Musical in KölnWarum „Moulin Rouge“ im Musical Dome das Zeug zum Hit hat

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Moulin Rouge Startbild

Das Bühnenbild des Musicals in Köln 

Köln – Es ist ein Detail, das auf den Punkt bringt, wie sehr bei „Moulin Rouge“ geklotzt wird: Beim Schlussapplaus verbeugt sich Sophie Berner als Satine in einem Kleid, das sie in diesem Moment zum ersten Mal trägt und das in Sachen „atemberaubend“ das gute Dutzend aufregender Outfits, die sie im Laufe der Show schon gezeigt hat, übertrumpfen. Und dies als Schlusspunkt eines Abends, an dem die Überwältigungsmaschine im Musical Dome non-stop befeuert wird.

Das Bühnenbild orientiert sich am berühmten Variete in Paris

Das beginnt im neu gestalteten Foyer, setzt sich fort im opulent dekorierten Saal, in dem Weihnachten und 1001 Nacht sich zu einer schwülen Allianz vereinen. In dieser Atmosphäre erzählt „Moulin Rouge“ - wie schon zuvor der Film von Baz Luhrman – eine tragische Liebesgeschichte: Der junge Songschreiber Christian (mit unbändigem Welpencharme: Riccardo Greco) sucht in Paris nach der großen Liebe, um schließlich in den Armen von Satine zu landen. Diese steht nicht nur als Showgirl und Kurtisane kurz vor dem Ende ihrer beruflichen Karriere, sondern ist auch an Schwindsucht erkrankt – ein Todesurteil während der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert.

Moulin Roge Brill

Schwungvoll und ungehemmt (v.l.): Alvin Le-Bass, Riccard Greco und Vini Gomes mit dem großartigen Tänzerinnen. 

Und so muss sie sich zwischen ihren Gefühlen für den jungen Mann und der Sicherheit, die ihr der reiche Duke of Monroth (Gian Marco Schiaretti) bietet, entscheiden. Erschwert wird diese Prüfung durch die Tatsache, dass der Duke auch das Moulin Rouge finanzieren soll, das der Besitzer Harold Zidler (Gavin Turnbull) in den Bankrott steuert. Eine Show, mit Hilfe von Christians Freunden Toulouse-Lautrec (Alvin Le-Bass) und Santiago (Vini Gomes) auf die Bühne gebracht, soll die Rettung bringen...

Viele bekannte Popsongs kommen bei Moulin Rouge auf die Bühne

Die Geschichte erzählt „Moulin Rouge“ mit Hilfe bekannter Popsongs, darunter Klassiker von Elton John („Your song“), ,Labelle („Lady Marmalade“), den Stones („Sympathy for the devil“); Marilyn Monroes „Diamonds“ kommt genauso zum Einsatz wie Madonnas Hommage „Material girl“. Abgerundet wird das Ganze mit mehr oder minder neueren Nummern von Lady Gaga, Adele, Rihanna, Pink, Sia oder Beyoncé. Diese Lieder werden als Mash-ups präsentiert, einer Form von Musikcollage, in der die Originale so geschickt miteinander verwoben werden, das bisweilen etwas komplett Neues entsteht.

Moulin Rouge Bühnenbild

Die Ausstattung orientiert sich an dem berühmten Variete in Paris. 

Nun stehen Musicalmacher in Deutschland immer vor dem Dilemma, was tun, wenn die Texte die Geschichte erzählen, aber beileibe nicht jeder des Englischen mächtig ist. Die ABBA-Jungs entschieden kategorisch, dass ihre berühmten Lieder jeweils in der Landessprache interpretiert werden müssen. In der Vorstellung war das gruselig, im Resultat funktionierte es dann doch.

In Musical Dome wählt man jetzt einen Mittelweg und ließ die Nummern übersetzen – und diese Texte sind nicht schlecht, bewegen sich auf dem Niveau deutscher Musicals oder des gehobeneren Schlagers.

In nicht nachvollziehbarer Weise erklingt aber das eine Lied komplett auf Deutsch, bei anderen bleibt der Refrain auf Englisch – und bei vielen nun angesungenen Stücken verzichtet man komplett auf die Übersetzung. Aber etwa bei „Bad romance“ bräuchte man den deutschen Text nicht, denn so wie Vini Gomes und Anaka Thrin Naderer den Gaga-Hit präsentieren, ist klar, dass zwischen ihren Figuren fast mehr Schmerz als Herz im Spiel ist.

Völlig absurd wird es, wenn diese deutschen Übersetzungen von Nicht-Muttersprachlern über die Rampe gebracht werden und die Verständlichkeit nicht nur an der Lautstärke der Musik, sondern auch am Akzent des einen oder der anderen scheitert. Aber da wird man sich in guter alter Theatertradition gedacht haben: Das vertanzt sich.

Auf einen Blick

Das Stück: Eine durch und durch unglückliche Liebesgeschichte – witzig erzählt.

Die Inszenierung: Mitreißend, auf den Punkt, allerbeste Unterhaltung.

Das Ensemble: Eine professionelle Truppe, die sich um den Star der Show, Sophie Berner, schart. (HLL)

Das tut es auch – und wie! Die Choreographien der Ensemblenummern sind schlicht und ergreifend mitreißend, mal ganz davon abgesehen, dass sie exzellent getanzt sind. Hier weiß jeder auf der Bühne, was er zu tun hat, selbst, wenn er oder sie gerade nicht im Scheinwerferlicht steht. Unterm Strich steht das Kölner Ensemble dem im Londoner Westend in nichts nach.

Inmitten dieses fabelhaften Vergnügens strahlt jedoch ein Stern heller als alle anderen: Sophie Berner, die alle anderen (fast) in den Schatten stellt – und eine ganze Reihe an die Wand singt.

Als Satine vereint sie Verführung mit Bodenständigkeit, verleiht der Figur eine Glaubwürdigkeit, die sie herzustellen vermag, obwohl ihr das Buch dazu nur wenig Grundlagen gibt. Dazu singt sie mit einer Stimme, die unter die Haut geht und in der Lage ist, die Brücke zwischen Musical und Pop zu schlagen. Sie verliert nur dann Wärme und Timbre, wenn sie in Harmonie mit Riccardo Grecos leicht scharfem Musical-Tenor erklingt.

Es gibt viele gute Gründe, warum man sich „Moulin Rouge“ unbedingt ansehen muss. Sophie Berner ist der beste Grund.

Knapp drei Stunden (inkl. Pause). Gespielt wird von Di bis So, Tickets ab 49,90 Euro.

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