Interview mit Marita Breuer„Wir sitzen nicht mehr in der Nische“

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Gegen Geschlechter-Klischees: Schauspielerin Marita Breuer.

Gegen Geschlechter-Klischees: Schauspielerin Marita Breuer.

Warum stellen Sie sich als Jurorin zur Verfügung?

Weil mir das großen Spaß macht. Vor ein paar Wochen war ich Jurorin beim Kinderfilmfestival in Schwäbisch-Gmünd. Ich liebe es einfach, sehr viele Filme zu sehen, die man sonst eher nicht im Kino sieht. Außerdem ist es mir auch eine Ehre, hier mitmischen zu dürfen. Ich bin gespannt und neugierig auf meine Kolleginnen und freue mich auf die Zusammenarbeit.

Sehen Sie das Festival als Nischenveranstaltung?

Nein, es hat großes Renommee und zeigt eher das gewachsene Selbstbewusstsein der Frauen. Die sitzen ja längst nicht mehr in der Nische.

Trotzdem begegnet man auch in Ihrer langen Filmografie für Kino und Fernsehen eher wenigen Regisseurinnen. Woran liegt das?

Letzten Endes ist das noch immer eine Männerdomäne, auch sehr hierarchisch aufgebaut. Bis hin zum Set ist das Filmgeschäft doch überwiegend von Männern bevölkert. Lediglich bei den Castern findet man vorwiegend Frauen. Da ist das erforderliche Gespür für Menschen offensichtlich nicht so leicht zu ersetzen. Ich denke, letztlich müsste es bei den Entscheidungsträgern in der Produktion durchlässiger zugehen.

Immerhin gibt es ja die Oscar-Preisträgerin Kathryn Bigelow, der man allerdings eher Männerfilme nachsagt.

Und ich habe jetzt in Berlin Jane Campion kennengelernt - eine unglaublich toughe Frau. Das muss man mitbringen, auch als Schauspielerin: Wir müssen weich, durchlässig, sensibel sein, umgekehrt aber auch viel einstecken und uns durchsetzen können.

Haben Sie in Ihrer Karriere Unterschiede zwischen Regisseuren und Regisseurinnen erlebt?

Ganz simpel: Schauspielerische Arbeit hat auch mit Erotik zu tun, mit einem Mann zu arbeiten, ist da etwas anderes als mit einer Frau. Da gibt es eine andere Grundspannung. Die kann störend sein oder inspirierend. Eben anders. Außerdem muss man einfach sehen, wie man sich versteht. Das funktioniert mit einer Frau nicht automatisch besser.

Es hat ja immer auch große Frauenregisseure gegeben, etwa Fassbinder, Truffaut.

Und Edgar Reitz ist ein absoluter Frauenregisseur, der Fokus etwa in ,Heimat' liegt eindeutig auf den Frauen.

Da kommt ein weiterer Film mit Ihnen ins Kino?

Ja, "Die andere Heimat" im Oktober.

Sind Männer womöglich gar die besseren Frauenversteher?

Vielleicht macht es Ihnen mehr Spaß, von Frauen zu erzählen. Aber ich bin sehr gespannt auf die Energie, die mir beim Festival entgegenkommt. Ich habe kürzlich in Köln "Die Troerinnen" gesehen, eine Inszenierung von ungeheurer Kraft, weil da sehr unterschiedliche Frauen auf der Bühne stehen. Und wenn Frauen ihre Power ausfahren, empfinde ich die als umfassender als bei Männern, in aller Feinheit, Leidenschaft und Kraft.

Bräuchte Filmregie eine Frauenquote?

Frauenquote in der Kunst finde ich Quatsch. Da müsste es differenziertere Fördermöglichkeiten geben.

Bei welchem Regisseur, welcher Regisseurin haben Sie sich besonders aufgehoben gefühlt?

Bei Edgar Reitz natürlich, in sehr kleinen Arbeiten auch bei Florian Kern und Hermine Huntgeburth. Grundsätzlich dann, wenn ich spüre, dass es da jemandem um die Sache geht und er/sie einen einfühlsamen Blick auf die Schauspieler hat. Da ist es mir auch egal, ob das eine Frau oder ein Mann ist.

Wie gerecht geht es bei den Rollenangeboten für Schauspieler und Schauspielerinnen zu?

Es ist einfach so, dass es für Männer beim Theater schon von den Stücken her mehr Rollen gibt, dafür aber mehr Schauspielerinnen - das ist ungünstig verteilt. Und es ist in unserer Gesellschaft immer noch so, dass die Luft für Ältere dünner wird. Wobei sich dies etwa auch im Fernsehen langsam verändert, wo Frauen nicht mehr ab 40 automatisch unerotisch sind.

Es gibt bei dem Festival ja noch schöne Nebenreihen wie "Böse Frauen" oder "Exzess", schauen Sie da auch herein?

Ich werde sehen, was ich mitnehmen kann. Wir haben als "Pflichtprogramm" zwei Filme am Tag, da ist bestimmt noch ein bisschen möglich...

Wo liegt bei Ihnen momentan der Schwerpunkt, im Theater oder im Film?

Schon eher beim Film, auch wegen der großen Produktion "Die andere Heimat". Beim Theater steckt man zu sehr in der Mühle, ich brauche Freiräume für andere künstlerische Projekte, wie zum Beispiel für ein aufwendiges Jazzmusikprojekt, das ich am 3. Mai mit meinem Bruder - dem Komponisten Wolfgang Breuer -, dem Saxofonisten Heiner Wiberny und dem Schlagzeuger Roland Peil in Düren habe.

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