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„Color Grading Studio“ in Köln-OssendorfSo bekommen Filme den letzten Farbschliff

Lesezeit 3 Minuten

Swen Linde bei der Farbveredlung eines Films

Ein bisschen futuristisch sieht es schon aus, das neue Studio im MMC Komplex in Köln-Ossendorf: eher wie das Cockpit eines Raumschiffs denn wie der Arbeitsplatz eines hoch spezialisierten Filmveredlers. Denn nun haben die MMC Studios nicht nur die zwei höchsten Aufnahmehallen der Welt, in denen man dreistöckige Häuser aufbauen oder einen Zeppelin nachbauen kann. Mit „The Suite“ verfügen sie jetzt auch über eines der weltweit modernsten Color Grading Studios.

„Unsere Kunden“, erzählt Bastie Griese, Chef der MMC-Filmproduktion, stolz, „können hier ihre Filme durch eine detaillierte Farbkorrektur nachbearbeiten lassen. So erhalten sie, bevor sie ins Kino kommen, den letzten Schliff.“

Auch digitale Bilder wirken natürlich

Und Swen Linde, Geschäftsführer des Kölner Postproduktions-Dienstleisters „WeFadeToGrey“, der als strategischer Partner von MMC diese Aufgabe übernommen hat, sitzt nicht nur am Pult mit seinen drei Monitoren, sondern blickt auch auf eine 40 Quadratmeter große Leinwand, auf die das Objekt der Bearbeitung projiziert wird. „So können wir“, ergänzt Linde, „den Film unter realistischen Bedingungen bearbeiten, noch präziser und vor allem augenschonender und damit ermüdungsfrei.“

Das hochkomplexe Cockpit

Vor allem aber können die Regisseure und Kameraleute das Material schon parallel zu den Dreharbeiten in Echtformat ansehen. Und wenn die Verantwortlichen dann zur Sender- oder Verleihabnahme in den 40 komfortablen Kinostühlen Platz nehmen, dann sehen sie nicht nur, was der Zuschauer später im Kino sieht, sondern sie hören es auch.

Denn in „The Suite“ wurde auch das neueste Dolby-Atmos-System installiert, das bisher nur in den modernsten Kinos zu finden ist und das die Sessel bei basslastigen Tonlagen geradezu zum Vibrieren bringt.

Aktuelle Projekte

„The Operative“ ist eine internationale Produktion des preisgekrönten israelischen Regisseurs Yuval Adler, der letzten Sommer mit seinen Hauptdarstellern Diane Kruger und Martin Freeman in den MMC-Studios gedreht hatte. Danach wurde das Color Grading dem Kölner Anbieter „WeFadeToGrey“ anvertraut.

Gleiches gilt für Neele Leana Vollmar. Sie lässt ihre Kinderbuchverfilmung „Mein Lotta-Leben“ hier ebenso farblich nachbearbeiten wie Tim Trachte seine Kinoversion von Jessica Kochs Bestseller „Dem Horizont so nah“. Aber das sind nicht die einzigen Produktionen, die die Auftragsbücher bei MMC im ersten Halbjahr schon fast platzen lassen. Auch „Benjamin Blümchen“ ist ab 11. März in Ossendorf angemeldet. (rrh)

Da werden gleich Erinnerungen an das in den 1970er Jahren bei Katastrophenfilmen wie „Erdbeben“ ausprobierte Sensurround-Verfahren wach. Aber das ist nur ein technischer Nebeneffekt. Der soll keinesfalls von der Hauptaufgabe des Color Grading Studios ablenken, unter dem man sich so etwas wie einen „Photoshop“ für bewegte Bilder vorstellen kann. Swen Linde und seine Mitarbeiter können präzise auf die Wirkung verschiedener Farben eingehen, sie mit der Gesamt-Farbpalette abstimmen.

Auch können sie Licht- und Wettersprünge während der Dreharbeiten farblich ausgleichen. Analoges Material muss allerdings erst gescannt werden, ehe man es bearbeitet. „Aber von 20 Hollywood-Filmen wird heutzutage nur noch einer auf 35 Millimeter gedreht“, bedauert Linde ein wenig. „Dafür sind wir aber in der Lage, computergenerierten Bildern mit einer sogenannten ,Körnigkeit’ einen analogen Look zu verleihen.“ Natürlich ist das alles sehr aufwendig, und man hätte deshalb oft gerne mehr Muße für die Farb-Nachbearbeitung als die üblichen zehn Tage.

Nur wenige Produktionen hierzulande, wie „Der Medicus“ und „Jim Knopf und der Lokomotivführer“, gönnen sich die doppelte Zeit. „Große Hollywood-Produktionen investieren Monate ins Color Grading“, sinniert Linde sehnsuchtsvoll.

Gleichwohl ist man bei MMC stolz auf die Neuerwerbung, macht „The Suite“, die mit der „Lounge“ auch eine kleine Schwester als gemütlichen Aufenthaltsraum für die Filmteams bekommen hat, doch den Medienstandort Köln und das Land mit der höchsten Filmförderung Deutschlands noch attraktiver.

Selbst Hollywood kann man mit „The Suite“ Paroli und eine zweite Heimat bieten.