Zum 80. GeburtstagNeil Diamond und seine Hymnen für die Ewigkeit

Lesezeit 3 Minuten
Neil Diamond

US-Sänger Neil Diamond bei einem Auftritt im Jahr 2011

Köln – Als ich irgendwann Mitte der 90er mit einer Freundin Musik für eine Modenschau zusammenstellte, schlug ich ein Stück von Neil Diamond vor. „Oh, he sounds so Jewish!“ platzte es aus der Amerikanerin mit italienisch-irischen Wurzeln heraus. Und ich als Deutscher zuckte instinktiv zusammen. Aber hier ging es nicht um Rassendünkel, sondern um eine regional-ethnische Zuordnung, um einen Klang in der Stimme, der sich hörbar unterscheidet von jemandem mit Südstaatenslang oder kalifornischer Bräsigkeit.

Für das geschulte US-amerikanische Ohr hört man also sehr gut, dass Neil Diamond im New Yorker Stadtteil Brooklyn zur Welt kam, in der selben Ecke der USA wie Barbra Streisand. Mit ihr sang er später zus ammen im Schulchor und noch viel später das Duett „You Don’t Bring Me Flowers“. Einem der vielen großen Hits, die er vor allem nicht nur sang, sondern auch selber komponierte: „I Am.. I Said“, „Shilo“, „Cracklin’ Rosie“, „Girl, You’ll Be A Woman Soon“, „Song Sung Blue“ oder „Soolaimón“ – mehrheitlich Balladen oder kleine Hymnen, immer getragen von seinem sanften Timbre und zartem Schmelz, mit einer leichten Tendenz zum Schmalz. Aber allesamt Lieder, die nicht nur ihren Weg in die Charts, sondern auch dauerhaft ins Ohr fanden.

Das könnte Sie auch interessieren:

Und das aus gutem Grund: Diamond war Anfang der 60er Jahre durch die harte Schule als Songschreiber für New Yorker Musikverlage gegangen, die ihre Heimat im berühmten Brill Building hatten. Da musste geliefert werden, und Diamonds Output wurde nach und nach besser. So gut, dass andere damit Hits landeten: die Monkees mit „I’m A Believer“, Lulu mit „The Boat That I Row“ oder sogar Deep Purple mit „Kentucky Woman“. Parallel dazu veröffentlichte er selber Platten, den Durchbruch hatte er 1969 mit „Sweet Caroline“ – in den 70er Jahren feierte er seine größten Erfolge, in Deutschland erreichten „Serenade“ 1974 und „Beautiful Noise“ 1975 den ersten Platz der Albumcharts.

An Parkinson erkrankt

Wie bei vielen Stars der 60er und 70er dümpelten auch Diamonds Plattenverkäufe in den 80ern und 90ern vor sich hin. Das neue Millennium läutete er mit den CDs „12 Songs“ und „Home Before Dark“ ein, produziert von Rick Rubin, der zuvor schon Johnny Cash musikalisch wieder auf Spur und einer neuen Hörerschaft nahe gebracht hatte.

2018 machte er seine Parkinson-Krankheit öffentlich, sagte Tourneen ab, versprach aber, weiter singen zu wollen. Und so nahm er im letzten Jahr seine größten Hits mit dem London Symphony Orchestra noch einmal auf. Es bleibt zu hoffen, dass diese überproduzierte Kitschattacke nicht sein Schwanengesang wird. Warum auch, am 24. Januar wird er ja erst 80 Jahre alt.

Rundschau abonnieren