Leben verändertJan Tiffe hat bei „The Biggest Loser“ 100 Kilo verloren

Jan Tiffe vor der großen Diät
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Jan Tiffe ist groß. 1,90 Meter und dabei auch nicht schmal. Eine echte Kante - durchtrainiert und stark. Dick? Auf keinen Fall. Dass sein Körper jetzt so aussieht, wie er aussieht, verdankt Jan einer enormen Willensleistung - und einer Fernsehshow. Im Herbst 2015 bewarb er sich bei "The Biggest Loser", der Sat-1-Sendung, in der deutlich übergewichtige Kandidaten fit und schlank gemacht werden.
"Beworben habe ich mich, als bei mir gar nichts mehr ging", erinnert sich Jan an die bisher wohl dunkelste Phase in seinem Leben. Der heute 32-Jährige musste sein Sozialarbeit-Studium an den Nagel hängen, da er sich deshalb mit seinem Vater überworfen hatte. Er lebte von Hartz IV, machte die Nächte durch. "The Biggest Loser kannte ich natürlich aus dem Fernsehen. Hatte ich auf dem Bett liegend und Chips futternd ja schon öfter gesehen." In der schlimmsten von vielen schlaflosen Nächten bewarb er sich für alles Mögliche, unter anderem auch als Kandidat für die Abnehm-Show. Dass es klappen würde, davon ging er zunächst nicht aus.

Jan Tiffe nach seinem enormen Gewichtsverlust
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Als dann der Anruf kam, er sei ein Kandidat für die nächste Staffel, musste alles ganz schnell gehen: Bei seinem Arzt bekam er einen Sondertermin für den Gesundheits-Check. Alle Biggest-Loser-Kandidaten müssen nicht nur übergewichtig, sondern auch fit genug sein. Bei Jan war das der Fall: "Der Arzt wunderte sich fast mehr als ich über meine guten Blutwerte", erinnert sich Jan.
Wohlbehütet in Brühl aufgewachsen
Jan Tiffe wuchs in Brühl-Kierberg auf. Ein wohlbehütetes Einzelkind, sagt er. "Meine Eltern, die selbst stark übergewichtig waren und sind, meinten es immer gut mit mir - auch bei den abendlichen Chips-Portionen." Später war es für den Heranwachsenden das Größte, sich gemeinsam mit seinen Schulfreunden Chips im Supermarkt zu besorgen. "Ich bin ein Chipsaholic", sagt Jan über sich selbst. So rutschte er langsam, aber sicher auf die dicke Bahn. "Ab der sechsten Klasse war ich schon deutlich übergewichtig." Ein Problem mit Hänseleien hatte er allerdings nicht. Er konnte sich schon immer gut verteidigen, nahm seinen Mitschülern oft den Wind aus den Segeln, indem er ihnen mit selbstironischen Kommentaren zu seiner Figur zuvorkam. auf den Mund gefallen war er nie. Auch gegenüber seinen Lehrern nicht. Das bedauert er heute. Unterordnen sei nicht so sein Ding gewesen. Nach zwei Ehrenrunden verließ er das Gymnasium nach der zehnten Klasse. Doch mit einem schlechten Hauptschulabschluss gab sich Jan doch nicht zufrieden, disziplinierte sich und machte sein Fach-Abi.
Sport war lange kein Thema
Sport kam in seinem Leben lange Zeit nicht vor. Weil er schon als Kind gerne tanzte, schickten ihn die Eltern in Tanzschulen. "Mit zehn Jahren habe ich wieder aufgehört, weil ich mich schon da für eine echte Leistungskarriere hätte entscheiden müssen. Das hätte auch geheißen, ständig teure Bühnen-Outfits zu kaufen." Damals war das ein Hindernis. Ironie des Schicksals: Heute arbeitet Jan als Dragqueen. Als schwuler Mann ist er schon seit Jahren im einschlägigen Kölner Nachtleben unterwegs. Auf die Idee kam er, als in seiner "Versumpfungsphase", wie er sie nennt, eine amerikanische Sendung entdeckte. "Das war wie Topmodels nur mit Dragqueens. Hier denkt jeder nur an Olivia Jones, aber es gibt noch ganz andere Typen", schwärmt Jan, der mit Olivia Jones allerdings die ziemlich imposante Körpergröße teilt. "Als dicke Ripley Myers war ich echt eine Erscheinung", sagt Jan. Eine echte Erscheinung und 170 Kilo schwer - so kam Jan Tiffe schließlich im Biggest-Loser-Camp an. Dachte er zumindest. "Als die Waage dann 200 Kilo zeigte, bin ich echt in Tränen ausgebrochen."
Doch die Trainingseinheiten im Camp, begleitet von Trainern und Ernährungscoaches, taten ihm gut. Sein Ehrgeiz war geweckt. "Ich bin eben doch ein Wettkampf-Typ", sagt Jan, der sich merklich noch immer ein klein wenig ärgert, dass er damals nicht gewonnen hat. Denn so viel abgenommen wie er hat vor ihm keiner. 103 statt 200 Kilo wog er unmittelbar nach der Sendung. Inzwischen hat er sich bei etwa 115 Kilo eingependelt. Seine Kleidergröße hat sich von 8 XL auf XL reduziert. Wenn er rausgeht, wird er nicht mehr angestarrt. "Nach dem Camp hat mir sogar ein Schulkind einen guten Tag gewünscht. Das ist früher nie vorgekommen.
Kinder hatten immer eher Angst vor mir", freut sich Jan. Dass er nicht mehr so viel Volumen einnimmt, hat Jan noch immer nicht komplett verinnerlicht. "Ich wundere mich immer noch, wenn sich Leute in der Bahn auf einmal neben mich setzen. Das war früher anders. Beziehungsweise da war einfach kein Platz."
Dass das Gewicht da bleibt, wo es ist - dafür sorgt keine strenge Diät, sondern Disziplin. "Ich esse immer noch Chips. Aber dann mache ich am Tag drauf halt eine Extra-Schicht im Fitness-Studio." Am liebsten sind ihm Kurse: Zumba oder was mit Kampfsportelementen. Die Geräte für das Muskeltraining mag er weniger, aber auch die benutzt er regelmäßig. Fünfmal in der Woche absolviert er seine Einheiten. Und auf dem Teller findet sich heute mehr Gemüse als Kohlenhydrate wieder. "Ich bin auch dank meiner ostpreußischen Großmutter ein absoluter Kohlfan. Wenn ich viel essen will, dann eben einen Haufen Rosenkohl. Darin stecken außerdem wahnsinnig viele Vitamine."
Zurzeit überlegt Jan noch, ob er sich die nach dem radikalen Abnehmen überschüssige Haut am Bauch entfernen lassen soll. Die Optik. "Ich habe Bauchmuskeln, kann sie aber nicht sehen." Parallel zu seinen Auftritten als Dragqueen Ripley Myers im "Exile" auf der Schaafenstraße in Köln will er aus dem Sport ein zweites Standbein machen. Bei dem schwedischen Lifestyle- und Fitnessunternehmen Itrim erwirbt er gerade die Trainerlizenz.