Tatort-Schauspielerin aus Köln„Es ist schwer, sich hier nicht extrem wohlzufühlen“

Schauspielerin Ines Marie Westernströer
Copyright: Thomas Banneyer
- Ines Marie Westernströer ist seit fünf Jahren Ensemble-Mitglied am Schauspiel Köln.
- Am Ostermontag ist sie zum zweiten Mal als Ermittlerin im Saarland-Tatort zu sehen.
- Simon Westphal sprach mit ihr.
Frau Westernströer, müssen Sie einen Schalter umlegen, wenn Sie von der Theaterbühne ans Filmset kommt?Es ist schon ganz was anderes. Meine erste größere Rolle vor der Kamera hatte ich 2016 im Kinofilm „Die Hannas“. Da habe ich gemerkt, dass es eine andere Spielweise erfordert. Manchmal reicht allein ein Gedanke, um ganz viel zu erzählen. Das ist wie ein Brennglas, das alle Gedanken und Emotionen nochmal vergrößert. Auf der Bühne würde das nicht reichen.
Und man kann Fehler machen.
Genau. Man kann ausprobieren, verbessern, Szenen wiederholen. Im Theater zählt dagegen der Moment, die Verbindung zum Publikum.
Am Ostermontag sind Sie zum zweiten Mal im Saarland-Tatort zu sehen. Worum geht es im Fall „Der Herr des Waldes“?
Es gibt einen bestialischen Mord an einem jungen Mädchen, Jessi. Dem gehen wir zu viert auf den Grund. Der Fall bewegt sich zwischen Krimi und Thriller. Ich war beim ersten Schauen überrascht, wie spannend ich ihn finde, obwohl ich den Schluss ja kenne. Das ist ein gutes Zeichen.
Zur Person
Ines Marie Westernströer wurde 1986 in Bochum geboren. Nach ihrem Schauspielstudium an der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig, war sie von 2011 bis 2016 war sie Ensemblemitglied am Staatsschauspiel Dresden. Seit 2016 spielt sie am Schauspiel Köln.
Westernströer gehört in ihrer Rolle als Pia Heinrich zum festen Ermittlerteam des Saarländischen Tatorts.
Im Sommer ist sie in der sechsteiligen Sky-Serie „Ich und die Anderen“ zu sehen, die bereits im vergangenen Sommer in Wien gedreht wurde. Tom Schilling spielt die Hauptrolle.
Welche Rolle spielt Pia Heinrich im Ermittlerquartett?
Sie hat relativ früh einen eigenen Instinkt und verfolgt eine eigene Fährte. Sie kann extrem gut recherchieren und ist wahnsinnig genau. Ob sie mit ihrem Instinkt richtig liegt, werden wir sehen.
Hatten Sie schon vorher eine Verbindung zum Saarland?
Ich war schon zweimal auf dem Max-Ophüls-Preis eingeladen. Ein ganz tolles Filmfestival, das in Saarbrücken stattfindet, wo wir auch die meisten Dreharbeiten haben. Ende Mai beginnen wir bereits den Dreh für den dritten Fall. Von daher fühle ich mich schon ein bisschen mit dem Saarland verbunden, weil ich dort immer sehr herzlich willkommen geheißen wurde.
Hat das neue Saarland Ermittler-Quartett das Potenzial, etwas Langfristiges zu werden?
Ich glaube schon. Im ersten Fall deuten sich bereits Konflikte zwischen den Kommissar*innen an. Das hat Entwicklungspotenzial. Nach dem ersten Fall waren wir extrem froh. Wir hatten über zehn Millionen Zuschauer*innen und sind gut besprochen worden. Das Besondere am Saarland-Tatort ist, dass die Filme keine abgeschlossene Handlung haben, sondern fortgeführt werden . Das scheint die Leute zu interessieren. Im ersten Teil, wurden die beiden Frauen im Ermittlerteam nur sehr am Rande anskizziert. Die haben nun die Chance sich zu entwickeln.

Hauptkommissar Adam Schürk (Daniel Sträßer, l-r), Hauptkommissarin Pia Heinrich (Ines Marie Westernströer), Hauptkommissarin Esther Baumann (Brigitte Urhausen) und Hauptkommissar Leo Hölzer (Vladimir Burlakov) in einer Szene des "Tatort: Das fleißige Lieschen"
Copyright: picture alliance/dpa/ARD/SR
Ist das für Sie der Reiz an einer längerfristigen Rolle?
Ja, das ist für mich neu und ganz besonders, dass eine Rolle wiederkommt. Man geht gemeinsam einen Weg. Ich freue mich darauf, weiter in die Welt von Pia Heinrich einzutauchen.
Ist das Fernsehen schon weiter als das Theater, was starke Frauenrollen angeht?
Die gesamte Entwicklung geht in Richtung mehr Diversität, das finde ich total gut. Ich wünsche mir, dass diese Entwicklung nicht stagniert. Gerade auch bei Frauen über 40. Als junge Frau hört man immer wieder: 30 geht ja noch, aber wenn du 40 wirst, wird“s ganz schwierig. Das spiegelt ja gar nicht unsere Gesellschaft wider. Auch generell ist die Besetzung am Filmset teilweise noch extrem männlich geprägt. Man sollte auch Kamerafrauen, Produzentinnen, Autorinnen und Regisseurinnen die Chance geben.
Wie ist es im Theater?
Wir haben zum Beispiel tolle Dramaturginnen, die da total dran sind. Aber man merkt schon noch, dass die Strukturen auch extrem fest sind. Bei den Besetzungen sollte man auch immer gucken: Warum muss denn diese Rolle jetzt unbedingt weiß besetzt sein? Auf der Bühne kann ein Romeo doch auch Schwarz sein, ohne, dass das als wahnsinnig bedeutsame Setzung der Regie empfunden werden muss — einfach, weil er als Schauspieler für die Rolle qualifiziert ist. wenn er der bestgeeignetste Schauspieler ist. Da können wir noch viel weiter gehen.
Können Sie sich vorstellen, noch mehr in Richtung Film und Fernsehen zu wechseln?
Ja, schon. Ich bin innerlich hin und her gerissen. Ich liebe das Theater und genieße es, in einem so tollen Ensemble zu sein. Das würde mir sehr fehlen. Ich habe meinen Vertrag modifiziert und mache ein bisschen weniger Stücke, um mehr Zeit zu haben, den Filmangeboten nachzukommen. Da ist Stefan Bachmann auch sehr auf mich zugekommen. Ganz aufs Theater zu verzichten, kann ich mir aktuell nicht vorstellen.
Gibt es eine Rolle, für die Sie alles hinschmeißen würden?
(überlegt lange) Vielleicht Maria Stuart.
Wie ist es zu proben und nicht zu wissen, wann wieder vor Publikum gespielt werden kann?
Wir arbeiten weiter und das fühlt sich total gut an. Bei Don Karlos hatten wir eine Livestream-Premiere gemeinsam mit dem WDR. Das ist trotzdem nicht wirklich vergleichbar mit einer richtigen Premiere. Auch wenn da schon ein bisschen Adrenalin aufkam.
Bochum – Köln – Dresden – Saarland. Wo ist es am schönsten?
In Bochum (lacht). Und danach in Köln. Ich war in Leipzig, in Dresden, aber hier mag ich es besonders gerne. Die Menschen, die Mentalität. Es ist schwer, sich hier nicht extrem wohlzufühlen.