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Antragsflut nach ReformKölner müssen monatelang auf ihr Wohngeld warten

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Ein Stift liegt auf einem Wohngeldantrag auf einem Tisch.

Ein Stift liegt auf einem Wohngeldantrag auf einem Tisch. Die Wohngeldreform führt auch in der Wohngeldstelle der Stadt Köln zu einer Flut von Anträgen. (Symbolbild)

Die Wohngeldreform hat in Köln zu einer Flut von Anträgen geführt. Doch in der Wohngeldstelle der Stadt stapeln sich bereits 5000 unerledigte Anträge. Betroffene müssen lange auf ihr Geld warten.

Kölnerinnen und Kölner mit geringem Einkommen, die auf Wohngeld angewiesen sind, um ihre Miete bezahlen zu können, müssen momentan teils mehr als drei Monate auf die Auszahlung der Unterstützung warten. Und das in einer Zeit, in der die Strom- und Heizkosten enorm steigen und viele nicht wissen, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen. Die Stadt Köln kommt mit der Bearbeitung der Wohngeldanträge nicht hinterher. Und ab Januar droht sich die Lage weiter zu verschärfen.

Mehr als 5000 unerledigte Anträge

In der Wohngeldstelle stapeln sich zurzeit mehr als 5000 unerledigte Anträge, bestätigt Sozialdezernent Harald Rau der Rundschau. Bereits seit Oktober seien die Antragszahlen stark gestiegen. Grund: Am 1. Januar startet das von der Bundesregierung beschlossene „Wohngeld Plus“. Damit wird der Kreis der Menschen, die Anspruch auf Wohngeld haben, etwa dreimal so groß wie bisher, zudem gibt es höhere Zuschüsse. Da Wohngeldberechtigte auch den Heizkosten-Zuschuss II erhalten (415 Euro Einmalzahlung für einen Ein-Personen-Haushalt), nimmt die Zahl der Anträge angesichts der hohen Energiepreise derzeit sprunghaft zu.

Die Stadt hat sich selbst das Ziel gesetzt, 80 Prozent der Wohngeldanträge binnen zwei Monaten zu entscheiden. Ein Ziel, das laut Stadt „bis 2019 regelmäßig eingehalten wurde“, aber schon vor der Wohngeldreform verfehlt wurde. „Durch die Novelle zum 1. Januar 2020, als sich der Kreis der Anspruchsberechtigten bereits um etwa 20 Prozent erhöhte, und die Corona-Pandemie sanken die Erreichungsgrade“, räumt Rau ein. „Im Jahr 2020 lagen wir bei rund 58 Prozent, in 2021 bei 53 Prozent. Aktuell liegen wir bei 66 Prozent.“

Land NRW stellt Software zu spät bereit

Schlechter solle es nicht werden, sagt der Beigeordnete. Doch das wird schwierig. Aktuell beziehen rund 8000 Haushalte in Köln Wohngeld, nächstes Jahr werden es nach Schätzungen der Stadt rund 25 000 sein. Da braucht es für die Bearbeitung der Anträge weitaus mehr Personal als bisher. Momentan kümmern sich 45 Vollzeitkräfte darum.

Um den Ansturm zu bewältigen, will die Stadt möglichst schnell 157 neue Sachbearbeiter einstellen. Aber wie? „Die Personalgewinnung ist herausfordernd, weil alle Wohngeldstellen in Deutschland aktuell ihr Personal zur Bewältigung der Verdreifachung der Anträge erheblich aufstocken müssen“, sagt Rau.

Hinzu kommt, dass das Land NRW die neue Software zur Bearbeitung der „Wohngeld-Plus“-Anträge nicht pünktlich zum 1. Januar bereitstellt. Das Landesamt IT.NRW kann das Programm voraussichtlich erst im April 2023 liefern. Das sorgt in der Wohngeldstelle der Stadt Köln für Frust. Aus der Belegschaft heißt es: „Ohne die Software vom Land können zunächst keine Bescheide verschickt und Zahlungen angewiesen werden.“ Das sei im Sinne der Bürgerinnen und Bürger, aber auch der Kolleginnen und Kollegen „äußerst unbefriedigend“.

Bürger*innen müssen sich leider darauf einstellen, mehrere Monate auf die Auszahlung zu warten.
Sozialdezernent Harald Rau

Die Anträge werden nach Eingangsdatum bearbeitet. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Wohngeldstelle im Januar und Februar damit beschäftigt sein wird, die Altanträge abzuarbeiten, während neue Anträge aus dem verdreifachten Kreis der Anspruchsberechtigten erst mal auf Seite gelegt werden.

„Bürger*innen müssen sich leider darauf einstellen, mehrere Monate auf die Auszahlung zu warten“, kündigt Sozialdezernent Rau an. Wer 2022 einen Antrag gestellt habe, erhalte einen vorläufigen Bescheid. Dann werde ein Abschlag in Höhe der Rechtslage 2022 gezahlt. Sobald das neue Programm da sei, würden die Zahlungen automatisiert auf die neue Höhe nach Wohngeld-Plus-Gesetz umgestellt, mögliche Nachzahlungen geleistet und neue, endgültige Bescheide versandt. In besonderen Einzelfällen seien auch Vorschusszahlungen möglich, so Rau.


32,72 Millionen Euro Wohngeld hat die Stadt Köln in diesem Jahr an rund 8000 Kölner Haushalte ausgezahlt. Ende 2021 bezogen in Köln 7601 Haushalte Wohngeld, insgesamt wurden 27,48 Millionen Euro ausgezahlt. Das durchschnittliche monatliche Wohngeld pro Haushalt betrug in diesem Jahr 257,55 Euro und soll sich mit der neuen Gesetzeslage ab 2023 verdoppeln. Das führt in Köln laut Stadt zu einem Anstieg der Wohngeldzahlungen auf mehr als 150 Millionen Euro pro Jahr.

20 Hilfskräfte hat die Stadt Köln bereits eingestellt, um die Sachbearbeiter in der Wohngeldstelle zu entlasten. Sie sortieren die Anträge vor, damit die Fachkräfte der Verwaltung mehr Kapazität für die Bearbeitung der Anträge haben. Bevor die Unterstützung gezahlt werden kann, muss die Einkommenssituation der Antragstellenden von Rechts wegen überprüft werden. Wohngeld ist ein Zuschuss zu den Wohnkosten, den Bund und Land je zur Hälfte tragen. 2021 wurden rund 144 000 Haushalten in NRW knapp 403 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Sowohl Mieter als auch Eigentümer können den Zuschuss erhalten. Ob man Wohngeld bekommt und in welcher Höhe, richtet sich nach dem Einkommen und der Größe des Haushalts. Kein Wohngeld erhalten Menschen, die Sozialleistungen wie Bürgergeld, Grundsicherung oder Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach Sozialgesetzbuch XII beziehen.