c/o pop in KölnZweite Digital-Ausgabe des Musikfestivals überzeugt

Alice Phoebe Lou bei ihrem Auftritt
Copyright: Screenshot: Dominic Röltgen
Niemand kann sie leiden, diese Menschen, die sich auf Konzerten lautstark mit anderen Besuchern unterhalten müssen. Wirklich niemand! Und dennoch: Ein wenig vermisst man sie ja schon bei der am Donnerstag gestarteten zweiten Ausgabe von c/o pop xoxo, der Online-Version des Kölner Musikfestivals, die Möglichkeit, sich mit den anderen Zuschauern auszutauschen. Zumal das miteinander Chatten im Gegensatz zum miteinander Quatschen ja auch völlig geräuschlos vonstattengehen würde.
Zappen statt pendeln
Das Fehlen eines solchen Chatraums ist dafür aber auch der einzige größere Kritikpunkt, den sich das „c/o pop“-Team gefallen lassen muss. Denn mit „xoxo“ (wird „iks oh iks oh“ und nicht etwa „ksokso“ ausgesprochen) haben Festival-Gründer Norbert Oberhaus und sein Team bereits bei der Premiere im vergangenen Herbst gezeigt, dass Streaming mehr sein kann als das bloße Festhalten eines Auftritts auf Video. Stattdessen schafft es das Format mit innovativen Ideen zumindest ein bisschen Festivalstimmung aufkommen zu lassen.

Musiker Bosse, der beim Tischtennisspielen über seine nächste Platte plauderte.
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Am Donnerstag, dem ersten von zwei musikreichen Tagen, lässt sich vor allem die Qual der Wahl zu haben gut mit einem richtigen Festival vergleichen. Bloß dass man hier nicht zwischen verschiedenen Bühnen hin- und herwechseln muss, sondern zwischen den zwei Kanälen, die kostenfrei angeboten werden, herumzappen kann.
Bleibt man nun beim fantastischen Auftritt von Alice Phoebe Lou, der in der Kulturkirche Nippes aufgezeichnet wurde? Oder gibt man auf dem zweiten Kanal K.ZIA und der anschließenden Tuvaband eine Chance? Groß ist die Gefahr bei der Fülle an angebotenen Konzerten, dass einige unbekanntere, dafür aber hochkarätige Highlights wie etwa das zärtlich-intime Duo „Gazelle + the Bear“ oder die stimmgewaltige Augsburgerin „LIENNE“ nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die sie eigentlich verdient hätten.

Gazelle & the Bear
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Aber auch hier gibt’s einen digitalen Vorteil: Sämtliche der in der Regel 15- bis 30-minütigen Formate lassen sich anschließend auf YouTube immer und immer wieder anschauen. Dann auch mit Pause-Funktion. Eine solche wird nämlich während der quasi Live-Übertragung wie im richtigen Leben nicht angeboten.
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Einen besonderen Mehrwert gegenüber einem herkömmlichen Festival liefert c/o pop xoxo allerdings mit den Formaten abseits der Live-Mitschnitte. Diverse Expertenrunden, Interviews und Specials runden die zwei Tage (eigentlich sogar drei, findet am heutigen Samstag doch die c/o pop Convention statt) gelungen ab. Dass man etwa Chilly Gonzales im Bett liegend sehen, Bosse beim Ping-Pong-Spielen mit Bianca Hauda und gleichzeitigem Sinnieren über ein kommendes Album zuhören oder die Jungs von Bukahara bei einer Schnitzeljagd durch Ehrenfeld begleiten kann, gehört ganz bestimmt nicht zum normalen Festival-Feeling dazu.
Ein Zusatz für die Zukunft?
Gerade diese Formate lassen am Ende aber hoffen, dass das „c/o pop“-Team auch nach der Pandemie am „xoxo“-Format festhält. Zumindest in abgespeckter Version als Ergänzung zum eigentlichen Festival außerhalb des Internets. So abwechslungsreich Streaming auch sein kann, sehnen wir uns wohl doch alle nur nach einem: endlich wieder richtigen Konzerte beiwohnen zu können. Wahrscheinlich werden einem das dann noch nicht einmal die berüchtigten Quasselstrippen miesmachen.