Ariana Grandes Auftritt in KölnMit dem Gefrierbeutel zur großen Show

Ariana Grande live auf der Bühne.
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Köln – Die Umsetzung verschärfter Sicherheitsbedingungen fordert von Rock- und Pop-Fans seit Längerem Verzicht: auf überdimensionale Rucksäcke, große Handtaschen oder das Mitbringen von Motorradhelmen. Als Ariana Grande am 22. Mai 2017 im englischen Manchester auftrat, starben beim Terroranschlag in der Konzerthalle 23 Menschen, mehr als 500 Besucher wurden verletzt. Für die seit März laufende „Sweetener“-Tour der 26-Jährigen müssen Fans komplett auf Handtaschen und Rucksäcke verzichten. Nur durchsichtige Plastiktaschen und Gefrierbeutel mit Zipp-Verschluss und einem maximalen Fassungsvermögen von drei Litern sind zugelassen. So auch Sonntag in der Lanxess-Arena, beim ersten von vier Konzerten in Deutschland.
Ariana Grande sagt im Vorfeld VIP-Events ab
Soll man den Sinn und Zweck dieser Maßnahme bezweifeln? Oder den Mut derjenigen bewundern, die sich trotzdem wieder auf die Bühnen dieser Welt wagt? Obschon sie, wie sie bekannt gab, an Panikattacken und Angstzuständen leidet? Und deshalb auch in Köln, wie schon zuvor in Belgien, die VIP-Events im Konzertvorfeld (die so genannte „Soundcheck-Party“ und ein Meet & Greet) kurzfristig absagte.

Ariana Grande bei ihrer Show.
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Nein. Soll man nicht. Weil das mit den Klarsicht-Beuteln tatsächlich vielen Besuchern das Gefühl von (mehr) Sicherheit vermittelt hat. Auch wenn das längere Wartezeiten bedeutete. Und, umwelttechnisch, nicht über jeden Zweifel erhaben ist. Wer klebt die Teile, im Zeitalter des Bloggens, noch hinterher ins analoge Tagebuch? Und bewundern muss man sie unbedingt, die 1,53 Meter kleine Große, die sich dann, im Laufe des Konzerts, sogar direkt ins Publikum begab. Als Table-Dancerin in der Mitte der in zwei Hälften geteilten VIP-Goldgrube direkt vor der Bühne. Wie wild mag ihr Herz wohl dabei geschlagen haben? Was hat sie gefühlt?
Grande bietet mehr als perfektes Posing
Dass nicht nur das Konzert in der Kölner Arena ausverkauft war, sondern auch für die Konzerte in Hamburg und Berlin kaum noch Karten zu bekommen sind, macht zudem deutlich: Auch Grande-Fans lassen sich keineswegs ins Bockshorn jagen. Und werden dafür mit einer Show belohnt, die fast zwei Stunden dauert und keinen Moment Langeweile aufkommen lässt. Mit einer Protagonistin, die wesentlich mehr drauf hat, als nur perfektes Posing. Wie bei „7 Rings“, wenn sie sich auf der Kühlerhaube eines pinkfarbenen Straßenkreuzers räkelt, den Rücken zum Bogen spannt, den Kopf in den Nacken legt. Die Kehle entblößt, ihr makelloses Profil zeigend, gerahmt von Haar, das schimmernd wie Seide herabwallt.
Und die auch noch viel mehr kann, als fast die komplette Zeit – fünf Einspieler garantieren Atem- und Umziehpausen – auf Schuhwerk in Bewegung zu sein, das aufgrund von Spitze, Höhe und Enge andernorts locker als Folterwerkzeug durchginge. Sie singt. So gut wie kaum eine andere. Sie spielt mit Koloraturen und lässt Klangfarben funkeln wie Edelsteine, ihre Stimme hat Fülle, Tiefe und Timbre, ist lyrisch, dramatisch und erdig, rau, süß und elektrisierend. Ein Vier-Oktaven-Stimmwunder.
Im Hintergrund leuchten die Planeten
Grande bietet einen Querschnitt aus ihren bislang fünf Alben, von „Right There“ über „Break Free“ und „Side to Side“ bis hin zu „Breathin“ und „No Tears Left to Cry“. Auch „Boyfriend“ mit dem Duo Social House fehlt nicht. Vor dem Hintergrund von Planeten, die sich in Wasserwellen oder in Wahrsagekugeln verwandeln, hüpft sie mit ihren Tänzern über den halbkreisförmigen Catwalk, als sei das ein Kindergeburtstag. Aber man darf sich nicht täuschen. Das hier war harte Arbeit. Und eine Mutprobe obendrein.