Juliette Gréco„Generell bin ich verschwiegen“

Juliette Gréco hatte ein bewegtes Leben, über das sie in ihrer Autobiografie teils schonungslos berichtet.
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Köln – "Ich hänge meine Unterwäsche nicht gern aus dem Fenster!" - sagt Juliette Gréco über sich. Und doch hat die 85-jährige Ikone jetzt eine (zweite) Autobiografie geschrieben, die sie beim Lit.Cologne-Spezial vorstellte.
In "So bin ich eben" erzählt sie schonungslos: über das schwierige Verhältnis zur Mutter, ihre Haft während der deutschen Besatzung, Abtreibungen, Misshandlungen - aber auch ihre Karriere als "Muse der Existenzialisten" im Umfeld von Satre sowie eine Reihe ihrer vielen Liebhaber.
"Es war sehr schwer, viele dieser Geschichten aufzuschreiben", erzählt sie im Gespräch mit dieser Zeitung. Hat sie geweint? "Innerlich, ja. Das Schwerste war, über meine Kindheit zu schreiben und über all das, was mit Deutschland und dem Krieg zu tun hat." Ihre Mutter war Widerstandskämpferin, wurde 1943 verhaftet, mit Juliette und ihrer Schwester. Während Juliette nach drei Wochen frei kam, blieben Mutter und Schwester lange Zeit im KZ Ravensbrück.
Das Verhältnis zur Mutter war gestört - sie bezeichnet ihre Zweitgeborene als "Betriebsunfall", das Kind fühlt sich nie geliebt. War sie ihrer Tochter Laurence-Marie eine bessere Mutter? "Ich weiß nicht. Auf jeden Fall lieben wir uns. Sie hat mir zwar vorgeworfen, dass ich nicht genug bei ihr war. Aber ich war ja Vater und Mutter, musste Geld verdienen. Heute versteht sie das: Sie ist selber alleinerziehende Mutter. Das scheint bei uns in der Familie zu liegen."
Zu den vielen Männern in ihrem Leben gehörte Jazztrompeter Miles Davis - und nach 60 Jahren klingt ihre Stimme noch schwärmerisch, wenn sie seinen Namen ausspricht: "Ah, Miles! Aber ich habe über unsere Beziehung erst gesprochen, als er es erzählt hatte." Die Liebe scheitert am Rassismus zu Beginn der 50er Jahre. Doch Gréco hält es eh meist nicht lang bei einem Mann aus, muss weiter, wenn es langweilig wird. So geht das mit US-Filmproduzent Daryl Zanuck oder Ehemann Nummer zwei, Michel Piccoli. "Generell bin ich verschwiegen, was die Affären meines Herzens und meines Körpers angeht - und es gibt ja oft noch eine Frau und Kinder." Mit Gérard Jouannest, Ehemann Nummer drei und ihr langjähriger Pianist und Komponist vieler ihrer Lieder, ist sie seit 1989 verheiratet. "Wir waren und sind eine verschworene Gemeinschaft, das ist der Quell unserer Liebe!" Im wahrsten Sinne des Wortes 'ein altes Ehepaar': Selbst wenn wir riesigen Applaus hatten und ich ihn frage, wie ich war, ist er ein Stiesel und sagt ,Pas mal - nicht schlecht'."
Je älter sie wird, von umso mehr Menschen muss sie sich verabschieden: "Ungerecht. Eigentlich sollte ich tot sein", sagt sie in Anspielung auf ihren Krebs vor fünf Jahren, den sie erfolgreich bekämpfte. "Ich wollte sehr schnell wieder auftreten und es klappte. Mein Arzt hält mich deshalb für eine Außerirdische!"
Bei so vielen Anekdoten, Namen, Geschichten fragt man sich, wie sie sich an all das erinnern kann. Hat sie Tagebuch geführt? "Nein, niemals - aus Respekt vor den anderen. Und auch jetzt im Buch habe ich ja keine intimen Details erzählt, habe vieles verschwiegen. Aber es wird kein weiteres Buch geben. Das werden andere machen, wenn ich tot bin, aber das ist mir dann egal."
Juliette Gréco: "So bin ich eben - Erinnerungen einer Unbezähmbaren", Edition Elke Heidenreich bei C. Bertelsmann, 240 Seiten, 19,99 Euro.