AnalyseWas Kölns Kulturdezernent für die nahe Zukunft plant

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Stefan Charles vor dem neuen Zuhause des Stadtmuseums. 

Köln – „Ich glaube, es ist mir gelungen, mich einzuarbeiten.“ Gut 100 Tage ist Stefan Charles als Kulturdezernent im Amt. Seitdem immer in der Kölner Kulturszene unterwegs, um sich ein Bild der Lage zu machen – und um Kontakte zu knüpfen. Nun stellte er „strategische Perspektiven bis 2024“ und fünf Projekte seines „Arbeitsprogramms 2022“ vor. Einiges davon wurde definitiv von seiner Vorgängerin Susanne Laugwitz-Aulbach angestoßen, manches davon schon vor Jahren.

Mehr Tanz

Etwa, dass jährlich „100 zusätzliche Aufführungen und Veranstaltungen“ in der Sparte Tanz der Bühnen ermöglicht werden sollen. Der Ort dafür wäre das Depot – aber dafür müsste zunächst vom Rat anhand des „actori“-Gutachtens beschlossen werden, dass das Carlswerk weiter genutzt werden soll – und wenn ja, in welcher Form, die freie Szene und Festivals dort ein Zuhause finden. Noch viel wichtiger: Die Schlüsselübergabe der sanierten Häuser am Offenbachplatz muss wie derzeit geplant im ersten Quartal 2024 geschehen – der Spielbetrieb würde dann frühestens Ende des dritten oder erst im vierten Quartal beginnen können. Fraglich, ob parallel das Depot für seine neue Nutzung ertüchtigt werden kann.

Mehr Synergien

Eine gute Idee: ein Verbund der historischen Museen der Stadt: Römisch-Germanisches Museum, Stadtmuseum, MiQua und NS-Dok sollen Synergien entwickeln. Charles könnte sich „gemeinsame pädagogische Arbeit“, vielleicht auch in einem noch zu bauenden „Learning-Center“ vorstellen. Oder ein gemeinsames Ticketsystem.

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Stefan Charles 

Auch ein Zentraldepot (50 000 Quadratmeter groß, in der Peripherie gelegen) sei durchaus denkbar, „aber nicht nur als bessere Lagerhalle“, sondern als „Schaudepot“, das etwa von Schulklassen besucht werden könne.

In den einzelnen Häuser solle die „Besucherzufriedenheit“ ermittelt werden – um durch mögliche Verbesserungen die Besucherzahlen zu steigern. Vorstellbar sei ein Plus von bis zu zehn Prozent, so Charles, auf 1,1 Millionen.

Mehr Räume für freie Szene

100 Ateliers und Probenräume will der Beigeordnete schaffen. „Es fehlen Flächen für alle Sparten.“ Damit wolle er „ein Zeichen setzen. Daran können Sie mich messen.“ Die Gebäude seien da, „sie müssen nur aktiviert werden“. Zur Zeit verhandle man gerade über die Anmietung eines Gebäudes.

Projekte für 2022

Zunächst einmal will Charles die Strukturen seines Dezernates auf den Prüfstand stellen und entsprechend verändern. „Es ist sehr wichtig, dass wir noch einmal genau verstehen, wo liegt unser Auftrag? Wie können wir die Ziele erreichen? Sind wir dafür richtig aufgestellt?“

Dann freut er sich, dass nun der Ratsbeschluss gefasst werden kann, das das Zentrum für Alte Musik in Ehrenfeld erweitert werden und das legendäre elektronische Studio des WDR dort aufgebaut werden kann.

Auf seiner Agenda steht, die Verleihung des Deutschen Jazzpreises nach Köln zu holen, um Köln als Jazzstandort aufzuwerten. Ebenfalls auf seiner Agenda 2022: die Eröffnung der Interimsstätte des Kölnischen Stadtmuseums im ehemaligen Modehaus Sauer. Und natürlich die Benin-Bronzen, die derzeit noch im Rautenstrauch-Joest-Museum lagern und in diesem Jahr an Nigeria zurückgegeben werden sollen. Und es solle „wissenschaftlich seriös“ weitergeforscht werden, welche anderen Artefakten – auch in anderen Häusern – möglicherweise zurückgegeben werden müssten.

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Gab es in den ersten 100 Tagen auch Unangenehmes zu verarbeiten? „Dass wir Corona definitiv nicht überstanden haben, wir können die Häuser nicht einfach so offen halten, wie wir das wollen. Man kann ja jetzt nicht guten Gewissens eine geplante Marketing-Kampagne starten, mit der wir die Leute wieder in die Kulturinstitutionen holen wollten.“

Ebenfalls ein großes Problem seien die verschiedenen Kulturbauten: „Wir haben da eine extrem hohe Komplexität – und das ist hart, weil diese Projekte mit vielen Problemen behaftet sind und das sich nicht so schnell lösen lässt.“ Gut sei aber, dass mit den Planungen zur Sanierung des Komplexes Museum Ludwig/Philharmonie „nicht erst um fünf vor 12“ angefangen werde. Mit dem Baudezernenten Markus Greitemann telefoniere er täglich.

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