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„Arsen und Spitzenhäubchen“ in KölnKomödien-Klassiker unter der Klamauk-Dampfwalze

Lesezeit 3 Minuten
Arsen und Spitzenhäubchen

Rüschen mit Bart: Nikolaus Benda (l.) und Benjamin Höppner als Abby und Martha.

Köln – Wenn bei einer Komödie den ganzen Abend kaum gelacht wird, ist etwas falsch gelaufen. Die Frage ist nur, an welcher Stelle Regisseur Jan Neumann bei seiner Inszenierung von "Arsen und Spitzenhäubchen" fürs Schauspiel Köln vom rechten Weg abgekommen ist. Denn eigentlich kann man bei einem so oft erprobten Klassiker nicht viel verkehrt machen. Eigentlich...

Die Story zur Erinnerung: Theaterkritiker Mortimer entdeckt, dass seine beiden Tanten Abby und Martha, die ihn und seine beiden Brüder großgezogen haben, Massenmörderinnen sind und im Keller ihres Hauses zwölf Leichen vergraben haben. Bei Mortimers Versuch, die alten Damen vor dem Gefängnis zu bewahren, kommen ihm seine Verlobte, mehrere Polizisten und vor allem sein mordender Bruder Jonathan (schön fies: Mohamed Achour) und dessen Komplize Dr. Einstein in die Quere...

Kurzfristig ins Programm genommen

Das Schauspiel hatte das Stück kurzfristig ins Programm genommen, nachdem Rainald Grebe sein Projekt "Effzeh! Effzeh!" aus Krankheitsgründen absagen musste. Für das bereits eingeteilte Ensemble bot sich "Arsen und Spitzenhäubchen" an. Und Stefko Hanushevskys über die Bühne tobender Mortimer ist eine Besetzung, die nicht nur naheliegend, sondern schlicht und ergreifend perfekt ist. Allein sein "Schreien ohne Stimme" ist großes Theater-Kino. Um ihn herum hätte man mit den anderen tollen Kollegen einen Abend stricken können, der einem so gut funktionierenden Komödien-Uhrwerk zur Ehre gereicht hätte. Aber Neumann und Dramaturgin Nina Rühmeier gefiel die Idee, Abby und Martha von Männern spielen zu lassen.

Allerdings, so Rühmeier im Vorgespräch mit dieser Zeitung, sollten Nikolaus Benda und Benjamin Höppner "es relativ neutral spielen". Es sollte eine Beiläufigkeit erzeugt werden, so dass es nicht mehr darauf ankäme, dass da zwei Kerle in den viktorianischen Kostümen (von Nini von Salzem) stecken.

Aber Höppner und Benda könnten - allem Charme und aller Spielfreude zum Trotz - von Beiläufigkeit nicht weiter entfernt sein. Sie tragen zu Rüschenblusen Voll- bzw. Fünf-Tage-Bart, und wenn sie in den Bass wechseln, bedienen sie letztlich den ältesten Travestiewitz der Welt.

Bei Rollen das Geschlecht zu tauschen, kann einem Werk neue Aspekte abgewinnen. Bei "Arsen" wird daraus nur unnützer Nonsens, zusätzlich verstärkt, in dem einige männliche Parts von Kolleginnen übernommen werden - wobei Annika Schilling als Dr. Einstein eine gute Figur macht - und einige Rollen wiederum nicht überkreuz besetzt sind.

Aber das größere Manko ist, dass Neumann nicht einfach dem Text vertraut. Autor Joseph Kesselring hat 1939 eine gut geölte Komödienmaschine geschaffen (1941 mit Cary Grant verfilmt), wo jedes einzelne Zahnrad ins andere greift. Im sympathisch unfertigen Bühnenbild (von Dorothee Curio) im Depot 1 scheinen aber alle nur unter Strom zu stehen. Der clevere Plot, die gut geschriebenen Dialoge und die komischen Gags werden von einer Klamauk-Dampfwalze platt, jeder Ansatz von leisem Zwischenton von ohrenbetäubender Hysterie mundtot gemacht.

Der Premierenapplaus im Depot 1 war nicht unfreundlich, aber es hatten schon einige Zuschauer zuvor die Segel gestrichen.

105 Min ., wieder am 6., 7., 11. und 12.7., jeweils 19.30 Uhr, Schanzenstr. 6-20, Karten-Tel.: 0221/22128400.