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LaufenbergGekündigter Opernintendant zieht vor Gericht

Lesezeit 5 Minuten

Der Intendant der Oper Köln, Uwe Eric Laufenberg wurde entlassen.

Köln – Einzelheiten dürfe Laufenberg aus rechtlichen Gründen nicht nennen. Die Stadt Köln hatte dem Intendanten am Donnerstag gekündigt, weil er unter anderem den Kulturdezernenten Georg Quander persönlich scharf angegriffen hatte.

Bisher war geplant, dass der 51-Jährige Uwe Eric Laufenberg in der nächsten Spielzeit auch drei Opern inszeniert und in „My Fair Lady“ den Professor Higgins singt. Dazu sei er auch nach seinem Rauswurf „selbstverständlich“ noch bereit, sagte Laufenberg. Schließlich seien sogar schon die Bühnenbilder fertig. Entscheiden müsse darüber jetzt die Stadt.Laufenberg sagte, er sei zuversichtlich, den Schlag des Rauswurfs zu verkraften und nach einiger Zeit wieder optimistisch in die Zukunft blicken zu können. „Man will ja mit der Vergangenheit im Reinen sein und nach vorn blicken, und ich glaube nicht, dass das für mich unmöglich ist.“

Was geschah:

von Hartmut Wilmes

Der Mann stellt Oper über alles. So hat er Kölns Musiktheater ausgerechnet in schlimmen Interimszeiten aus dem Tal der Tränen geholt, so hat er er sich selbst aber auch ins Abseits manövriert. Zuletzt schien er auf Kamikaze-Kurs, mit Interviews, in denen er beinahe um Entlassung bettelte.

Gewiss hat er in Köln vieles mitgemacht: Das Gezerre ums "blaue Zelt", die Umplanung seines genialen "Oper unterwegs"-Konzepts, das Leiden an einem unterfinanzierten Haus und der überschaubaren Kulturliebe der rot-grünen Koalition. Die Sparzwänge der Stadt freilich ganz zu ignorieren, sich in der Bühnenleitung permanent quer zu legen und Politik und Stadtspitze harsch zu attackieren - all das hat den Griff zur Reißleine beinahe erzwungen.

Dennoch hat sich hier niemand mit Ruhm bekleckert. Weder der oft aus der SPD-Zentrale ferngelenkte Oberbürgermeister, noch der viel zu spät als Krisenmanager eingreifende Kulturdezernent. Wie viel die fristlose Entlassung letztlich kostet, muss sich ohnehin zeigen, zumal die Stadt Laufenbergs Nachfolger/in das Operndefizit wohl ausgleichen muss.

Köln muss nun, da mit Markus Stenz ein weiterer Garant für Spitzenklasse geht, dringend den Wert der Kultur für die Stadt neu taxieren. Denn auch wenn die Fälle von Karin Beier über Andreas Blühm, Uwe Eric Laufenberg und Stenz sehr unterschiedlich liegen - der Aderlass ist beträchtlich.

Der Hauptausschuss stritt weit über eine Stunde lang, doch dann trat Kulturdezernent Georg Quander vor die Medien. Die Stadt habe sich trotz aller "tiefen Verwerfungen" zwischen dem Opernintendanten und der übrigen Bühnenleitung sowie dem Rat "bis zuletzt um eine einvernehmliche und für alle Seiten tragfähige Lösung bemüht".

Doch auch Laufenbergs Offener Brief an den Oberbürgermeister verrate "mit seiner halbherzigen Entschuldigung" keine Kompromissbereitschaft. "Ich bedauere es daher außerordentlich, dass sich die Stadt Köln genötigt sieht, als Ultima Ratio den Anstellungsvertrag des Opernintendanten aus wichtigem Grund und außerordentlich zu kündigen und Herrn Laufenberg damit fristlos zu entlassen." Das Kündigungsschreiben sollte noch am Abend zugestellt werden.

CDU zweifelt an Rechtmäßigkeit

SPD, Grüne und der Oberbürgermeister stimmten im Hauptausschuss dieser Maßnahme zu, die CDU beteiligte sich aus Protest nicht. Kultursprecher Ralph Elster: "Die Einladung ging nicht formal richtig an die Mitglieder, sondern an die Geschäftsstellen, außerdem kam sie zu spät. Wir legen daher Fristeneinrede und Beschwerde bei der Kommunalaufsicht ein." Werde der stattgegeben, sei der Beschluss nichtig. Ein Änderungsantrag der FDP, Verhandlungen über eine Abfindung zu führen, kam nicht zum Zuge.

Der städtische Anwalt Theo Kade erklärte: "Wir gehen davon aus, dass die Voraussetzung für eine fristlose Kündigung gegeben ist", und verwies auf das letzte Zeitungsinterview Laufenbergs. Dessen Anwalt Christian Braun erklärte, man werde "die fristlose Kündigung einer arbeitsgerichtlichen und bühnenschiedsgerichtlichen Klärung zuführen."

Quander erklärte, er teile die Trauer der Opernbelegschaft, "weil Herr Laufenberg inhaltlich hervorragende Arbeit geleistet hat und ich mir gewünscht hätte, dass er die fortsetzt - in dem Rahmen, den die Stadt momentan nur bieten kann". Die Nachfolgefrage stehe momentan "nicht im Fokus", Birgit Meyer sei als stellvertretende Intendantin "kommissarisch zuständig", und dies gelte zumindest bis zum Ende der nächsten Spielzeit. Was geschieht mit den drei Laufenberg-Premieren der nächsten Saison? Quander kann dies "noch nicht exakt beantworten", glaubt aber nicht, "dass der Spielplan in wesentlichen Teilen nicht durchgeführt werden kann". Das sieht Franz-Josef Knieps (Theatergemeinde Köln) weniger optimistisch.

Laut Kade sehe Laufenbergs Vertrag zunächst eine Schlichtung vor, "wird keine Einigung erzielt, folgt das Schiedsgerichtsverfahren, in dem der Präsident des Deutschen Bühnenvereins den Obmann bestimmt wird". Als Ergebnis sei etwa die einvernehmliche Vertragsauflösung denkbar, aber kaum eine Wiedereinstellung Laufenbergs.

Politisch ist der gestrige Vorgang hoch umstritten. Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Ralf Heinen sieht es als "bedauerlichen, aber notwendigen Schritt", "Oberbürgermeister und Rat haben Laufenberg in den letzten Monaten viele Brücken gebaut, er hat sie nicht genutzt". Kultursprecherin Eva Bürgermeister rühmt das Programm des Opernchefs, doch habe er "ohne Rücksicht auf die Haushaltslage agiert".

Grünen-Kultursprecherin Brigitta von Bülow sagte, man habe "bis zuletzt darauf hingewirkt, eine einvernehmliche Lösung zu erreichen". Bei aller Leidenschaft und Kreativität, mit der er Kölns Oper "nach vorn gebracht hat", sei auch ein "intaktes Vertrauensverhältnis mit Verwaltung und Rat" nötig. CDU-Fraktionschef Winrich Granitzka attestiert der rot-grünen Koalition eine "miserable Finanz-, Personal- und Kulturpolitik", die "einen personellen Kahlschlag" verursacht habe. Auch die CDU sieht bei Laufenberg "unangemessene Äußerungen", wertet den Weggang aber als "immensen Verlust" oder sogar "kulturpolitische Katastrophe" (Elster). FDP-Kultursprecher Ulrich Wackerhagen stimmt dem ausdrücklich zu und meint, "dass die fristlose Kündigung auf tönernen Füßen steht".

Pikantes Detail am Rande: Laufenberg musste die Pressekonferenz auf städtische Anweisung verlassen, seine Frau Eva-Maria Götz war als Journalistin im Saal und fragte Quander nach seiner Schuld an der Entwicklung. "Mitschuld sehe ich bei mir nicht, aber ich hätte vielleicht schneller reagieren sollen."