verwendete Materialien aus vergangenen Zeiten heute wiederzuverwenden. Inzwischen können wir den Zufall ablösen durch geplantes Urban Mining. Planer könnten sich jetzt damit befassen, Gebäude zu wirklichen Wertstoffminen zu machen. Diesen Paradigmen-Wechsel des Preises selbst finde ich toll.
Konnten Sie Ihre Forschungsergebnisse zum nachhaltigen Bauen denn bereits in die Tat umsetzen?
Bislang haben wir in Projekten nur Teile umsetzen können. Zum Beispiel bei Fassaden aus Corten-Stahl oder Teilen des Innenausbaus. Komplett ist es uns noch nicht gelungen. Bei zwei Projekten haben wir die Rückbaufähigkeit komplett durchdacht, aber beide konnten wir nicht realisieren.
Woran hapert es?
Ich glaube, dass die Zeit noch nicht reif dafür ist, auch fehlt es an politischem Willen. Derzeit müssten Sie jeden Bauherren überreden, solch eine Rohstoffmine zu bauen, weil Müll zu bauen noch nicht bestraft wird. Schauen Sie sich etwa die Wärmedämmverbundsysteme an, die sie nicht mehr verwerten können. Bei denen wird häufig der Kunststoffschaum auf eine tragende Wand geklebt, beides bekommen Sie nicht mehr getrennt. Dann wird zwar mineralischer Putz verwendet, aber Kunststoffgewebe eingearbeitet. Das ist am Ende alles Müll und gelangt nie mehr in einen Recycling-Prozess. Dieses Bauen wird derzeit eher noch gefördert, weil sich die Ressourcen-Wende leider noch nicht herumgesprochen hat. Dabei sind Ressourcen endlich.
Da ist es doch ein Lichtblick, dass Ihr Engagement mit dem „Urban Mining Award“ ausgezeichnet wird. Macht es das nicht leichter, Ihre Anliegen für die Umwelt nach vorne zu bringen?
Natürlich. Das ist mit der Sinn des Vereins, der den Preis verleiht. Er ist zwar irgendwann aus einem Entsorgungs-Gedanken heraus entstanden, hat sich dann auf Anregung des ehemaligen Bundesumweltministers Klaus Töpfer hingewandt zu der Erkenntnis, dass Müll die Ressource der Zukunft ist. Ein Beispiel: Alle deutschen Haushalte zusammen entsorgen derzeit jährlich mehr Kupfer als in der größten Kupfermine der Welt gewonnen wird.