Zu Gast in KölnBen Howards liefert im Palladium ein anspruchsvolles Konzert

Ben Howards bei seinem Konzert in Köln
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Köln – Wer zu Ben Howards Konzerten geht, muss zuhören können. Das war früher anders: Howards Flow hatte stets etwas Tanzbares. Seinen großen Durchbruch erreichte er mit „Keep Your Head Up“ vom 2011 erschienen Debütalbum „Every Kingdom“. Nicht ein Stück daraus schaffte es auf die Setliste für das Konzert im ausverkauften Kölner Palladium. Bloß keine Verwechslung mit Ed Sheeran. Sein neues, drittes Album brauchte Zeit. Vier Jahre – er ging nach Nicaragua. Vielleicht sollte er doch Dichter werden. Er entschied sich für den Singer-Songwriter und brachte mit „Noonday Dream“ (mittägliche Träumerei) ein Album heraus, das neue Wege ging.
Das Neue ist: Es gibt kaum Melodien und tanzbare Rhythmen. Weite Echos, Synthesizer, Sphärisches. Die Gitarren werden mit Delay und Distortion verstärkt. Der erste Teil des Abends ist der vollständigen Vorführung seines neuen Tonträgers gewidmet. Er wird exakt in der vorgegebenen Reihenfolge gespielt. Nur „Wild World“ von Cat Stevens darf sich für kurze Zeit einschleichen. Acht Musiker, darunter drei Streicher, unterstützten ihn. India Bourne, seine Cellistin, war früher das strahlende Gesicht seiner Show. Sie steht fast versteckt im Hintergrund. Bloß keine Ablenkung, die Musik steht im Fokus. Er beginnt seinen Tagtraum. „Nica Libres At Dusk“, eine nicaraguanische Variante des Cuba Libre, ist ein gelungener Beginn. Bei „Towing The Line“ ist seine Stimme verzerrt. Zum Ende wird es spannend, wenn die Gitarren durch Effektgeräte verstärkt werden und man wieder in der Realität ankommt. Eine atmosphärisch stilvolle Lightshow führt ihn zum längsten Stück des Abends „A Boat To An Island On The Wall“. Er braucht lange, um seinen komplexen Song zu entwickeln. Er kulminiert in auffliegenden Violinen und Cello und kracht in psychodelische Gitarren. Der Traum bricht ab. Nicht alle Zuhörer können den Zustand zwischen Träumerei und Realität für sich nachvollziehen. Einige glaubten, Ben Howard würde alte Hits spielen. Diesen Wunsch will er nicht erfüllen.
Zum Abschluss des ersten Teils gibt es tosenden Beifall. Ben Howard kommt sichtlich gelöst zurück. Er findet das Palladium einen guten Veranstaltungsort (soweit man ihn richtig verstand). 20 Minuten spielt er Stücke aus seinem zweiten Album „I Forget Where We Were“. Nicht alles kann völlig überzeugen. Zwischen ambitioniertem Indie-Postrock und dem Fluss des ersten Albums könnte eine spannende Balance für die Zukunft entstehen.