Zu den Liedern, die seit Jahren in der Vor-Weihnachtszeit aus allen möglichen Boxen schallen, gehört „Happy Xmas (War is over)“, das John Lennon und Yoko Ono 1971 aufgenommen haben.
Gedanken zu John Lennons „Happy Xmas (War is over)“Der Krieg ist vorbei, wenn ihr es wollt

Frühe Friedensaktivisten: John Lennon und Yoko Ono
Copyright: picture alliance / dpa
Im leicht beseelten, sanft schunkelnden Walzer-Rhythmus rankt die einfache Melodie um einen Text, der dazu auffordert innezuhalten: „Es ist also Weihnachten – und was hast du (dieses Jahr) gemacht. Ein weiteres Jahr ist vorbei, ein neues hat gerade begonnen.“ So weit, so schlicht.
Doch wirklich in Gehörgang und Gehirn bohrt sich das Mantra des Songs: „War is over – if you want it – war is over now“ singen Kinder des Harlem Community Choir in der hypnotischen Schlussphase. Drei Zeilen in einer Dauerschleife, die letztlich zwei Sätze bilden: „Der Krieg ist vorbei, wenn ihr es wollt.“ Und: „Wenn ihr es wollt, ist der Krieg jetzt vorbei“ – wobei im Englischen das „now“ am Satzende die Forderung nach der sofortigen Umsetzung unterstreicht.
Was für ein einfacher Gedanke und gleichzeitig kühner Vorschlag: Wenn man es nur will, ist der Krieg vorbei.
1971 protestierten Yoko Ono und John Lennon auf diese Weise gegen den Vietnam-Krieg, diesem fast 20 Jahre währenden Gemetzel mit Millionen Todesopfern. Zuvor hatten sich die beiden mit ihren legendären Bed-Ins, einer großen Plakataktion oder den Liedern „Give peace a chance“ oder „Imagine“ für den Frieden in der Region starkgemacht.
„Ich habe verstanden, was man machen muss: Versüße deine politische Botschaft mit ein wenig Honig“, sagte Lennon später einmal in einem Interview.
Bestechende Naivität
Und es stimmt: Gerade diese drei Lieder bestechen durch ihre Naivität: die „Stell dir vor“-Aufzählung in „Imagine“, das sanft-kämpferische „Wir sagen einfach nur: Gebt dem Frieden eine Chance“ und die singenden Kinder, die daran erinnern, dass, so wie ein Krieg irgendwann begonnen hat, er auch beendet werden kann. Das Problem: Wer macht den ersten Schritt?
Für Lennon und Ono war es im Fall von Vietnam klar: Die USA müssen sich zurückziehen. Und auch beim russischen Überfall auf die Ukraine, dessen Datum sich am 24. Februar 2024 zum zweiten Mal jährt, ist moralisch betrachtet die Lage mehr als eindeutig. Der Krieg ist vorbei, wenn Putin es will. Allein, er will nicht – und hat ein System geschaffen, in dem Stimmen wie die von Ono und Lennon kein Gehör finden.
Ohne Wenn, ohne Aber
Dass Israel sich nach dem Überfall der Hamas am 7. Oktober nicht nur zur Wehr setzt, sondern darum bemüht ist, dieser fortwährenden terroristischen Bedrohung für das Land ein für alle Mal den Garaus zu machen – das ist ohne Wenn, ohne Aber nachvollziehbar. Aber wäre der Krieg im Gazastreifen vorbei, wenn alle es einfach nur wollten? Man wagt es zu bezweifeln.
Vor Ort in Israel, dem Gaza-Streifen und dem Westjordanland ist die Lage für Außenstehende kompliziert, die verhärteten Fronten in Bezug darauf, wer wo leben darf, anscheinend nicht aufzuweichen, eine alle zufriedenstellende Lösung kaum vorstellbar.
Kein Interesse an Frieden?
Darüber hinaus verfolgen zu viele jenseits der beiden Konfliktparteien ihre eigene Agenda. Etwa die Huthi, die Schiffe im Roten Meer beschießen. Oder die anti-israelischen Demonstranten in Deutschland, die das Existenzrecht Israels in Abrede stellen. Wer dies tut, und dies vor allem in dem Land, in dem in der Shoah sechs Millionen Jüdinnen und Juden ihr Leben verloren haben, scheint sich nicht für Frieden zu interessieren.
Was für ein Wunsch, nicht nur zu Weihnachten: Wenn Ihr es nur wollt, ist der Krieg vorbei. Es müssen sich nur die finden, die es wollen.