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„Hoffnung ist mein Alltagsgeschäft“Vom Weg einer Kölnerin zur Pilgerin bis hin zur „Bruderin“

Lesezeit 4 Minuten
Carina Contreras auf der Fusswallfahrt nach Trier.

Carina Contreras auf der Fusswallfahrt nach Trier.

Carina Contreras hat sich schon mehrfach auf den Weg nach Trier zum Matthiasgrab gemacht – dieses Jahr geht sie einen Schritt weiter.

Es ist ein langer Fußweg. 240 Kilometer. Acht Tage. Schmerzen inbegriffen. Wohin er denjenigen führt, der ihn geht? Die lange Antwort lautet: Nach Trier. Zur St. Matthias Kirche. Zum Matthiasgrab, wo die Gebeine des sogenannten 13. Apostel liegen sollen. Die kurze Antwort: Zu sich selbst. Carina Contreras geht die Fußwallfahrt nach Trier in diesem Jahr nicht zum ersten Mal. Doch dieses Mal geht sie einen Schritt weiter. Die 37-Jährige ist der Matthias-Bruderschaft beigetreten. Feierlich wurde ihr in einem festlichen Gottesdienst am Kölner Sitz der Bruderschaft, in St. Aposteln, die Matthias-Medaille verliehen. Wenn man so will, ist sie jetzt also eine „Bruderin“.

Beim Umzug nach Köln auf Matthiasbruderschaft gestoßen

In der Eifel geboren, einige Jahre in Aachen gelebt, in Trier studiert: Da war sie dem Apostel schon ganz nah. Aber manchmal sieht man aus nächster Nähe gar nicht so gut. Als Carina Contreras nach Köln zog, fand die Katholikin nach St. Aposteln und wurde auf die Matthiasbruderschaft Köln/St. Aposteln aufmerksam. Die hat vergleichsweise noch eine junge Geschichte. Um die Jahrtausendwende machte sich ein Lehrer des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums am Waidmarkt mit einigen seiner Schüler auf den Weg nach Trier. Startpunkt war die Hohe Acht in der Eifel. Später wurde direkt von Köln aus losgegangen. 2011 schließlich gründete sich die Bruderschaft Köln/St. Aposteln. Die 120. im Bund dieser Bruderschaften. In diesem Jahr unternimmt sie ihre elfte Wallfahrt zum Grab des 13. Apostel – ein Corona-Jahr muss rausgerechnet werden.

„Hoffnung ist mein Alltagsgeschäft“, sagt Carina Contreras lachend. Von Beruf ist sie Psychotherapeutin. Von „Berufung“ ist sie katholische Christin. „Offenheit, Diversität, alle Menschen sind willkommen: Das ist mein Verständnis von Glauben“, sagt sie. Etwas, was nicht wenige in der Kirche eher vermissen und ihr deshalb den Rücken kehren. Austreten? „Das kommt für mich nicht in Frage. Das wäre, wie mit der Familie zu brechen“, sagt die 37-Jährige. Dass sie den Weg zu St. Aposteln fand, zur Matthias-Bruderschaft, nach Trier – für sie ist das nicht eine Aneinanderreihung von Zufällen. „Das ist Fügung, so würde ich das sehen“, sagt Carina Contreras.

Reichlich Anlass zum Nachdenken

Was sie an dem Apostel Matthias reizt, umschreibt sie so: „Es ist die Idee, jemandem zu folgen, den so ein Schicksal ereilt hat.“ Matthias wurde nicht direkt von Jesus in den Kreis der Zwölf berufen. Das Los machte ihn zum Apostel, nachdem es einen Nachfolger für Judas gebraucht hatte. Was macht das mit einem Menschen: einem Verräter zu folgen, der sich erhängt hat, per Los in einen Kreis hineingekommen zu sein, der aus Berufenen besteht? Darüber nachzudenken, das reicht für mehr als 240 Kilometer, für mehr als eine Wallfahrt. Und dennoch ist es nur ein Aspekt auf dem Weg nach Trier, der gegliedert ist in Gebete, Impulse und auch Schweigen.

Offenheit, Diversität, alle Menschen sind willkommen: Das ist mein Verständnis von Glauben.
Carina Contreras

Bis zu 30 Personen gehen im Schnitt mit. Der Altersmix: von 16 bis 80 Jahren. Nicht alle stehen mit beiden Beinen so fest im katholischen Glauben wie Carina Contreras. Immer sind auch Ungetaufte dabei. Mit diesen Menschen ins Gespräch zu kommen, mit ihnen dem Apostel Matthias auf der Spur zu sein und damit letztlich Jesus, „das macht meinen Glauben fühlbar, das stärkt ihn in der Tiefe. Das ist etwas, das kann man nicht aus Büchern erlesen“, versucht die neue „Matthiasbruderin“ ihre Erfahrungen in Worte zu fassen.

Und das strahlt sogar über die Wallfahrtsgruppe hinaus. Nicht selten kommt es zu Gesprächen mit Passanten, die wissen wollen, was das dort für eine Gruppe ist und wohin diese Menschen denn wollen. Nicht selten enden diese Gespräche am Wegesrand mit der Bitte: „Dann zündet mal ein Kerzchen an für mich in Trier.“

Ein konsequenter Schritt

Ihr Weg nach Köln, zu St. Aposteln, zur Fußwallfahrt nach Trier, zum Apostel Matthias, zu ihrem Glaubenskern – wenn sich das alles so gefügt hat, dann konnte es ja gar nicht anders kommen, als dass Carina Contreras in die Matthias-Bruderschaft eintritt. „Das war für mich nur konsequent“, sagt dementsprechend. Der nächste Schritt halt auf ihrer ganz persönlichen Wallfahrt.


Fußwallfahrt

Vom 11. bis 18. Mai geht die nächste Fußwallfahrt nach Trier zum Matthiasgrab. Die Teilnehmerzahl ist auf 30 Personen begrenzt. Der Kostenbeitrag beläuft sich auf 300 Euro. Für Menschen mit begrenzten finanziellen Möglichkeiten gibt es Unterstützung. Ein Begleitfahrzeug ist mit unterwegs. Damit wird vor allem das Gepäck transportiert. Sollten jemanden aber auf der 240 Kilometer langen Gesamtstrecke verlassen, steht es auch zur Verfügung. Mitgehen darf jeder, ob katholisch, evangelisch oder ungetauft. Einzige Bedingung: Respekt vor dem geistlichen Programm.