Bekannt wurde David Sedaris mit Büchern wie „Fuselfieber“ oder „Ich eines Tages sprechen hübsch“. In Köln war er jetzt mit zwei neuen Werken.
Buchvorstellung in KölnDavid Sedaris schreibt über den Tod seines Vaters

David Sedaris beim Interview im Dorint-Hotel.
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„Er wollte nur, dass wir wussten, unsere Körper gehörten mindestens so sehr ihm wie uns.“ Es sind ungewöhnlich dunkle Töne, die David Sedaris in seinem neuen Buch „Bitte Lächeln“ und dem zweiten Band seiner Tagebücher (siehe Text am Seitenende) anschlägt, die er jetzt auf Einladung der Lit.Cologne in Köln vorstellte. Einer von mehreren roten Fäden behandelt den Tod seines Vaters, mit dem sich der US-amerikanische Autor („Fuselfieber“) nie gut verstanden hat.
In all seinen Büchern hat Sedaris nicht nur sein eigenes Leben literarisch verarbeitet, sondern auch das seiner Eltern und fünf Geschwister. Und meistenteils beschrieb er Situationen, in denen es reichlich zu lachen gab.
Streit ums Erbe
„Als meine Schwester Tiffany starb – die zeit ihres Lebens sehr anstrengend war – gab es plötzlich eine Lücke. Denn ein Thema mit meinen Geschwistern war, was Tiffany wieder angestellt hat“, erzählt der 66-Jährige im Rundschau-Gespräch im Dorint-Hotel. „Und dann starb mein Vater, der wie eine Sonne war, die wir umkreisten – allerdings nicht im positiven Sinn. Danach fiel meine Familie praktisch auseinander.“
Nach wie vor steht ihm seine Schwester Amy Sedaris, die Schauspielerin, sehr nahe. „Aber mein Vater hinterließ eine Menge Landminen. Er strich mich aus seinem Testament und nur die anderen vier erbten, er hinterließ zehn Millionen Dollar. Amy sagte den anderen dreien, ich müsse auch etwas bekommen. Aber eine Schwester sagte Nein, bot mir aber an, dass wir gemeinsam eine Therapie machen könnten. Seitdem habe ich nicht mit ihr gesprochen.“
Und man merkt dem ansonsten nie über eine witzige Bemerkung verlegenen Sedaris in diesem Moment an, wie sehr ihn das belastet. „Mir ging es nicht um das Geld“, macht er dabei unmissverständlich klar.
Shorts für 2000 Dollar
Wie auch: Seine Bücher verkaufen sich millionenfach, mit seinem Partner Hugh hat er Wohnsitze in New York, North Carolina und im englischen West-Sussex. Zum Interview kommt er in einem Hemd seiner Lieblingsmarke Comme des Garçons und einer Shorts von Paul Harnden. „Die hat 2000 Dollar gekostet“, erzählt er mit einem Hauch Schuldbewusstsein.
Doch er kann auch bodenständig: Im nächsten Atemzug schwärmt er von einem Waschsalon, in dem er gerade in Köln einkehren musste. „Ich hatte die Tage einen in Zürich ausprobieren worden, aber er war erstens komplett voll, und die Leute dort haben sich lauthals gestritten. Hier war jeder so freundlich und hilfsbereit. Und es war überhaupt nicht teuer.“
Analoges Shopping
Ein anderes großes Thema der Bücher ist der Lockdown. Wobei für Sedaris das Schwierigste war, dass er nicht shoppen gehen konnte. „Ja, das war so“, gibt er zu und grinst. „Aber dazu fanden in New York auch die Black-Lives-Matter-Proteste statt. In unserem Apartment hörten wir splitterndes Glas und davon, dass Geschäfte ausgeraubt wurden. Ich hatte Angst, dass meine Lieblingsläden danach für immer schließen müssten.“
Das klingt natürlich ziemlich abgehoben und ein wenig albern. Doch Sedaris macht klar: „Ich kaufe nichts bei Amazon, ich gehe in Geschäfte. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie viele Pakete bei uns im Haus in New York tagtäglich angeliefert werden. Dann geht man zum zwei Blocks entfernten Bloomingdale's, und der Laden ist leer. Und ich denke: Kriegt doch bitte Euren Arsch hoch und geht zu Bloomingdale's!“
Jede Menge derber Witze
Diese Kombination aus einem Gag und einem ernsten Anliegen zieht sich Sedaris Werk – doch gerade in den Tagebüchern hat man das Gefühl, hier würde er es richtig krachen lassen. Da gibt es Witze über Juden, rassistische Gags und solche, die selbst Hartgesottene schlucken lassen. Munter wird immer wieder für Sinti und Roma das Z-Wort benutzt – und das ganz ohne Warnhinweis des Verlages.
„Ein junger Mann kam nach einer Lesung in Schottland, er fühle sich dadurch angegriffen, er sei zu einem Fünftel ,gipsy'. Worauf ich ihm gesagt habe: Das ist doch jeder!“ Sedaris weiß, dass er mit manchen seiner Witze Grenzen überschreitet. „Manchmal wage ich mich nur mit einer Zehe drüber, vielleicht mal mit einem Arm. Aber das ist mein Job!“
Neue Geschichten und Tagebucheinträge
„Bitte Lächeln!“ versammelt insgesamt 18 Geschichten, von denen 13 zuvor unter anderem in US-amerikanischen Zeitschriften erschienen sind. Themen sind die Waffengewalt in den USA, der zunehmende Verfall seines Vaters, aber auch die aus westlicher Sicht bizarren Flohmärkte in Ost-Europa (Karl Blessing Verlag, 288 S., 24 Euro).
„Kleine Happen“ sind Auszüge aus den Tagebüchern die Sedaris zwischen 2003 und 2020 führte (Karl Blessing Verlag, 656 S., 26 Euro). In Sachen Tagebuch ist er sehr diszipliniert. „Ich schreibe jeden Morgen.“ Basis sind die Notizen, die er sich am Tag zuvor auf einem kleinen Blöckchen gemacht hat. Das trägt er ständig bei sich, um etwa die schrägen Dinge zu notieren, die ihm andere Leute erzählen.