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ImpressionismusParis feiert den Maler Camille Pissarro mit zwei großen Ausstellungen

Lesezeit 3 Minuten
Camille Pissarro

Im­pres­sio­nis­ti­sches Licht­spiel: "Rouen, Quai de la Bourse", Gemälde von Camille Pissarro.

Paris – Nach fast vierzig Jahren feiert Camille Pissarro (1830-1903) in Paris ein doppelt strahlendes Comeback: Das Musée Marmottan Monet zeigt unter dem Titel "Der erste der Impressionisten" eine Retrospektive von 75 Bildern, die überwiegend aus internationalen Sammlungen angereist kamen und in Frankreich wenig bekannt sind.

Und das Musée du Luxembourg konzentriert sich in "Die wiedergefundene Natur" mit 60 Gemälden auf die letzten beiden Lebensjahrzehnte des Künstlers und präsentiert Arbeiten, die auf seiner 1884 erworbenen Farm in Eragny, einem damals 600-Seelen-Dörfchen im Nordwesten von Paris, entstanden sind.

Pissarro wird als Sohn eines französischen Eisenwarenhändlers auf den Antillen geboren, die damals dänisch waren. Seinen dänischen Pass behält er lebenslang. Den zwölfjährigen Camille schickt man in ein Pariser Internat. Fünf Jahre später kehrt er zurück, doch ins väterliche Geschäft mag er nicht einsteigen.

Mit 25 Jahren verlässt er endgültig seine Heimat, zieht nach Paris, wird Schüler von Corot, besucht die unabhängige "Académie Suisse", wo er Monet, Renoir und Cézanne begegnet, die zehn Jahre jünger sind als er. Er stellt mit ihnen gemeinsam aus. Und er verliebt sich in die friedlichen Landstriche der Île-de-France: Louveciennes, Pontoise, Eragny.

Im Unterschied zu Monet kreiert Pissarro keine Paradiese mit eleganten Frauen in Krinolinenroben, japanischen Brücken, farbglühenden Blumen und Seerosenteichen. Pissarro fesselt das bäuerliche Leben in seiner Schönheit, aber auch in seiner Mühsal. So viel harten Alltag wie er zeigt kein anderer Impressionist. Bauern schwitzen bei der Heu- und Apfelernte. Junge Frauen schieben schwer beladene Schubkarren zum Markt, jäten das Gras und graben den Boden um, bis der Rücken schmerzt.

Während die Schau im Luxembourg den Künstler überwiegend als Landschafter herausstellt und den Besucher einhüllt in ein Meer von Grün, zeigt Marmottan Pissarros geniale Techniken und eine nie versiegende Experimentierfreude.

Wie leuchtende Juwelen reihen sich die Bilder aneinander und umreißen in sieben Kapiteln gut 50 Jahre seines Lebens und Schaffens: von frühen, exotisch anmutenden, noch in Amerika entstandenen Arbeiten wie "Frauen am Meer, im Gespräch vertieft" und Markt-Szenen aus Caracas bis zu den späten Städte-Serien.

Begrüßt wird der Besucher von dem tollen "Selbstporträt an der Palette" (1896) aus dem Dallas Museum of Art. Und dann fallen bezaubernde Frauenfiguren ins Auge - "Junge Hirtin mit Gerte" oder "Junge Bäuerin mit Strohhut" (beide 1881).

Um 1886 wendet sich der fast 60-jährige Künstler überraschend dem Pointillismus zu, dem zentralen bildnerischen Konzept von Seurat und Signac. Pissarro malt so punktverliebte Bilder wie "Apfelernte" und "Blick aus meinem Fenster in Eragny". Die Bilder funkeln um die Wette. Aber lohnt sich der Aufwand? "Dieses mühsame Punkt-an-Punkt-setzen dauert einfach zu lange," schimpft der Maler, kehrt dem Neo-Impressionismus nach vier Jahren den Rücken.

Fasziniert vom turbulenten, aufregenden Großstadtleben zieht es ihn nun immer wieder von Eragny nach Paris, angefeuert von seinem Kunsthändler Durand-Ruel, der ihm die Stadtbilder schon abkauft, bevor sie fertig sind. Denn sie zeigen das neue Paris des Baron Haussmann, etwa die Avenue de l'Opera, von der es 14 Variationen zu unterschiedlichen Tages- und Jahreszeiten gibt. Einige der schönsten Meisterwerke aus Pissarros späten Serien lassen die atemberaubende Schau ausklingen. Im quirligen Hafen von Le Havre malt Pissarro in seinem Todesjahr seine letzte Bildfolge - mit Ozeandampfern in Richtung Amerika. Und er stellt seine Staffelei genau an jener Stelle auf, wo er als Zwölfjähriger zum ersten Mal französischen Boden betreten hatte.

"Camille Pissarro - Le Premier des Impressionistes:" Bis 2. Juli. Musée Marmottan Monet. 2 rue Louis-Boilly. Di - So, 10-18, Do bis 21 Uhr. Katalog 29 Euro.

"Pissarro à Eragny - La Nature retrouvée." Bis 9. Juli. Musée du Luxembourg. 19 rue Vaugirard. Täglich 10.30-19, Fr bis 22 Uhr. Katalog 35 Euro