Der Meister des FederleichtenDer Komponist Burt Bacharach stirbt mit 94 Jahren – ein Nachruf

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(FILES) In this file photo taken on May 24, 2006 US composer Burt Bacharach and singer Dionne Warwick perform during the American Idol Season 5 Finale  in Hollywood, California. - Legendary pop composer Bacharach, who produced a string of hit songs over decades, has died in Los Angeles at age 94, US media said on February 9, 2023. His publicist said Bacharach, who worked with stars such as Dionne Warwick and wrote hits including "Walk on By" and "Do You Know the Way to San Jose," died of natural causes. (Photo by VINCE BUCCI / GETTY IMAGES NORTH AMERICA / AFP)

Der Komponist und seine Muse: Burt Bacharach und Dionne Warwick.

Auf sein Konto gehen zahllose Lieder, die seit den 60er Jahren immer wieder auch Hits wurden: Burt Bacharach, der jetzt im Alter von 94 Jahren starb. Ein Nachruf

Federleicht – das ist das Wort, was einem in den Sinn kommt, wenn sich die Lieder von Burt Bacharach wieder einmal ins Ohr winden und über Stunden oder Tage nicht verschwinden wollen. „I say a little prayer“, „Do you know the way to San José?“, „This guy’s in love with you“: Unzählige Hits gehen auf sein Konto. Nun ist Burt Bacharach im Alter von 94 Jahren in Los Angeles gestorben. Easy Listening, leichte Unterhaltung, so kommen seine Lieder, von denen für die meisten Hal David (1921−2012) die Texte verfasste, daher.

Und sie alle eint der typische Bacharach-Sound, der an Models in ultrakurzen Röcken, an Longdrinks in schillernden Farben, klirrende Eiswürfel und endlos lange Cabriolets denken lässt. Es ist der Sound der 60er, der elegante Gegenentwurf zum hippiesken „Summer of Love“ und drogenbefeuerten Rockexperimenten. Sofort identifizierbar Und so sehr seine Lieder in die Zeit ihrer Entstehung passten, trugen sie doch gleichzeitig etwas Ewiggültiges in sich.

Bacharach-Songs sind praktisch immer sofort als solche identifizierbar, klingen aber auch in den Neuaufnahmen Jahrzehnte später immer noch frisch und überraschend, beziehungsweise bieten sie eine unzerstörbare Basis, die alle Arten von Interpretationen zulässt: von Discodiven wie Gloria Gaynor, Soul-Größen wie Isaac Hayes, von Jazzern wie Stan Getz oder dem Avantgardemusiker John Zorn. Auf dem von diesem 1997 kuratierten Tributalbum sind Lieder wie „Close to you“, „Alfie“ oder „What the world needs now“ fast bis zur Unkenntlichkeit verfremdet. Ihren Kern, ihr Herz verlieren sie allerdings nie. Aus solchen Gründen Bacharach in einem Atemzug mit George Gershwin oder Cole Porter zu nennen, ist deshalb mehr als legitim.

In deren Tradition agiert der am 12. Mai 1928 in Kansas City, Missouri als Burt Freeman Bacharach Geborene auch Zeit seines Lebens. Nach seiner Armeezeit, die er zum Teil in Deutschland verbrachte, arbeitete er zunächst als Pianist für den Crooner Vic Damone.

Später wurde er Marlene Dietrich empfohlen, die er bei ihren Nachclubauftritten und im Plattenstudio begleitete. Einige ihrer besten Aufnahmen entstanden in den früher 60er Jahren unter seiner Leitung.

Hal David hatte er schon 1957 getroffen und war mit ihm 1963 eine Songschreiber-Partnerschaft eingegangen. Sie gehörten in den Dunstkreis des legendären New Yorker Brill Buildings, wo auch viele andere Komponisten und Texter ihrer Arbeit nachgingen. King/Goffin, Leiber/Stoller oder Sedaka/Greenfield waren genauso wie Bacharach/David Synonym für erfolgreiche Hitlieferanten.

1961 hatte Bacharach Dionne Warwick entdeckt, 1962 erschien mit „Don’t make me over“ die erste gemeinsame Erfolgssingle. In den nächsten 20 Jahren verkauften sich ihre Aufnahmen seiner Kompositionen mehr als 12 Millionen mal, 22 Lieder wurden Top 40 Hits in den USA. In Großbritannien gehörten Dusty Springfield oder Cilla Black zu den regelmäßigen Abnehmern.

Nachdem sich Ende der 60er Jahre die Singer/Songwriter etablierten, brach die Erfolgssträhne von Bacharach und Hal David ab. Die beiden trennten sich. Und auch Dionne Warwick orientiert sich musikalisch neu.

Zurück in den Charts fanden sich seine Lieder erst, als er sich mit seiner späteren Ehefrau Nummer drei, Carole Bayer Sager, musikalisch zusammentat. Für „Arthur’s theme“ gewannen die beiden zusammen mit Christopher Cross und Peter Allen einen Oscar.

Und „That’s what friends are for“ war 1985 nicht nur nach Jahren der getrennten Wege der erste Song, den Dionne Warwick wieder einspielt. Ihre Aufnahme mit Elton John, Stevie Wonder und Gladys Knight brachte drei Millionen Dollar für die AIDS Forschung ein.

Für den Film „Grace Of My Heart“ hatten die Produzenten 1996 die Idee, Songschreiber verschiedener Generationen als Teams zusammenzubringen. Burt Bacharach lieferte mit Elvis Costello und dem Lied „God give me strength“ nicht nur den musikalischen Höhepunkt. Die beiden schufen danach ein grandioses gemeinsames Album. Wie alles aus seiner Feder klingen auch diese zwölf neuen Lieder auf „Painted From Memory“ zeitlos und gleichzeitig neu, tief und federleicht.

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