Lautstark gefeiert wurden die Akteure auf der Bühne im Kölner Gloria.
Copyright: Belibasakis
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Köln – Eigentlich machen sie nicht viel anderes, als im schicken Fummel auf der Bühne zu stehen und zu mehr oder minder wummernden Songs die Lippen zu bewegen. Aber dafür wurden die Stars aus „RuPaul’s Drag Race“ im Gloria mit einer Vehemenz und in einer Lautstärke gefeiert, wie man sie sonst vielleicht aus der Arena oder dem Stadion kennt.
Gutes Aussehen reicht nicht
„Drag Race“ läuft seit zehn Jahren im US-Fernsehen und hat dank der Streamingdienste Netflix und OutTV auch in Deutschland viele Fans. In der Show lässt RuPaul „Drag-Queens“ (die moderne Form des Travestiestars) gegeneinander antreten. Gastjuroren wie Lady Gaga oder Demi Levato bewerten und tragen so dazu bei, dass diese Kunstform im Mainstream angekommen – und RuPaul sehr, sehr reich geworden ist. Von schummrig-schmuddeligem Tingeltangel ist das viele Lichtjahre entfernt.
Anders als bei Heidi Klum müssen aber die „Mädels“ nicht nur hübsch aussehen, sondern auch ihren Look, ihre Optik und vor allem ihre Outfits selber kreieren. Kreativität ist neben Durchsetzungsvermögen und Schlagfertigkeit unabdingbar. Und Professionalität – die Mehrzahl der Teilnehmer hat im Gegensatz zu den meisten anderen Castingshows schon jede Menge Erfahrung mit Auftritten als Mann in Frauenkleidern.
Und wie etwa bei „The Voice“ gehen die Teilnehmer anschließend auf Tour. Die Bühnenshow selbst ist eigentlich schlicht: Die Ladies mit so klingenden Namen wie Kennedy Davenport, Kim Chi, Latrice Royale, Valentina, Violet Chachki oder Sharon Needles treten nacheinander auf, performen rund zehn Minuten, oft flankiert von Tänzern.
Es glitzert, es flattert, Fransen schwirren durch die Luft. Mal in majestätischer Pose, mal derb-komisch, mal wie ein Wirbelwind: Ms. Davenport bekommt locker das Knie am gestreckten Bein bis an die Nase! Mal zu Pop, mal Soul, mal Rap, einmal sogar (fast) Rock – Hauptsache schön laut.
Aber nie geht es darum, berühmte Stars zu imitieren. Die Musik dient nur als Untergrund, auf dem die eigene Bühnenfigur aufgebaut wird. Auch wenn am Ende der Show Shangela zu einem Medley von Beyoncé über die Bühne tobt, dann mit der Haltung, dass es für Letztere praktisch eine Ehre ist, dass ihre Lieder verwendet werden.
Natürlich waren Selbstbewusstsein und Selbstironie schon Stilmittel, mit denen Mary und Gordy einst Mehrzweckhallen füllten. Aber die Art und Weise, wie die Fans im brechendvollen Gloria jeden, aber auch wirklich jeden noch so vertrackten Insider-Gag von Moderatorin Lady Bunny, für den man die Sendung wirklich gut kennen muss, bejohlen und bejubeln, ist faszinierend.
Nachwuchs gesichert
Normalerweise winden sich Zuschauer, wenn sie auf die Bühne geholt werden sollen. Hier bitten und betteln potenzielle Publikumskandidaten förmlich darum, bei „Wig in a box“ (Perücke in einer Schachtel) mitspielen zu dürfen. Und die vier Auserwählten sind noch mal eine Schau für sich – von der etwas schüchternen, aber absolut textsicheren jungen Frau über die Konkurrentin mit Modelmaßen, die die Bühne nutzte, um ihrem Ex ein „F... you“ mit auf den Weg zu geben (da machen die ganzen Handy-Filmchen mal Sinn!) bis hin zu Avidan. Der 14-Jährige ist mit seinen Schwestern gekommen und legt eine so gekonnte Show auf die Bühne, dass man vermutet: Der Nachwuchs ist gesichert!