Kölner Musical DomeMoulin Rouge – „Und dann geht’s in den Elefanten!“

Auch vor Kitsch wird bei „Moulin Rouge“ nicht zurückgeschreckt.
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London/Köln – „An einer Stelle gibt es für den Kostümwechsel gerade mal 20 Sekunden, so dass der Hut an der Perücke mit Magneten befestigt werden muss!“ erzählt Stagemanager Graham Hookham. Ein Detail vielleicht, das aber sehr viel darüber aussagt, wie aufwendig die Ausstattung des Musicals „Moulin Rouge“ ist. Derzeit läuft es unter anderem im Londoner Piccadilly Theatre, ab Oktober auch im Kölner Musical Dome.
Und während oben auf der Bühne in der britischen Hauptstadt tagtäglich die tragische Liebesgeschichte zwischen der Kurtisane Satine und dem armen Dichter Christian mit sehr viel Schwung und noch mehr Pomp erzählt wird, hängen in den Katakomben die Kostüme dicht an dicht. Pro Show kommen 200 zum Einsatz, 14 allein gehen auf das Konto der weiblichen Hauptfigur, inklusive der Zweitbesetzungen müssen insgesamt 500 Monturen untergebracht und in Schuss gehalten werden.
Pailletten und Strass en masse
Vor allem die Kleider der Damen halten auch dem Blick aus nächster Nähe stand: Verarbeitet wurden neben ungezählten Strasssteinen und Pailletten auch handgemalte Stoffe, verrät Hookham. Man müsste sich das Musical sicherlich mehrmals anschauen, um all diese Feinheiten mitzubekommen. Die richtigen Plätze dafür gibt es: Gut zwei Handvoll Menschen können an Tischen direkt an der Bühne das Geschehen im wahrsten Sinne des Wortes hautnah erleben. Dennoch: Es gibt so viel zu sehen und zu hören, dass einem Augen und Ohren übergehen könnten.
Der Filmregisseur Baz Luhrmann

Regisseur Baz Luhrmann stellt seinen Film "Elvis" beim Photocall auf dem 75. Filmfestival von Cannes vor.
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Während sich Baz Luhrmann (Foto) gerade über den Erfolg seines neuesten Films freut („Elvis“ ist mit 261,8 Millionen Dollar Einspielergebnis nach „Bohemian Rhapsody“ das zweiterfolgreichste Biopic), denkt er gerne an „Moulin Rouge“ zurück.
„Als ich den Film drehte, empfand ich es auf gewisse Weise als meine Mission, das Genre wieder auf die große Leinwand zu bringen, obwohl mir viele Menschen sagten: Musicals werden nie wieder populär sein.“ Das sei sogar so weit gegangen, dass in den ersten Film-Trailern keine singende Nicole Kidman gezeigt werden durfte. Heute sei das Interesse an Musicals wieder da, freut sich der Regisseur.
„Der Film kam kurz nach 9/11 in die Kinos. In schweren Zeiten kommen Menschen gern zusammen, um zu tanzen und zu singen. Auch jetzt sind die Zeiten alles andere als einfach.“ So plant Baz Luhrmann auch, zur Premiere nach Köln zu kommen. (dpa)
Denn anders als in Baz Luhrmans Filmvorlage wird bei der Bühnenfassung vom ersten Augenblick an auf die Tube gedrückt: Hit folgt auf Hit, so geschickt in Medleys miteinander verwoben, dass daraus fast neue Lieder entstehen. Im Verlauf des Abends merkt man dann, dass die Auswahl so geschickt ist, dass die unterschiedlichsten Generationen mit Anknüpfungspunkten aus ihrer jeweiligen musikalischen Sturm- und Drang-Zeit versorgt werden. Da geht von den 70ern („Children of the revolution“ von T. Rex) bis in die jüngere Gegenwart (etwa Sias „Chandelier“). Und Adeles „Rolling in the deep“ oder Lady Gagas „Bad Romance“ zählen mittlerweile eh zu den altersunabhängigen Partykrachern.
Eigene Textfassung und Phrasierung
Damit aber auch der inhaltliche Bezug, den es zwischen den Liedern und der Geschichte durchaus gibt, nicht im Partygetümmel untergeht, arbeitet man bei den Proben, die seit Montag laufen, mit einer eigenen Text-Fassung. „Ich singe zum Beispiel als erste Zeile ,Diamonds are forever’ und dann geht es auf Deutsch weiter: ,ewig lockt ihr kaltes Feuer...“, erzählt die „Kölner Satine“ Sophie Berner. „Ich war selber positiv überrascht, weil es dadurch noch einmal näher kommt. Mein Solo ,Firework’ ist ja ein Song, den jeder kennt, jeder kann ihn mitsingen. Wenn du ihn auf Deutsch hörst, kommst du leichter in die Geschichte.“ Das bedeutet aber auch eine Herausforderung: „Du kannst das nicht einfach eins zu eins nachsingen, man muss die Phrasierung anders machen.“
„...und dann geht’s in den Elefanten!“
Sophie Berner und ihr „Christian“ Riccardo Greco haben die Show in London mittlerweile zweimal gesehen, einmal bevor sie die Zusage für Köln hatten und einmal danach. „Beim ersten Mal habe ich sehr genau hingeguckt: In wie weit kann ich mich da sehen, kann ich das erfüllen?“, erinnert sich Sophie. „Beim zweiten Mal habe ich den Spaß viel mehr zugelassen. Aber auch auf Technisches geachtet.“ Riccardo Greco hat sich zunächst vor allem „verzaubern lassen und bewusst nicht nur auf Christian geschaut. Beim nächsten Mal habe ich dann darauf geachtet: Welche Wege hat er, wann habe ich eine Pause,wann habe ich Zeit, etwas zu trinken - oder auf die Toilette zu gehen?“ Und wann wäre das etwa? „Wenn Satine ,Firework’ singt, habe ich meine erste größere Pause – und dann geht’s in den Elefanten!“
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Das große Medley aus Liebesliedern, das die beiden Hauptfiguren dann dort schmettern, gehört zu Riccardos Lieblingsnummern des Abends. Sophie hingegen freut sich auf die Verwechslungsnummer zu Beginn, wenn sie Christian für den reichen Duke of Monroth hält. „Denn für meine Figur wird es ja danach sehr schnell nicht mehr lustig.“