„Wir sind alle unachtsam geworden“Kölner Ausstellung zu Justiz im „Dritten Reich“

Unter Richtern und Anwälten fanden die Nazis ein willfähriges Klientel
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Köln – „Sie sind ja ein schäbiger Lump.“ In diesem einen Satz ist zusammengefasst, worauf die Justiz in der Nazi-Diktatur fußte: Parteinahme, Hass und vorgefertigte Urteile. Roland Freisler, Präsident des Volksgerichtshofes, brüllte ihn in den Schauprozessen nach dem Hitler Attentat vom 20. Juli 1944 Graf Schwerin von Schwanenfeld entgegen. Da war das sogenannte Dritte Reich schon dem Untergang geweiht und sein Justizapparat eine auf Hochtouren laufende Unrechtsmaschinerie. Wie konnte es soweit kommen? Die Ausstellung „Justiz und Nationalsozialismus“ im Landgericht an der Luxemburger Straße gibt darauf Antwort.
Die Wurzel des Übels sei bereits im Kaiserreich gewachsen, sagt Stephan Wilms, Leiter der Dokumentations- und Forschungsstelle. Kaisertreu und demokratiefeindlich sei die Justiz unter den Hohenzollern gewesen. Und ein geschlossener Zirkel von Juristen habe darauf geachtet, dass es dabei bleibt. Diese Klientel habe Hitler nach der Weimarer Republik als Befreier empfangen. Da brauchte in zahlreichen Fällen gar nicht erst eine Beeinflussung stattfinden. In vorauseilendem Gehorsam lieferten die Richter, was der NS-Staat erwartete. Grundlage dafür war eine schwammige Gesetzes-Basis, geschaffen durch Begriffe wie „gesunden Volksempfinden“. Auf dieser Grundlage ließen sich willkürlich Todesurteile aussprechen und Sterilisationen anordnen. Auf ihr fußend konnte Freisler seine Hasstiraden in den Saal brüllen. Eine Entwicklung, die detailliert auf der zweiten Etage des Justizgebäudes zehn Stelltafeln entnommen werden kann.
Alles nur Geschichte? Bei der Eröffnung der Ausstellung sprach Pia Eckertz-Tybussek, Vorsitzende des Kölner Anwaltvereins, mahnende Worte: „Wir sind alle unaufmerksam geworden.“ Nur so sei der Skandal erklärbar, dass dem Rechtsausschuss des Bundestages ein AfD-Mitglied vorsitzen könne. „Ausgerechnet der Ausschuss, der für uns zuständig ist“, sagte die Anwältin.
Die Ausstellung „Justiz im Nationalsozialismus ist noch bis zum 24. August auf der zweiten Etage des Justizgebäudes an der Luxemburger 101, montags bis donnerstags von 8 bis 16 Uhr und freitags von 8 bis 15.30 Uhr zu sehen. Der Eintritt ist frei.