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Weder Hysterie noch Leugnungphil.Cologne sucht neue Wege in der Corona-Debatte

Lesezeit 3 Minuten
Streeck

Bei der Phil.Cologne eingeplant: Der Virologe Hendrik Streeck

  1. Vom 13. bis zum 17. September findet das Philosophiefestival zum achten Mal in Köln statt.
  2. In diesem Jahr dreht sich alles um die Pandemie und wie man als Gesellschaft damit umgehen kann.
  3. Aber auch die Welt nach und außerhalb von Corona soll eine Rolle spielen.

Köln – „Das ist kein Corona-Festival“, stellt Programmchef Tobias Bock fest. Und doch drückt die Pandemie der achten phil.cologne (13. - 17.9.) inhaltlich wie organisatorisch (siehe „Regularien“) ihren Stempel auf. Wobei Bocks Kollege Jürgen Wiebicke sagt: „Wir suchen einen dritten Weg zwischen Angst und Ignoranz, Hysterie und Leugnung.“

Das beginnt markant mit der ersten von 16 Veranstaltungen: Zum Thema „Virus und Gesellschaft“ treffen sich der Bonner Philosoph Markus Gabriel, der die heutige Wissenschaft unter Ideologieverdacht stellt, und der Virologe Hendrik Streeck, der durch seine Heinsberg-Studie bekannt wurde (13.9., Balloni-Hallen, 19 Uhr).

Gabriel

Zu Gast in Köln: Professor Dr. Markus Gabriel

Gefährdung der Demokratie

Der ehemalige Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin hat sich früh Gedanken über die Gefährdung der Demokratie durch allzu repressive Pandemie-Maßnahmen der Politik gemacht und fragt sich, ob Bund und Länder womöglich übers Ziel hinausgeschossen sind (17.9., Balloni-Hallen, 18 Uhr).

Blick in die Welt nach Corona

Zukunftsforscher Matthias Horx blickt unterdessen schon in die Welt nach Corona (15.9., Comedia, 21 Uhr), während der Berliner Philosoph Georg W. Bertram am gleichen Ort erklärt „Warum Improvisation das Leben ausmacht“ (14.9., 20 Uhr). Dabei wendet er den vor allem aus dem Jazz bekannten Begriff auch auf andere Bereiche inklusive der Medizin an und meint: „Man kann nicht nicht-improvisieren.“

Schon diese Veranstaltungen dienen dem von Wiebicke formulierten Ziel, „ein aktuelles Paradox aufzulösen: Es gibt einen unglaublichen Bedarf an Debatte, für die aber im Moment die öffentlichen Räume fehlen“. Den ungewöhnlichste n dieser Räume findet er selbst am Rhein, wo man am Schokoladenmuseum „Das philosophische Riesenrad“ in Rotation versetzt. Rund 160 Neugierige werden in ihren Gondeln per Kopfhörer Zeuge, wenn Wiebicke mit Stadtbilderklärer Martin Stankowski Köln luftig unter die Lupe nimmt (14.9., 18 Uhr).

Mit Peter Sloterdijk gibt auch einer der prominentesten Denker des Landes dem Festival wieder die Ehre. Sein neues Buch „Den Himmel zum Sprechen bringen: Elemente der Theopoesie“ erscheint zwar erst Ende Oktober, doch das Publikum in der Comedia bekommt schon erste Kostproben serviert (15.9., 18 Uhr).

Debatte um Sprache und ihren Einfluss

Eine spannende Debatte verspricht auch der Abend „Kann Sprache die Welt verändern?“ Die Sprachwissenschaftlerin Elisabeth Wehling, die mit ihrem Selbstdarstellungs-Gutachten für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk Schlagzeilen machte, wird sich mit Bernd Stegemann darüber unterhalten, wie verbales „Framing“ Wirklichkeiten schaffen kann (14.9., Comedia, 19 Uhr).

Regularien

Rieke Brendel erläutert als Produktionschefin die Corona-Regularien des Festivals. So gibt es selbst in größeren Sälen nie mehr als 300 Zuschauer/innen. Die Sitzplätze sind schachbrettartig aufgeteilt, wobei die jeweils angrenzenden Felder frei bleiben. Über personalisierte Tickets wird die Rückverfolgbarkeit der Teilnehmer gesichert. Es gelten vom kontaktlosen Einlass bis zum Einnehmen des Platzes die Abstandsregeln sowie die Maskenpflicht. Die Maske kann dann abgenommen werden. Außerdem ist für dauerhafte Belüftung gesorgt. Es wird darauf hingewiesen, dass Veranstaltungen bei erhöhten Infektionszahlen womöglich abgesagt werden müssen. (EB)

Daneben würdigt Biograf Klaus Vieweg den großen Philosophen Georg Wilhem Hegel zu dessen 250. Geburtstag, während es weitere Veranstaltungen zum Thema „Geschichte und Gegenwart des Kolonialismus“ oder über Selfies sowie Yin & Yang gibt. Der Autor Bernhard Schlink diskutiert mit der Philosophin Susanne Schmetkamp über Empathie („Kann ich wissen, was du fühlst?“, 17.9., Comedia, 19 Uhr), während Lisz Hirn und Dieter Thomä den Corona-Zirkel schließen. Ihr Thema: „Lichtgestalten & Vorbilder - Mit Superhelden durch die Krise?“(17.9., Comedia, 21 Uhr).

Den „Rausschmeißer“ macht mit Wolfram Eilenberger ein Mitglied des Programmteams. „Feuer der Freiheit: Die Rettung der Philosophie in finsteren Zeiten (1933-1945)“ heißt sein neues Buch über die Denkerinnen Hannah Arendt, Simone de Beauvoir, Ayn Rand und Simone Weil (17.9., Balloni-Hallen, 21 Uhr).

Einzig er Wermutstropfen: Das traditionelle Jugend-Festival „Klasse denken“ fällt wegen Covid-19 aus.Alle Infos über www.philcologne.de Karten über KölnTicket (0221) 2801.