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Kraftvolle RückkehrDuran Duran beeindrucken in Düsseldorf mit Retro-Sound und moderner Show

Lesezeit 5 Minuten
Duran Duran im PSD Bank Dome Düsseldorf

Duran Duran im PSD Bank Dome Düsseldorf

Duran Durans Konzert in Düsseldorf überzeugte mit einer kraftvollen Show, kombiniertem Retro-Sound und modernen Elementen. Besonders Simon Le Bon brillierte stimmlich.

Wo zur Hölle waren sie eigentlich all die Jahre – und wo zur Hölle sind eben diese geblieben? Das mag sich der überwiegende Teil der Fans von Duran Duran am Dienstagabend im Düsseldorfer Dome gefragt haben. Es galt, eine der stilbildenden Bands der 1980er in Augenschein zu nehmen und zu prüfen, ob sie es schaffen würde, diese Zeit noch mal aufleben zu lassen. Um es gleich vorweg zu sagen: Gut, dass sich Simon Le Bon, Nick Rhodes, John und Roger Taylor nach dreizehn Jahren in deutsche Konzerthallen zurück gebeamt haben.

Mit einem kraftvollen, klangreichen, präzisen, visuell und technisch bestens choreografierten Auftritt begeisterte die Band eindreiviertel Stunde die rund 15.000 Zuschauer im nicht ganz ausverkauften Rund. Und – obwohl die Setlist reich gespickt war mit eben den Songs, die Duran Duran in den 80ern erst bekannt und dann an die Spitzen der internationalen Charts katapultiert hatte - wurde es viel mehr als ein Retro-Spektakel: eine vorwärts gerichtete, nahtlose und stilvolle Transformation ins Heute.

Astronauten im Raumschiff

Nach beachtenswertem Vorprogramm von Sophie and the Giants mit Purple Disco Machine ist der elektronische Klangteppich für den Hauptact Duran Duran bereitet: Die steuern zunächst im Video-Intro als Astronauten im Raumschiff über die riesige Leinwand „Planet Earth“ an, um dann aus dem hellen Scheinwerferlicht auf der Bühne aufzusteigen und mit voller Klangwucht loszulegen.

„Nightboat“ als Appetitanreger, dann geht es raketenartig los: „Wild Boys“, dieses von Industrial Beats und metallenen Synthesizer-Klängen getragene Monument der Musik- und vor allem Videogeschichte, ist eine Ansage. Wer so apokalyptisch startet, hat entweder nichts zu verlieren oder ist sich seiner Sache sehr sicher.

Stimme des Leadsängers in Ordnung

Die Halle brodelt schon nach zehn Minuten, nicht nur, weil im Video zum Song alles in Flammen steht, sondern auch, weil Frontman Le Bon die gesanglichen Hürden des Songs mit Bravour meistert. Wer sich vorher Sorgen um die Stimme des Sängers gemacht hatte, immerhin hatte der 66-Jährige in den vergangenen Jahren immer mal wieder gesundheitliche Probleme mit Stimmbändern und Kehlkopf, wurde erst beruhigt und dann mitgerissen: Wild Boys always … shine. Ja, und sowas von!

Das einmal entzündete Feuerwerk reißt nicht ab: „Hungry Like the Wolf“– mit charmantem Wolfsgeheul, „A View to a Kill“ - der elektrisierend-dramatische Track zum gleichnamigen 007-Film aus dem Jahr 1984, bei dem natürlich kurz Roger Moore als James Bond als Leinwand-Teaser auftaucht, „The Reflex“ – die explosive Hymne oder „Notorious“ – das nach vorne treibende, aber nicht überladene Funkpop-Stück - die 80er mit Duran Duran klingen viel zu dynamisch und jung, um ins Reich von WDR4 verbannt zu werden.

Mix aus Funk, Synth-Pop, Rock und Elektronik

Die unverwechselbare Stimme Le Bons käme nicht zur Geltung, wären da nicht das ebenso unverwechselbare Rezept der Band, die dichte, rhythmusbetonte, melodieverliebte Mischung aus Funk, Synth-Pop, Rock und Elektronik. Nick Rhodes, der Mann am Synthesizer, regiert und arrangiert aus dem Hintergrund, Roger Taylor verschwindet im Scheinwerfer-Video- und Blitzlichter-Getöse hinter seinen Drums, steuert fast schon unsichtbar die echten und die Computer-Beats.

Nur Bassist John Taylor ist mit an vorderster Front, taucht aus bunten Lichtkegeln auf, manövriert tiefenentspannt zwischen Le Bon und Gitarrist Dom Brown, der 2004 zur Urbesetzung dazustieß und Andy Taylor ersetzte. Understatement, wie es sich für einen Bassisten gehört, obwohl der Duran-Duran-Sound so sehr von seinem Bass-Spiel getrieben wird und lebt.

Le Bon war nie ein Tänzer

Der Flug geht weiter mit jüngeren Stücken wie „Invisible“, „Superfreak“ und Night Runner, untermalt von skurilen, bunten Videos, die an Formel-1-Formate erinnern, dann der 90er-Ohrwurm „Ordinary World“, der wiederum Le Bon stimmlich alles abverlangt. Der zeigt sich gut aufgelegt, kein Bewegungswunder, das war er nie, aber irgendwie rhythmisch-unrythmisch mit immer noch gezieltem Hang zu Publikum und wohldosierter Pose.

Britische Medien bezeichneten seine Performance der 2020er mal als „dad-dancing“. Das passt auch an diesem Abend in Düsseldorf. Le Bon ist cool, bleibt konzentriert und kokettiert gekonnt mit seinem Image.

Keine Zeit, sich zu setzen

Was die Band so besonders gemacht hat, wird vor allem bei den Songs aus den frühen 80ern deutlich. Zu „Friends of mine“ flimmern Schwarz-Weiß-Szenen aus „Dracula“ über die Projektionsflächen, bei „Planet Earth“ fordert Le Bon seinen Bandkumpel auf „Play the fucking bass, John!“ – und die Halle bebt erneut. Bei „Girls on Film“ lässt Nick Rhodes elektronisch die Kameras klicken, es wird zum Medley mit dem Titel „Psychokiller“ vom jüngsten Album „Dans macabre“. Perfekt abgemischt, keine Spur von Jahrzehnten dazwischen. Past meets Future – es funktioniert.

„Reach out für the Sunrise“ ist aus irgendeiner Zeit dazwischen (genau genommen aus 2004), es treibt hymnisch und lyrisch nach vorne, oder besser gen Himmel, getragen von farbexplosiver Light- und Videoshow und reißt das Publikum bis in die oberen Ränge mit. Dort galt sowieso: Wer bei „Wild Boys“ aufgestanden war, kam nicht mehr dazu sich hinzusetzen.

Vielfache Einflüsse

Dass Duran Duran dem Düsseldorfer Publikum auch „White Lines“ mitgeben, das Cover von Melle Mels Anti-Drogen-Hip-Hop-Nummer mit dem eingängigen „Twist-and Shout“-Fragment zeigt, wie vielseitig die Band immer war und ist.

Bei zweifelloser Leidenschaft für provokative und dystopische Szenarien - für politische Statements standen Duran Duran in ihrer Karriere eher nicht. Insofern überrascht Le Bon mit einem Statement für die Opfer der Kriege in Gaza, Israel und Iran und bekommt den größten Beifall, als er ein friedliches Leben für die „brothers and sisters in Ukraine – in their own country“ fordert.

Geschmeidig und friedvoll

Als Zugabe gibt es „Rio“, das funkelnde New-Romantic-Stück, das wieder glitzernd-exotische Sommerlaune versprüht, bevor dann alles ganz geschmeidig und friedvoll endet – mit der ultimativen Zugabe „Save a Prayer“. „Turn your Lights, your Handy on!“ Le Bon sagte wirklich: Handy! Weiße Tauben auf der Leinwand, letzte Gefühlswelle. Le Bon beschwört beim Anblick der Lichter die „Milky Way“, genug gesungen und gegroovt. Die Milchstraße tanzt und verabschiedet die Pop-Astronauten. Aber diesmal treten sie einfach zu Fuß ab.