Wegen ÜberlastungKölner Oberstaatsanwalt soll Akten manipuliert haben

Die Aktenberge war wohl nicht mehr zu bewältigen für den angeklagten Oberstaatsanwalt.
Copyright: dpa
Köln – Bei der Belehrung des Zeugen (69) musste der Vorsitzende plötzlich über die ungewöhnliche Personenkonstellation auf Saal 5 lächeln: „Hat man auch nicht alle Tage, dass hier drei Oberstaatsanwälte einem gegenübersitzen“, sagte Ralph Ernst. Während der eine Oberstaatsanwalt (70) unter anderem wegen des Vorwurfs der Rechtsbeugung auf der Anklagebank saß, erfüllten die beiden anderen die Rollen des Anklägers und des Zeugen (69).
Neben Rechtsbeugung legt die Staatsanwaltschaft – aus Neutralitätsgründen durch die Aachener Behörde vertreten – dem 70-Jährigen ferner Strafvereitelung im Amt und Urkundenunterdrückung zur Last. Zwischen 2012 und 2016 soll der Angeklagte demnach in einem Verfahren statt gegen drei nur gegen zwei Beschuldigte ermittelt haben, durch Aktenmanipulation ein Verfahren verjähren lassen und ein weiteres gegen einen Notar nicht ordnungsgemäß betrieben haben. Der Angeklagte hatte über seine Verteidiger Jürgen Sauren und Philipp Stangier die Vorwürfe am ersten Verhandlungstag von sich gewiesen.
Das könnte Sie auch interessieren:
Der 69-Jährige, von 2014 bis 2016 als Hauptabteilungsleiter Vorgesetzter des Angeklagten in der Kölner Behörde, sagte die Arbeitsbelastung des Angeklagten zu jener Zeit sei „erheblich“ gewesen. Die Belastung habe bei 147 Prozent gelegen. Bedenke man ferner noch, dass die vom Angeklagten geleitete Wirtschaftsabteilung zeitweise auch nur zu 80 Prozent personell ausgestattet gewesen sei, ergebe das eine Arbeitsbelastung von rund 170 Prozent beim Angeklagten.
Allgemeine Unterbesetzung
Er hätte also dringend noch einen Kollegen mehr an seiner Seite gebraucht, um den Aufgaben gerecht werden zu können. Über die damalige Personalsituation sagte der Zeuge: „Die Bettdecke war überall zu kurz.“ Für einen leitenden Beamten gebe es in so einer Situation dann zwei Möglichkeiten: Entweder schreibe man eine Überlastungsanzeige und begründe sie genau, oder aber man nutze die Zeit, die das kosten würde, für „seine eigentliche Arbeit“, damit nicht noch mehr liegen bleibe. „Er hat sich bemüht, aber wenn die Decke zu kurz ist…“, sagte der 69-Jährige achselzuckend über den Angeklagten. Weiter sagte der Zeuge: „Es gab eine allgemeine Unterbesetzung, die sich über Jahre entwickelt hat.“
Der Prozess wird fortgesetzt. Kommende Woche sollen die Plädoyers gehalten werden und möglicherweise auch schon ein Urteil fallen.