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Wahl-Kölner und MusikpionierKomponist Clarence Barlow mit 77 Jahren verstorben

4 min
Der Komponist Klarenz Barlow steht in seinem Arbeitszimmer in Köln-Nippes.

Komponist Klarenz Barlow 2006 in seinem Arbeitszimmer in Köln.

Barlow war ein Wanderer zwischen musikalischen Welten und ein einflussreicher Vertreter der Computermusik. Nun ist der Wahl-Kölner gestorben.

Er war einer der außergewöhnlichsten Komponisten, die je in Köln gewirkt haben. Ein Pionier auf dem Gebiet der computergenerierten Musik, der als Hochschullehrer Generationen von Studenten inspiriert hat. Am 29. Juni ist Clarence Barlow, wie jetzt bekannt wurde, im Alter von 77 Jahren in Barcelona gestorben. Er hinterlässt ein reiches musikalisches Erbe und eine große Lücke im Leben seiner Weggefährten.

1945 wurde Barlow in Kalkutta geboren. Sein Vater war englisch-portugiesischer Abstammung, seine Mutter hatte bengalisch-burmesische Wurzeln. Mit vier Jahren begann er Klavier zu spielen, bereits als Elfjähriger unternahm er erste Kompositionsversuche. 1968 kam er erstmals nach Köln, das für ihn bald zu einer neuen Heimat werden sollte. Barlow studierte bei den führenden Komponisten der Neuen Musik, zunächst bei Karlheinz Stockhausen, dann bei Bernd Alois Zimmermann.

Dozent für Computermusik an der Musikhochschule Köln

1971 begann er, Computer – damals noch riesige Apparate mit minimaler Rechenleistung – für musikalische Zwecke zu nutzen. Ab 1975 lebte er dauerhaft in Köln und entfaltete eine reiche Tätigkeit als Komponist, Dozent, Softwareentwickler und Veranstalter von Konzerten. Mehr als 20 Jahre lang, von 1984 bis 2005, lehrte Barlow Computermusik an der Musikhochschule Köln. Parallel war er als Professor für Komposition und Sonologie am Königlichen Konservatorium in Den Haag tätig. Sein Wissen vermittelte er ab 1982 auch als Dozent bei den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik in Darmstadt.

2006 ereilte ihn der Ruf auf den Lehrstuhl für Komposition an der Universität von Kalifornien in Santa Barbara, wo er bis 2019 arbeitete. Danach übersiedelte er nach Barcelona und setzte seine Lehrtätigkeit als Gastprofessor an der katalanischen Musikhochschule fort. Wer Clarence Barlow, der sich auch Klarenz nannte, kannte, der schätzte ihn nicht nur für seine geniale Musik, sondern auch für seinen hintergründigen, subversiven Humor und seine feine Ironie.

Clarence Barlow war ein großer Liebhaber von Wortspielen

Und er liebte Wortspiele. Die mehr als drei Jahrzehnte in Köln hatten ihn nachhaltig geprägt, und er sprach mit Begeisterung Kölsch. Wenn ein Taxifahrer ihn zum Beispiel fragte, wo er herkomme, pflegte er zu sagen: „Isch komm us Utta. Dat es hinter Kalk. Kalk-Utta.“ In seiner Altbauwohnung in Nippes stapelten sich Berge von alten Computern und Datenträgern aus den Anfängen der elektronischen Datenverarbeitung, auf denen er seine frühen Werke programmiert und gespeichert hatte. Sein Archiv war randvoll mit Büchern, Zeitungen und zahllosen Fundstücken.

Dass Barlow mathematische Prinzipien und Rechner nutzte, um zu komponieren, bedeutete keineswegs, dass er sich nur rein digitalen Klängen verschrieben hätte. Seine Werke ließ er regelmäßig von Solisten, Ensembles und Orchestern aufführen, die Stücke verlangten den Musikern ein Höchstmaß an Virtuosität ab. In seinen Kompositionen erwies sich Barlow immer wieder als Wanderer zwischen den Welten, sie waren von der klassischen westlichen Musik ebenso geprägt wie von indischen Traditionen und anderen Einflüssen.

Zwischen 1959 und 2020 schuf er mehr als 100 Werke, wie zum Beispiel das Klavierkonzert Nr. 2 „Aux fins des quelques siècles“ für Klavier, Quadrophonie und Orchester oder „Farting Quietly in Church“ – ein Stück für Bariton, selbstspielendes Klavier und Computer, das von japanischen Haiku-Gedichten inspiriert war. Seine Kompositionen wurden in zahlreichen Städten in Europa, den USA und Japan aufgeführt, sein Œuvre umfasst auch Bücher, Filme und Musiksoftware.

Der Pionier der Computer-Komposition gründete 1986 die „Initiative Musik und Informatik Köln e.V.“ (GIMIK), die sich der Entwicklung algorithmischer Kompositionsmethoden verschrieben hat und bis heute in Köln international besetzte Veranstaltungen durchführt, darunter das Festival „Computing Music“, das 2021 bereits zum zwölften Mal stattfand.

GIMIK-Vorstandsmitglied Bernd Härpfer betont: „Mit Klarenz Barlow verlieren wir einen einzigartigen Künstler, einen genialen Forscher und Lehrer und vor allem einen lieben Freund. Wir werden ihn sehr vermissen.“


Der Stipendiat

Wie viele bekannte Musikerinnen und Musiker wurde auch Klarenz Barlow mit dem Bernd-Alois-Zimmermann-Stipendium der Stadt Köln ausgezeichnet. Es war 1978 eingerichtet worden, Klarenz Barlow 1981 der vierte Preisträger. Auf seiner Homepage kann man sich einige seiner Stücke anhören. (EB)