Pop-Diva Diana Ross wird 80Putzmunter auch im gesetzten Alter

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Diana Ross, Sängerin aus den USA, singt während ihres Auftritts auf der Pyramid Stage beim Glastonbury Festival auf der Worthy Farm in Somerset. +++ dpa-Bildfunk +++

Diana Ross, Sängerin aus den USA, singt während ihres Auftritts auf der Pyramid Stage beim Glastonbury Festival auf der Worthy Farm in Somerset. +++ dpa-Bildfunk +++

Seit mehr als 60 Jahren ist Diana Ross erfolgreich im Geschäft: Eine Würdigung zu ihrem 80. Geburtstag am 26. März.

Als Diana Ross im letzten Jahr unter anderem in Antwerpen auftrat, musste man sich während des Konzerts mehrfach gepflegt die Augen reiben: Steht da wirklich eine Frau auf der Bühne, die jetzt am 26. März 80 Jahre alt wird.

Denn: „Alt“ ist wahrhaftig das allerletzte Wort, das einem bei dieser putzmunteren Performerin einfällt. 90 Minuten lang arbeitete sich die fünffache Mutter und siebenfache Großmutter mit einer ungebändigten Freude durch ihre größten Hits. Und davon sind ihrer mehr als 60-jährigen Karriere eine ganze Menge zusammengekommen.

Wie so viele Solostars vor ihr begann auch Diana Ross als Mitglied einer Band, in ihrem Fall The Supremes. Nach einer Reihe von weniger erfolgreichen Singles kam für sie, Florence Ballard und Mary Wilson mit „When the lovelight starts shining throug his eyes“ nicht nur der Durchbruch.

„Lovelight“ war auch der erste Song aus der Feder des Teams Holland-Dozier-Holland, mit vielen weiteren von deren Lieder landete die Girlgroup in der Folge oben in den Charts: Zehn der zwölf US-Nummer-eins-Hits der Supremes schrieben Lamont Dozier, Brian und Eddie Holland.

Erst im Trio, dann ein Solo-Star

Aus den Hits wurden Evergreens: „Stop (In The Name of Love)“, „Where did our love go?“, „Baby love“, „You keep me hangin' on“ – Leichte, beschwingte Nummern, deren Rhythmen und Refrains sich gnadenlos ins Ohr bohren – weil sie aus einer Songschmiede stammen, die zwar schnell, aber nie oberflächlich produzierte. Aber wie das so geht in Bands:

Irgendwann hapert's mit der Chemie, was in diesem Fall davon befeuert wurde, dass der Boss ihrer Plattenfirma Motown, Barry Gordy, nicht nur die Geschicke der Band lenkte, sondern auch mit Diana Ross liiert war.

Zunächst machte er sie zur Solosängerin (zulasten von Florence Ballard), später wurde die Gruppe in Diana Ross & The Supremes umgetauft. Ende der 60er Jahre kam es zu Umbesetzungen, 1970 das Aus. Im selben Jahr startete Diana Ross ihre Solokarriere, die sie in ungeahnte Höhen führte.

Neben der Musik probierte sie es auch mit der Schauspielerei und brillierte als Billie Holiday in „Lady Sings The Blues“, gewann dafür unter anderem einen Golden Globe und war für einen Oscar nominiert. Und auf dem dazugehörigen Soundtrack konnte sie zeigen, dass sie auch die Lieder, die Billie Holiday einst berühmt gemacht hatte, zu interpretieren verstand.

Und das war vielleicht die größte Überraschung an diesem Projekt. Denn Diana Ross' Stimme hat durchaus ihre Grenzen. Sie ist keine Soulröhre wie ihre Altersgenossinnen Aretha Franklin, Tina Turner oder Patti Labelle, und verfügte auch nie über den Umfang einer Barbra Streisand zu deren Glanzzeiten.

Aber ihren poppigen Sopran kann sie immer noch gekonnt einsetzen, wie sie zuletzt live demonstrierte. Geschickterweise verzichtete sie bei ihren Auftritten auf die ganz großen Balladen. Aber was soll's, die Tanzflächenfüller zünden noch immer.

Einige wie „Upside down“ oder „I'm coming out“ finden sich auf ihrem bis heute meist verkauften Album, das 1979 erschien und den schlichten Titel „Diana“ trug. Erst später kam heraus, dass die Diva mit dem Resultat ihrer Produzenten Nile Rodgers und Bernhard Edwards von Chic unglücklich war und die Platte zusammen mit einem Motown-Toningenieur neu abmischte und dabei vor allem dafür sorgte, dass ihr Gesang im Vordergrund zu hören war.

Dass sich die Platte millionenfach verkaufte, gab ihr nicht nur Recht, sondern zeugt auch davon, dass sie mehr ist als nur eine, die brav im Studio anderer Leute Lieder einsingt.

Doch auf dem musikalischen und kommerziellen Höhepunkt ihrer Karriere traf sie eine aus heutiger Sicht problematische Entscheidung: Sie verließ Motown. Die neue Plattenfirma RCA bot ihr neben 20 Millionen Dollar auch die künstlerische Kontrolle über ihre Alben.

Aber wie so viele, die in den 70er Jahren oben in den Charts standen, versuchte auch sie mit der Zeit Schritt zu halten, probiert dies oder das aus. Allein, so recht erfolgreich war das alles nicht.

Dennoch gab es eine Reihe von Knallern: das Disco-Epos „Swept away“, die Neuaufnahme des Klassikers „Why do fools fall in love“ oder auch „Muscles“ und „Eaten alive“, beide von ihrem Freund Michael Jackson verfasst.

Aber zu diesem Zeitpunkt hatte Diana Ross einen derartigen Starstatus, bei dem es auf Platten- oder CD-Verkäufe nur noch bedingt ankommt. Und so hörte man sich 2021 ihr Album „Thank You“, dem ersten mit neuem Material seit 15 Jahren, wohlwollend und durchaus mit Freude an, aber greift dann doch, wenn man mal wieder etwas von ihr auflegen möchte, auf ein anderes ihrer 26 Studioalben.Da ist die Wahl aber nicht leicht. Hier drei Vorschläge:

1. „Diana“ (1979): Die acht Songs sind wie aus einem Guss, es gibt praktisch keine Ausfälle, dafür aber Hits wie „Upside down“, „My old piano“ oder „I'm coming out“ im seinerzeit typischen Chic-Sound.

2. „Diana Ross“ (1970): Fast alle Lieder stammen vom Songschreiber-Ehepaar Nickolas Ashford und Valerie Simpson, die später als Ashford & Simpson selber Hits wie „Solid“ hatte. Eine gelungene Mischung aus Balladen und Pop. Absolutes Highlight ist die sechsminütige Breitwand-Version von „Ain't no mountain high enough“, die genauso bis heute im Ross'schen Live-Repertoire ist wie das endlos kitschige „Reach out and touch (Somebody's hand)“.

3. „To Love Again“ (1981): Im Laufe der Jahre hat Diana Ross immer wieder Balladen von Michael Masser aufgenommen, bei denen einschmeichelnde Melodien auf große Gefühle treffen. Fünf davon, darunter „Touch me in the morning“ und „Theme from Mahogany“ wurden für diese Kompilation mit vier neuen Aufnahmen kombiniert – ein echter Hochgenuss. (HLL)

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