Der neue Roman von Martin SuterWelche Rätsel gibt der Schweizer seinen Lesern auf?

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Autor Martin Suter lächelt

Im Mai wird Martin Suter sein neues Buch „Melody“ in Köln vorstellen.

Endlich wieder ein „richtiger Suter“ mögen die Fans denken, nachdem der Schweizer zuletzt über Bastian Schweinsteiger und mit Benjamin von Stuckrad-Barre geschrieben hatte. Jetzt erscheint„ Melody“.

„In Ihrem Alter fand ich es immer widerlich, wenn alte Männer von Sex redeten.“ Aber das hält den 1938 geborenen Peter Stotz nicht davon ab, dem Juristen Tom Elmer von seiner großen Liebe zu berichten. Der 54 Jahre jüngere Mann hört mehr und mehr gebannt zu. Und so blättert Martin Suter in seinem heute erscheinenden Roman „Melody“ im Tagebuch einer unerfüllten Leidenschaft.

Stotz, eine einflussreiche graue Eminenz der Schweizer Politik, hat nicht mehr lange zu leben. Der arbeitslose und finanziell klamme Tom soll das Archiv des Todkranken sichten und alles Unangenehme im „Kröpfchen“ eines Papierschredders verschwinden lassen. Auf dass der Nachwelt ein möglichst positives Bild des Verstorbenen präsentiert werden kann. Den Schein wahren, Fassaden in Schuss zu halten – dies scheint Stotz’ Lebensthema gewesen zu sein.

Die Liebe stellt das Leben auf dem Kopf

Als er mit Anfang 40 die viel jüngere Melody trifft, wird sein Leben auf den Kopf gestellt: „Die Liebe hatte mich überrumpelt.“ Aus den Angeln gehoben wird seine Existenz, als die Angebetete kurz vor der geplanten Hochzeit verschwindet.

Die Suche nach der verlorenen Liebe und die Frage nach dem Warum bestimmen fortan sein Handeln: Ist die Muslima von ihrer streng religiösen Familie nach Marokko entführt oder gar ermordet worden? Oder hat sie sich zu einer entfernten Bekannten nach Fernost abgesetzt? So oder so, der Verlassene ist sich des Mitleids seines Umfeldes sicher und kann vermeiden, nicht als der gehörnte Ehemann in spe zum Gespött zu werden. Und wie immer in seinem Leben: Geld spielt keine Rolle.

So richtet sich Tom als Untermieter in der edlen Villa von Peter Stotz ein, findet Geschmack an der Tatsache, dass der Butler allzeit bereit ist, ein PS-starker Fuhrpark zur Verfügung steht und die Haushälterin über exzellente Kochkünste verfügt. Es wird feudal getafelt und Alkohol aus ganz bestimmten Jahrgängen mehr als nur genossen. Mit eleganter Stimme schafft Martin Suter ein Ambiente, in dem man gerne ein wenig verloren geht.

Unterwegs auf alten Pfaden

Während Tom von all den Köstlichkeiten immer mehr zunimmt, hat auch der Leser die Aufzählung der üppigen Speisenfolgen irgendwann fast über. Bevor das passiert, lässt Suter den alten Mann sterben – und gemeinsam mit der alleinerbenden Großnichte Laura bildet Tom ein Ermittlerduo, das gleichzeitig seine Gefühle für einander erforscht.

Auf Stotz’ Spuren reisen sie zu all den Orten, an denen er Melody vermutete und landen in einem kleinen griechischen Örtchen – wo sie glauben, eine ziemlich schockierende Wahrheit erfahren zu haben. Wobei, das macht der Autor ziemlich schnell klar, sie sich allzu sehr in Sicherheit wiegen.

Suter ist der Mann der süffigen Prosa, die runtergeht wie die edlen Tropfen der verschiedenen Prozent-Klassen, denen hier gefrönt wird. Doch ganz am Ende fragt man sich, ob der 75-jährige Routinier auf der Plot-Autobahn nicht irgendwo die falsche Abfahrt genommen hat.

Wäre Melodys Geschichte nicht die spannendere gewesen? Will man nicht viel lieber wissen, warum sie zunächst in die Ehe eingewilligt und dann knapp vor dem Altar die Biege gedreht hat– statt sich von einem Mann, der in einem Schrein für die ferne Geliebte haust, einlullen zu lassen? Oder ist das Ende des Buches letztlich als Cliffhanger konzipiert für einen zweiten Band, der da demnächst erscheinen könnte?

Martin Suter: Melody. Roman, Diogenes, 336 S., 26 Euro. Am 20. Mai, 20 Uhr, stellt Suter das Buch im Gürzenich vor.

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