Den Kölner Museen fehlt es an Lagerraum. Das Kölnische Stadtmuseum nutzt etwa eine Bauernhof-Scheune als Depot. Nun macht sich Kulturdezernent Stefan Charles für ein Zentraldepot stark. Doch die Kosten könnten zu hoch sein.
Kunstwerke von Schimmel bedrohtZentraldepot für Kölner Museen könnte Rotstift zum Opfer fallen

Das Depot Boijmans Van Beuningen in Rotterdam ist das erste öffentliche Kunstdepot der Welt.
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Als im Sommer 2022 die Diskussion darüber losging, welche ihrer vielen Großbauprojekte die Stadt angesichts der allgemeinen Kostenexplosion aufschieben könnte, da schien der Plan für ein neues Zentraldepot der Kölner Museen mit 50 000 Quadratmetern Fläche beerdigt, bevor er richtig Fahrt aufgenommen hatte.
Denn anders als der Bau von Schulen, die Instandsetzung maroder Brücken oder die Sanierung bestehender Museen galt der Wunsch nach einem modernen Zentrallager für Kulturgüter vielen am ehesten als verzichtbar. Zumal die dafür aktuell in der Liste der Großbauprojekte veranschlagten Gesamtkosten in Höhe von 280 Millionen Euro kein Pappenstiel sind. Im Sommer 2022 waren für den Bau 213,7 Millionen Euro veranschlagt worden.
Kulturdezernent: Zentraldepot wichtig für „verantwortungsbewussten“ Umgang mit Kunst
Doch nun hat Kulturdezernent Stefan Charles noch einmal herausgestellt, wie wichtig und dringend aus seiner Sicht die Schaffung eines Zentraldepots ist. Auf Anfrage der Grünen teilte er mit: Ein „verantwortungsbewusster und bewahrender Umgang mit Kunstwerken“ nach internationalen Standards gehöre zum Selbstverständnis der Kölner Museen, doch „ein Großteil“ von ihnen könne dieser Verantwortung nicht oder nur eingeschränkt gerecht werden.
Charles betont: Einige der Depots erfüllen nicht die konservatorischen Anforderungen „und sind deshalb zur Unterbringung von Kulturgut nicht geeignet“. Manche würden nicht über Lüftungsanlagen verfügen, zudem entspreche die Lager- und Sicherheitstechnik „aktuell nicht den musealen Standards“.
Da viele Museen aus allen Nähten platzen, müssen externe Lagerflächen angemietet werden. Das kostet laut Charles derzeit rund 3,3 Millionen Euro pro Jahr. Einige der externen Depots seien baulich in einem so schlechten Zustand, dass Feuchtigkeit, Schimmel und starke Temperaturschwankungen den Erhalt der Objekte gefährden. „Ein Arbeiten in diesen Depots ist nicht möglich“, so der Kulturdezernent. Auch eine professionelle Schädlingskontrolle könne nicht gewährleistet werden. Konkret nutzt die Stadt zum Beispiel eine Scheune auf einem Bauernhof in Bocklemünd als Depot fürs Stadtmuseum.
Großer Lagerbedarf der Museen
Zudem sind die Restaurierungswerkstätten im Museum für Angewandte Kunst (MAKK), im Kölnischen Stadtmuseum und im Römisch-Germanischen Museum (RGM) zu klein und entsprechen laut Charles nicht den Arbeitsschutz-Richtlinien. Für diese Häuser müsse man in einem neuen Zentraldepot geeignete Werkstätten schaffen.
Der Dezernent informiert auch über die betroffenen Bestände. Demnach sind bei einer Generalsanierung des MAKK 250.000 Objekte auszulagern – darunter Möbel, Textilien, Glas, Keramik und ein Auto (Karmann Ghia). Das Museum Ludwig hat unter anderem einen Bauwagen und einen 8,90 Meter langen Baumstamm einzulagern.
Zu den Dingen, die das Rautenstrauch-Joest-Museum (RJM) unterbringen möchte, gehört „ein großes Boot“. Das Stadtmuseum sucht Platz für ein Auto, „drei Großfahrzeuge“, Maschinen und vieles mehr. Keinen Bedarf hat das Wallraf-Richartz-Museum (WRM) angemeldet – es soll in seinem geplanten Anbau eine Depotfläche bekommen.
CDU: Kosteneinschätzung zu hoch
Ende Februar will das Kulturdezernat eine Übersicht über den Depotbedarf aller Museen vorlegen. Derweil bleibt der Plan des Zentraldepots mit Fragezeichen versehen. „Wir fragen uns, ob ein so großes Neubauprojekt in dieser Zeit ein sinnvoller Schwerpunkt im Kulturetat ist“, sagt SPD-Kulturpolitikerin Maria Helmis. Es sei wichtig, die freie Kulturszene zu unterstützen. Beim Thema Depot müsse die Stadt auch weniger kostspielige Alternativen prüfen.
CDU-Kulturpolitiker Ralph Elster hält die Kostenschätzung indes für viel zu hoch. Ein Zentraldepot sei sinnvoll, es könne in Modulbauweise nach und nach errichtet werden – das gehe auch für rund 10 Millionen Euro pro 10 000 Quadratmeter Fläche. „Wir brauchen so schnell wie möglich geeignete Depotflächen. Das MAKK nutzt notgedrungen Ausstellungsflächen als Depot, und die Scheune, die das Stadtmuseum nutzt, ist konservatorisch nicht zu vertreten.“
Liste der Großbauprojekte
7,7 Milliarden Euro kosten die 122 Großbauprojekte, die auf einer Liste der Verwaltung aufgeführt sind. Oberbürgermeisterin Henriette Reker hatte die Projekte erstellen lassen, die Politik soll darüber entscheiden. Viele Vorhaben gelten als unaufschiebbar. Beim Bau von Schulen oder der Sanierung von Brücken handelt es sich um Pflichtaufgaben.
Die Grunderneuerung der Mülheimer Brücke etwa soll 301,5 Millionen Euro kosten. Die Sanierung der Bühnen schlägt nach letzten Prognosen mit 674 Millionen Euro zu Buche. Für die Ost-West-Stadtbahn gibt es noch keinen Baubeschluss (Kostenprognose: 906,8 Millionen Euro). Der Bau der Historischen Mitte (183 Millionen Euro insgesamt) ist noch nicht beschlossen, an dem Prestige-Projekt halten die Mehrheitsfraktionen im Stadtrat aber fest, die FDP lehnt es entschieden ab. (mft)